Wer an Trailrunning-Marken und erfolgreiche Teams denkt, denkt wahrscheinlich nicht gleich an Brooks. Noch nicht – denn die amerikanische Marke kommt mit Nachdruck auch auf den deutschsprachigen Markt – und macht dabei sehr viel richtig. Beim Transgrancanaria 2023 trafen wir fünf Athletinnen und Athleten des Brooks-Team, das nicht nur mit starken Leistungen überzeugte, sondern auch noch höchst sympathisch war.
Transgrancanaria 2023: Das Brooks-Team erzählt von Erfolgen, Überraschungen, Geheimnissen und Plänen
2022 gründete Brooks ein Trailrunning-Team mit Athletinnen und Athleten der DACH-Region, das schon ein Jahr später um fünf Personen ergänzt wurde. Im Rahmen des „Brooks Trail Summit“ brachten die Running-Spezialisten aus Seattle das Team zum Transgrancanaria, wo sie mit starken Platzierungen von sich reden machten. Wir trafen Rea Iseli (24km, Platz 1 Frauen), Christoph Lauterbach (24km, Platz 6 gesamt), Andreas Rieder (24km, Platz 15 gesamt), Alex Hutter (84km, Platz 2 gesamt) und Shari Wilken (84km, DNF). Sie erzählen von Erfolgen und Dämpfern, von Geheimnissen und Plänen, von Gemeinschaft und Leidenschaft.
Wie lief der Transgrancanaria für euch persönlich?
Shari: Ich musste leider nach 38km aussteigen. Es ging wohl ein Magen-Darm-Infekt im Team rum. Unter der Belastung ging irgendwann nichts mehr rein, bzw. ich landete direkt im Gebüsch. Sehr schade. Da ich letztes Jahr schon den Classic gelaufen bin, wars aber nicht so wild. So kann ich direkt wieder ins Training für die weitere Saison einsteigen.
Christoph: Unerwartet gut. Mit einem 6. Platz bei einem so gut und international besetzten Rennen und mit nur 5 Minuten Abstand zum Sieger Bart Przedwojewski bin ich mehr als zufrieden. Dass es noch dazu ein erfolgreicher Einstand als Brooks-Athlet war, freut mich umso mehr.
Alex: Ich startete relativ verhalten und versuchte, nicht das hohe Tempo am Anfang des Rennens mitzugehen. Von Platz 13 arbeitete ich mich in den langen Anstiegen zwischenzeitlich bis auf Platz eins vor, konnte aber letztendlich das Tempo des späteren Siegers (George Foster, Team HOKA – Anm. d. Red.) nicht mitgehen. Dennoch bin ich super zufrieden mit dem 2.Platz.
Andreas: Bereits beim Einstieg hatte ich leichte Magenbeschwerden und konnte dadurch zuerst nicht wirklich ins Rennen finden. Nach 8km ging es wieder richtig gut, doch dann habe ich beim letzten Downhill zum Ziel eine Markierung übersehen und bin im Nirvana gelandet. Mit 3km und 100hm mehr bist du bei kurzen Rennen halt schnell wieder raus.
Rea: Ich bin super zufrieden mit dem Sieg im Starter Race! Ich war etwas nervöser als sonst, da es doppelt so lang war wie mein bisher längster Wettkampf und ich auch im Training noch nie so lange unterwegs war. Außerdem konnte ich die Verpflegung nicht testen, da ich kurz vorher noch krank war.
Der Transgrancanaria gilt als eines der wichtigsten Trailrunning Events Europas und zieht jährlich tausende Läuferinnen und Läufer aus der ganzen Welt an. Was macht die Faszination dieses Rennens aus?
Andreas: Das Klima und die Bedingungen sind schon sehr speziell auf Gran Canaria. Von heiß bis kalt, von schnell bis technisch anspruchsvoll findest du auf diesen Strecken so ziemlich alles. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich und schön, so dass das Gesamtpaket sehr interessant ist.
Shari: Dem deutschen Winter entfliehen und Sonne tanken, dazu noch Trails bei grandioser Stimmung erkunden? Ein Träumchen!
Alex: Vor allem die Strecke des 84km-Rennens fand ich super, da die Insel und ihre beeindruckende Vielfalt der Natur komplett durchquert werden und ich durch den Start um 8:00 alles bei Tageslicht laufen konnte.
Christoph: Ein vergleichbares Rennen mit einem solch hohen kompetitiven Level und so hohem Trail-Anteil findet man zu dem Zeitpunkt im Jahr in Europa nicht. Dazu die gute Resonanz, die sich das Rennen über Jahre hinweg erarbeitet hat – und natürlich die spanische Passion für diesen Sport.
Rea: Die enorme Vielfalt der Landschaften und Trails, wenn man sich vom Meer in die Mitte der Insel bewegt, ist gewaltig. Zusammen mit der sehr offenen und emotionalen Art der Leute macht es den Wettkampf zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Wie habt ihr euch zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison auf das Rennen vorbereitet?
Christoph: Sehr unspektakulär und alles andere als gezielt. Für mich ist es aber auch zu früh in der Saison um topfit zu sein. Die meisten Einheiten waren schlichtweg – gerne auch mal zügigere – Dauerläufe. Dazu regelmäßige Bergtouren.
Rea: Da der Wettkampf sehr früh in der Saison und auf dem Weg zur WM in Innsbruck ist, hab ich mich nicht speziell vorbereitet. Aber so konnte ich meine Form über diese für mich ungewohnte Distanz testen.
