Am vergangenen Sonntag wurde Valencia erneut Schauplatz außergewöhnlicher Laufleistungen, als sich die globale Marathon-Elite zum letzten Höhepunkt des Jahres beim Maratón Valencia versammelte. Unter ihnen: Samuel Fitwi, der nicht nur seine persönliche Bestzeit, sondern auch den deutschen Marathon-Rekord brach. Mit einer spektakulären Zeit von 2:04:56 unterbot er die bisherige Bestmarke von Amanal Petros um zwei Sekunden.
Interview – sechs Fragen an den neuen deutschen Rekordhalter Samuel Fitwi:
Was waren deine Ziele vor dem Rennen?
„Die Vorbereitung lief optimal, und mein Ziel war es, eine neue persönliche Bestzeit zu erreichen – eine 2:05er Zeit. Da mein Jahr schon sehr erfolgreich war, ging ich ohne Druck ins Rennen.“
Wie hast du dich nach den einzelnen Trainingseinheiten gefühlt?
„Mein gesteigerter Longrun fühlte sich kontrolliert an. Die letzten Kilometer waren anstrengend, aber zeigten mir, dass ich in starker Form war. Auch die Bahneinheiten gaben mir viel Selbstvertrauen für den Marathon.“
Wie lief die erste Rennhälfte?
„Die erste Hälfte verlief optimal, mit einem gleichmäßigen Tempo von 1:02:15. Ich fühlte mich gut, und auch die Getränkeaufnahme klappte reibungslos.“
Warum trainierst du in der Höhe, und welche Vorteile bietet dir das?
„Auf über 2300 Metern in Addis-Abeba finde ich perfekte Bedingungen vor, manchmal trainiere ich sogar auf über 3000 Metern. Die Höhenlage ermöglicht maximale Trainingsreize, und mit meiner leistungsstarken Trainingsgruppe und vielen Freunden fühle ich mich dort sehr wohl.“
Wie hast du die finalen 200 Meter und den Zielsprint erlebt?
„Ab 2:04:30 auf der großen COROS-Zieluhr wusste ich, dass es eng wird. Das hat mich angetrieben, alles auf den letzten 200 Metern zu geben.“
Wie fühlt es sich an, den deutschen Rekord zu halten?
„Ich bin unglaublich glücklich und stolz, diesen Rekord nach Deutschland geholt zu haben.“
Text: GESCHWISTER ZACK PR
Die Daten hinter Samuel Fitwi´s Weg zur Bestmarke
Nach einer Trainingspause nach den Olympischen Spielen in Paris begannen Samuel und sein Coach die Vorbereitung auf den finalen Marathon des Jahres 2024 mit einem klaren Ziel vor Augen: den deutschen Rekord zu unterbieten.
Schlüsseleinheit: Der progressive Lauf
Der „lange Lauf“ ist ein wichtiger Bestandteil vieler Marathon-Trainingspläne. Einige Wochen vor Valencia absolvierte Samuel einen progressiven 32-km-Lauf in 1:47 Stunden. Ziel war es, das Tempo während des Laufs allmählich zu steigern, um seinen Körper auf die letzten Kilometer des Marathons vorzubereiten. Das heißt nach einer Vorermüdung nähert man sich nach und nach dem Marathonrenntempo an. Er begann mit einer Pace von 3:27 Minuten pro Kilometer und steigerte sie bis zum Ende auf 2:54 Minuten pro Kilometer bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz von 166 Schlägen pro Minute.
Marathonspezifisches Training auf der Bahn
Viele Spitzenathlet:innen integrieren Tempoeinheiten in ihr Marathontraining, um ihre Schrittfrequenz und Effizienz zu verbessern. Eine Einheit aus 5 x 1 km und 5 x 400 m, die zweimal absolviert wurde, half Samuel, in einem Tempobereich zu trainieren, der seinem Marathon-Ziel von 2:58 Minuten pro Kilometer entspricht. Mit einem Durchschnittstempo von 2:56 Minuten pro Kilometer bei den 1-km-Intervallen und einer durchschnittlichen Herzfrequenz von ca. 167 Schlägen pro Minute zeigte sich, dass sich Samuels Fitness nur wenige Wochen vor dem geplanten Marathon weiter verbessert hatte.
Quelle: https://de.coros.com/stories/more-than-splits/c/samuel-fitwi-german-marathon-national-record
Erkenntnis
Auch ein Marathonrekordhalter zaubert nicht, sondern absolviert Standardtrainingseinheiten, die wir als Trailrunner durchaus übernehmen können. Ein „progressiver Lauf“ findet sich ebenso in unseren Trainingsplänen wie Bahnintervalle in der von Fitwi vorgegebenen Variante (1000 / 400m). Faszinierend ist, wie konsequent Samuel hier die Intervalle an der Schwelle durchzieht. Eine 2:56 über 1000m entspricht genau seinem Marathonrenntempo von Valencia (2:57) und ist für einen Samuel Fitwi über 1000 oder 400 Meter eher „gemütlich“. Weniger ist eben oft mehr, wenn man es richtig macht…