Chiemgau-Trail-Run: Schlammschlacht zum Saisonabschluss

Chiemgau Trail Run 2020 © xc-run.de / Chiemgau Trail Run

Der Chiemgau-Trail-Run mit seinen vier verschiedenen Strecken von acht bis 60 Kilometer ist eigentlich als möglicher Start in die Trailsaison Mitte Mai geplant. Dieses Jahr ist alles anders und so entschieden die Verantwortlichen frühzeitig auf Mitte Oktober zu verschieben.

Veranstalter leisten Unvorstellbares

Was Veranstalter in Zeiten wie diesen leisten, um ein Event auf die Beine zu stellen ist eigentlich unvorstellbar: Tägliche Änderungen der Hygieneregeln, stündlich neue „Risikogebiete“ und daraus folgende Beschränkungen. Dazu Absagen der Teilnehmer und das allseits präsente Damoklesschwert neuerlicher Einschränkungen und ein daraus folgender Ausfall des Events. Nun spielte auch noch das Wetter verrückt: Dauerregen und Schneefall in höheren Lagen mit daraus resultierenden Streckenänderungen. Die Organisatoren meistern das bravourös und äußerst souverän. Per Newsletter wird man als Läufer auf Änderungen hingewiesen und in einer ausgesprochenen Freundlichkeit und Selbstverständlichkeit werden sogar persönliche Nachrichten beantwortet.

Bis zur Ankunft im Chiemgau hielt sich die Vorfreude auf das Wochenende in Grenzen: Eine stressige Woche mit größeren und kleineren Problemen, etwas schwere Beine vom letzten Wettkampf in Heidelberg und aus dem vorgesehenen „goldenen Herbstlauf“ sollte eine wahre Regenschlacht werden. Doch es gibt auch Lichtblicke: Den organisatorisch sehr aufwendigen 60k konnte ich auf 42k ummelden und kurz entschlossen begleitet mich Christian Mayer als willkommener Support. Anstatt wie ursprünglich geplant um 5:00 Uhr am Chiemsee wegzulaufen starten wir nun den Tag im Bayerwald mit dem Ziel um 9:00 Uhr über die Marathondistanz anzutreten. Beim Erreichen von Marquartstein hebt sich die Stimmung: Viele Freunde und Bekannte sind vor Ort und machen den geplanten Saisonabschluss zu einem regelrechten Klassentreffen. So viele gut gelaunte, freundliche Gesichter bei finsterstem Schmuddelwetter findet man wohl nur auf Trailveranstaltungen…

Schmuddelwetter statt „goldener Herbst“

Chiemgau Trail Run 2020: Zweiter Sieger über die Marathondistanz Markus Mingo © Chiemgau Trail Run

Die Favoriten an der Startlinie sind auch bald ausgemacht: Vorjahressieger und Streckenrekordhalter Sebastian Kraus, Adidas Athlet und Sieger des Innsbruck Alpine Trails, Marcel Höche und natürlich Flo Reichert, seit Jahren DER Maßstab im deutschen Trailrunning. Mit ihnen noch zahlreiche weitere Topathleten, die den Chiemgau-Trail-Run als willkommen Abschluss der Wettkampfsaison entgegenfiebern. So geht es flott hinaus, vorbei am Rathaus und der Realschule Marquartstein auf die flowigen, matschigen, dreckigen Trails in Richtung Stehtrumpf.

Je höher die Lage umso ambitionierter das Gelände und umso spärlicher auch der Smalltalk in der Spitzengruppe. Kurz vor der Hochplatte gibt es nicht den versprochenen 360 Grad Rundumblick, sondern grenzwertige Bedingungen: Schneesturm, verschlammte, sehr schwer zu laufende Trails, gefolgt von vereinzelten Stürzen. Auf einer besonders matschigen Querung nach dem ersten Gipfel erwischt es auch mich: Ich rutsche aus und schlittere 20 bis 30 Meter im Matsch nach unten. Es ist steil und ich fühle mich wie auf einer Skipiste. Fluchend ziehe ich mich an den Grasnaben festkrallend den Abhang nach oben. Das Vertrauen in das Schuhwerk und meine läuferischen Fähigkeiten leidet – so geht es etwas verhaltener in den bevorstehenden Downhill.

Zerstört aber hochzufrieden

Chiemgau Trail Run 2020 © Christian Mayer

An dritter Position laufe ich nach der ersten Runde durch den Zielbereich in Marquartstein um mich auf die zweite Streckenhälfte des Marathons zu begeben. Angekündigt werde ich als russischer Spitzenläufer – nach meiner Ummeldung auf die Marathondistanz hatte ich dessen Startnummer übernommen – was auch später im Ziel zu leichten Irritationen führen sollte :-).

Im folgenden Anstieg Richtung Hochgern kann ich zum Spanier Xuan Calderón aufschließen. Wir liefern uns die nächsten Kilometer ein Kopf-an-Kopf Rennen vorbei an der Jochbergalm zum Roßkopf. Erst beim finalen Anstieg zum Schnappenberg kann ich mich entscheidend absetzen und den letzten Downhill trotz einiger Stürze halbwegs sicher ins Ziel bringen. Zerstört aber glücklich und zufrieden mit meiner heutigen Leistung, finishe ich nach 43,9 Kilometern, 2315 Höhenmetern und 4:01:03 Stunden als Zweiter in Marquartstein. Zusätzlich zum hart erkämpften Podestplatz bekomme ich von gut gelaunten Helfern selbstgemachte Kartoffelsuppe und Chiemseer Helles. Besser kann eine Saison nicht zu Ende gehen…

Offizielle Pressemitteilung und Ergebnisse

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