Shari: Für mich sollte das Rennen eher ein langer Trainingslauf sein. Ich habe daher nur die letzten zwei Wochen spezifischer trainiert, also längere Grundlagenläufe und Speedhiking-Intervalle gemacht. Davor habe ich den ganzen Winter VO2Max trainiert.
Alex: Der Winter war vor allem von vielen Skimo-Einheiten und Rennen geprägt. Um vor dem Transgrancanaria doch noch auf einige Laufkilometer zu kommen, ging ich manchmal noch vor oder nach den Skimo-Rennen laufen.
Andreas: Ich bin relativ unvorbereitet an den Start gegangen, denn meine Highlights liegen in der Mitte bzw. gegen Ende des Jahres.
Die letzten Tage haben gezeigt, dass die Stimmung und der Zusammenhalt im Brooks-Team sehr gut sind. Wie wichtig sind solche Teamtreffen und der Austausch für euch als Individualsportler?
Andreas: Sehr! Unser Teamspirit ist mega und motivierend. Alle haben unterschiedliche Stärken, so dass der Austausch und die Treffen helfen, das eigene Level nochmal zu steigern.
Alex: Teamtreffen sind extrem wichtig. Man kann viel von den anderen lernen und Spaß zusammen haben. Der Support während des Rennens und der Empfang im Ziel haben gezeigt, dass sich alle im Team für die Erfolge der anderen freuen.
Rea: Die Leidenschaft für den Sport mit einem so sympathischen Team teilen zu können, ist ein Privileg. Der Austausch ist für jemandem wie mich, die im Trailrunning noch sehr neu ist, sehr wertvoll und inspirierend.
Shari: Die Leistungen des Teams sind unglaublich motivierend. Zu wissen, dass ein ganzes Team auf dich wartet und dich verfolgt, pusht extrem!
Wir haben beim „Brooks Trail Summit“ einen Vortrag von Brooks-Athlet und Ultralauf-Legende Scott Jurek gehört. Wie wichtig sind solche Menschen für euch?
Shari: Ich ziehe viel Inspiration von solchen Legenden. Was man sich da alles abgucken kann, ist enorm.
Christoph: Geschichten anderer Menschen, völlig egal wer das ist, haben mittlerweile eine große Bedeutung für mich – nicht nur im Sport. Jede neue Situation hat irgendein Mensch da draußen schon durchlebt. Dass es jemand anderes schon geschafft hat, die Herausforderung zu meistern, kann eine große Hilfe sein.
Andreas: Inspirierende Persönlichkeiten sind schon irgendwo Wegweiser für einen selbst. Sie bringen neue Ideen für Abenteuer – oder auch Lebensweisen wie im Falle von Scott, der beweist, dass extremste körperliche Höchstleistungen auch mit einer rein pflanzlichen Ernährung möglich sind.
Alex: Ich habe währen des Rennens ein kleines Tief gehabt und mich an seine Worte erinnert, dass sich Ultrarunning nur im Kopf abspielt und dass andere noch viel weiter laufen. Da sollten die 84km schon irgendwie schaffbar sein.
Rea: Solche Athleten finde ich superwichtig, um die Leidenschaft für den Sport über die Trailrunning-Szene hinaus zu verbreiten und mehr Menschen dazu zu bewegen, in der Natur Sport zu treiben. Ich mag es, mehr über solche Menschen zu erfahren und von ihren Erfahrungen zu profitieren.
Wie sieht die weitere Saisonplanung bei euch aus?
Rea: Falls ich mich qualifiziere, ist das erste Highlight die Up & Down Distanz bei der WM in Innsbruck. In der zweiten Saisonhälfte sind vier Rennen der Golden Trail World Series geplant. Es geht mir vor allem darum, Erfahrung zu sammeln und jede Menge Spaß zu haben.
Christoph: Ein Highlight wäre definitiv der Start bei der WM in Innsbruck. Eine WM in den Alpen und noch dazu heimatnah hat es lange nicht mehr gegeben. Auch der UTMB mit seinen Rennen steht weit oben auf der Liste.
Alex: Jetzt gehts nochmal auf die Ski und danach startet die Vorbereitung auf die WM. Ein weiteres Highlight ist dann der UTMB. Dazwischen werde ich noch einige Rennen wie den Chiemgau Trail Run und den Stubai Ultratrail mitnehmen.
Andreas: Klarer Fokus sind die WM und der OCC.
Shari: A-Rennen sind Lavaredo 120k und UTMB – was mein erster 100-Meiler wäre. B-Rennen sind für mich Chiemgau Trail Run 60km, Eiger Ultra Trail 35km und der Pitz Alpine Glacier Trail 45km.
Was bedeutet Trailrunning für dich?
Christoph: Leben.
Alex: Mit leichter Ausrüstung und relativ hoher Geschwindigkeit durch die wunderschöne Bergwelt zu laufen.
Shari: Freiheit. Eins-sein mit den Trails und mit mir. Sorgen und Probleme vergessen. Der Berg ist immer für mich da. Ich kann gemütlich speedhiken oder mich völlig zerstören, den Berg interessiert es nicht. Er urteilt nicht über mich. Er nimmt mich so wie ich bin.
Andreas: Das ist etwas, das noch in unseren Genen schlummert und Urinstinkte weckt. Der Urmensch musste auch unzählige Kilometer und Höhenmeter laufen, damit er Nahrung fand. Im Grunde ist Trailrunning eine moderne Form davon, nur eben ohne Nahrungssuche. Es weckt den Entdecker in uns.
Rea: Eine Leidenschaft die es mir erlaubt, vom Alltag abzuschalten, wunderschöne Orte zu entdecken, meine persönlichen Grenzen zu verschieben und dabei jede Menge Glückshormone einzusammeln.