Kilian Jornet ist eine Trailrunning-Legende und einer der größten Athleten, die dieser Sport je gesehen hat. Nachdem er so ziemlich alles gewonnen hatte, kehrte er zu seinen persönlichen Wurzeln zurück. Geboren und aufgewachsen in den Pyrenäen, gründete er 2020 seine eigene Stiftung, um unsere Berge und ihre Natur zu schützen. Wir haben nachgefragt: Was kann die Stiftung tun, was können wir alle tun, um unseren Sport nachhaltig zu gestalten? Und wie können wir die Natur nicht nur schützen, sondern ihr auch helfen, sich zu regenerieren? Die Kilian Jornet Stiftung im Interview.
2023 war das erste Jahr, in dem die Kilian Jornet Stiftung (KFJ) richtig aktiv war. Was war der magischste Moment in der kurzen Geschichte der Stiftung?
Laura Viñals: Die Stiftung wurde im Jahr 2020 gegründet, aber die Pandemie stellte eine große Herausforderung für uns dar. In den folgenden Jahren widmeten wir uns der Entwicklung verschiedener Projekte, die sich auf unsere drei Hauptsäulen konzentrierten: Bildung, Forschung und direkte Aktionen.
2023 war für uns ein entscheidendes Jahr, das Stabilität beim Projektvolumen und der Zielerreichung brachte. Einer der Höhepunkte und besonderen Momente für die Stiftung war, dass wir zum ersten Mal persönlich mit unserer Zielgruppe in Kontakt treten konnten, indem wir gezielt Veranstaltungen organisierten. Derzeit sind wir mit der Entwicklung zahlreicher Projekte beschäftigt, die darauf abzielen, die Bedürfnisse und Interessen unserer Zielgruppe zu verstehen.
Euer Ziel ist es, „auf ein dauerhaftes, solides und langfristiges kooperatives Engagement und kollektives Handeln hinzuarbeiten, um die Bergwelt zu erhalten.“ Das ist ein ziemlich großes Ziel. Um es zu erreichen, vertraut ihr darauf, „dass die Stärke der Gemeinschaft und kleine Schritte zu größeren Veränderungen führen“. Was sind eure zentralen Forderungen an die Trailrunning-Community – also sowohl an die Läufer und Läuferinnen, als auch an die Organisatoren von Veranstaltungen?
Laura: Wir wollen ein Wissenszentrum sein, in dem Naturbegeisterte, insbesondere die Trailrunning-Community, lernen können, wie sie ihre Beziehung zur Umwelt verbessern und die negativen Umweltauswirkungen dieses Sports verringern können. Mit diesem Ziel wurde eines unserer wichtigsten Projekte ins Leben gerufen: Die Athlete Climate Academy – ein Podcast, in dem Kilian Jornet selber Outdoor-Sportler interviewt und darüber spricht, wie wir alle aus sportlicher Sicht einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben und uns für klimarelevante Themen einsetzen können.
Es gibt auch viele kleine Dinge, die wir als Athletinnen und Rennveranstalter tun können und die wir im Outdoor Friendly Pledge zusammenfassen. Darin arbeiten wir an verschiedenen Toolkits, die Alternativen anbieten, um unsere Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Dies richtet sich an Athleten und an Sportveranstaltungen. Um jeweils eines hervorzuheben:
- Im Abschnitt für Athleten betonen wir, dass der größte ökologische Fußabdruck von der Anreise herrührt, weshalb dies einer der Hauptbereiche ist, den man anpassen und verbessern kann.
- Bei Events und Rennen müssen ökologische, soziale und ökonomische Aspekte berücksichtigt werden, um das Rennen so nachhaltig wie möglich zu gestalten.
Kommen wir zur individuellen Ebene und unserem persönliches Wissens: Was sind die 3 wichtigsten Fakten über ökologische Nachhaltigkeit, die ihr Trailrunnern mitgeben möchtet?
Gerard Vila: Aus Stiftungssicht möchten wir die Trailrunning Community auf 3 Arten unterstützen:
- Wir wollen, dass Trailrunner ihr Wissen über die Umwelt, in der sie diesen Sport ausüben, erweitern. Von den Lebensräumen und Ökosystemen, in denen sie normalerweise laufen, bis hin zu den großen Zusammenhängen: Was der Klimawandel ist, wie er uns beeinflusst und wie er uns zukünftig beeinflussen wird. Du musst keine Expertin sein, solltest aber wissen, dass wir auf das empfindliche natürliche Gleichgewicht achten müssen.
- Wir müssen alle lernen, welche Auswirkungen unsere Aktivitäten auf die Natur haben. Wie können wir beim Trailrunning respektvoller mit der Natur umgehen?
- Wir wollen Trailrunner dabei unterstützen, die Natur als unser wichtigstes Gut zu erkennen und zu schätzen. Es ist essenziell, dass wir in ihren Erhalt und die Wiederherstellung investieren.
Dies sind die drei Prioritäten, die wir gemeinsam mit der wachsenden Community erreichen wollen.
„Wir glauben, dass die Stärke der Gemeinschaft und kleine Schritte zu größeren Veränderungen führen. Genau dafür wurde diese Stiftung gegründet, um einen der größten Naturräume zu erhalten und eine bessere Zukunft für alle zu schaffen.“
Kilian Jornet in the “2024 Projects Report”
Und was sind die 3 wichtigsten Schritte, die jeder selbst tun kann, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und so zu einer Netto-Null-Emissionsgesellschaft beizutragen?
Gerard: Sich dafür zu interessieren, woher die Produkte kommen die wir kaufen, und ob hinter diesen Produkten eine ökologisch und sozial faire Produktionskette steht, ist ein wichtiger Schritt. Von hier aus kann unser Einfluss, der immer da sein wird, positiver werden.
Es gibt viele Tipps, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern, aber schlussendlich ist es am wichtigsten, dass wir uns der Auswirkungen unserer Taten bewusst sind und verantwortungsvolle Verbraucher und Verbraucherinnen sind.
Dafür haben wir auch die Outdoor Footprint App entwickelt, mit der alle ihren jährlichen CO2-Fußabdruck errechnen können – inklusive Sportausrüstung, Transport, Lebensmitteln, etc.. Die App bietet auch Tipps zur Verringerung des Fußabdrucks und die Möglichkeit, den ausgestoßenen Kohlenstoff mit Hilfe anderer Plattformen zu kompensieren.
Drei konkrete Schritte für alle sind:
- Berechne deinen CO2-Fußabdruck und wisse, was er bedeutet.
- Verändere deine Konsumgewohnheiten z. B. im Bereich Verkehr oder Ernährung, um den CO2-Verbrauch zu verringern.
- Nutze Naturschutzplattformen und unterstütze die Arbeit auf lokaler Ebene. Diese Ebene ist sehr wichtig für den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Umkehrung unserer täglichen Umweltbelastungen.
Zurück zum großen Ganzen: Die Sportbranche hat einen sehr schlechten Ruf, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Es gibt Vorwürfe des Greenwashing und von Produktionen, die nicht einmal eine einzige Dimension der Nachhaltigkeit (ökologisch/ökonomisch/sozial) berücksichtigen. Wie kann dieser starke Hebel zum Besseren umgelegt werden?
Laura: Die Sportindustrie, insbesondere der Outdoor-Sektor, spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeitswerten und insbesondere beim Umweltschutz.
Der Sportsektor hat in den letzten Jahren ein deutliches Wachstum erlebt, mit einer Professionalisierung in verschiedenen Bereichen und einer erhöhten Aktivität und Investitionen verschiedener Sponsoren. Dieser Boom hat zu Praktiken geführt, die unter Nachhaltigkeitsaspekten nicht immer verantwortungsvoll sind. Trotzdem sind gerade Outdoor-Sportler und Sportlerinnen stark an diesen Themen interessiert und spielen daher eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung, welche Marken sie unterstützen, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen und welche Produkte sie konsumieren. Es ist wichtig, dass wir als Verbraucher und Verbraucherinnen uns unserer Entscheidungen und deren Folgen bewusst sind und Optionen wählen, die auf mehr Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen einzahlen: sozial, wirtschaftlich und ökologisch. Auf diese Weise können wir einen bedeutenden Wandel hin zu Verantwortungsbewusstsein und Nachhaltigkeit schaffen.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass sich die Outdoor Community deutlich stärker für den Erhalt der Umwelt einsetzt und bereit ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den Naturschutz zu verbessern.
Eure Wirkungslogik basiert auf drei Säulen: Forschung / Bildung / direkte Aktionen. Wie bewertet ihr eure Wirkung – abgesehen von der Output-Messung, also z.B. wie viele Menschen eure Videos sehen und eure Website besuchen?
Laura: Wir haben verschiedene Methoden, um unsere Wirkung zu messen. Da ist zum einen die Wirkung, die wir innerhalb unserer Gemeinschaft durch die Kommunikation über unsere Social-Media-Kanäle erzielen. Diese Kommunikation dreht sich um unsere Projekte und ermöglicht es uns, verschiedene projektspezifische KPI (Key Performance Indicators) mit Zahlen zu belegen.
Im Bereich Bildung konzentrieren sich unsere Kennzahlen vor allem auf die Reichweite unserer Bildungsinitiativen und die Beteiligung von z. B. Schülern und Schülerinnen. Den Erfolg von Veranstaltungen in diesem Bereich bewerten wir vor allem über die Teilnahmezahlen.
Im Rahmen unserer Forschungsprojekte werden die Wirkungskennzahlen auf die Projektziele zugeschnitten, wobei sie stets mit den wissenschaftlichen Grundsätzen dieser Initiativen verknüpft werden. Das betrifft zum Beispiel Projekte, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Gebirgsregionen befassen.
Für Projekte, die direkte Aktionen beinhalten, entwickeln wir maßgeschneiderte Indikatoren. Bei unseren Müllsammelaktionen messen wir z. B. die gesammelten Kilogramm Abfall in verschiedenen Kategorien und die Anzahl der beteiligten Freiwilligen. Außerdem umfasst dieser Block Aktionen zur Stärkung nachhaltigerer Optionen, wobei die jeweiligen Ergebnisse auf die Ziele des Projekts abgestimmt sind.
Die Kilian Jornet Foundation ist noch eine sehr junge Stiftung. Woher bekommt sie ihre Mittel?
Laura: Wir sind noch in der Anfangsphase unserer Reise. Um die Finanzierung unserer Stiftung zu sichern, haben wir drei Hauptquellen. Das sind erstens Einzelspenden von Personen, die an unsere Sache glauben. Zweitens erhalten wir Unterstützung von Unternehmen und anderen Einrichtungen, z. B. durch Initiativen wie 1% For the Planet. Dies ermöglicht es uns, neue Projekte zu starten und durchzuführen. Drittens erhalten wir öffentliche Mittel von lokalen oder europäischen Verwaltungen. Mit diesen Mitteln können wir Projekte durchführen, die wir sorgfältig geplant und zur Prüfung vorgelegt haben und die alle mit unserem übergeordneten Auftrag übereinstimmen.
Eines unserer wichtigsten Projekte für die nächsten zwei Jahre ist das Green Trail Concept. Diese von der Europäischen Union mitfinanzierte Initiative zielt darauf ab, eine Nachhaltigkeitszertifizierung für Trailrunning-Rennen zu entwickeln.
Laura Viñals ist Communications Manager der Kilian Jornet Stiftung.
Gerard Vila ist Project Manager der Kilian Jornet Stiftung und Forestry Engineer.