Mit dem Startschuss für den Zugspitz Ultra Trail by UTMB im Juni 2026 beginnt ein neues Kapitel im deutschen Trailrunning. Erstmals wird ein deutsches Rennen Teil der renommierten UTMB World Series, jener globalen Liga, die seit Jahren die größten und bekanntesten Trailrunning-Events der Welt vereint. Was für die einen eine logische Weiterentwicklung und Chance zur Professionalisierung ist, empfinden andere als Verlust von Authentizität und lokaler Seele.
Zwei Stimmen, zwei Haltungen – zwei Seiten einer Medaille.
Contra: Ein Stück Seele geht verloren
Die Meldung, dass der ZUT ab jetzt unter der UTMB-Fahne veranstaltet wird, wird die Meinungen gehörig spalten. Es spricht ein Thema an, das gar nicht so einfach in Worte zu fassen ist. Es geht um Haltung. Welche Haltung habe ich gegenüber dem größten, sichtbarsten, erfolgreichsten, einflussreichsten Trailrunning-Veranstalter und der Organisation dahinter? Und wofür steht der UTMB – dessen Haltung der ZUT durch diesen Übergang unterstützt?
„by UTMB“ heißt leider meistens, dass alles etwas teurer wird, ohne dass die Qualität besser wird. Alles wird nochmal größer produziert und aufpoliert, obwohl der Kern unserer Leidenschaft doch mal im Kleinen lag – im Draußensein, im Naturspüren. Themen wie Nachhaltigkeit werden neuerdings in der UTMB Group medienwirksam großgeschrieben, aber die Umsetzungslogik ist bestenfalls lückenhaft (siehe Detailartikel bei XC-Run.de).
Der UTMB nutzt seine Marktdominanz immer weiter, um Rennen einzukaufen, sie den eigenen Anforderungen anzupassen und damit ein Stück weit natürlich auch anzugleichen. Eines der wenigen Rennen, das das nicht länger mitmachen wollten, war der Transvulcania Ultramarathon, der nach zwei Jahren in 2024 desillusioniert wieder aus dem Portfolio ausgestiegen ist (Details hier).
Der ZUT 2026 wird sich kaum vom 2025er unterscheiden. Aber wie sieht das 2027 oder 2028 aus? „Die Gründer Heini und Uta Albrecht bleiben in beratender Funktion an Bord“, heißt es. Aber die Entscheidungen werden zukünftig woanders getroffen. „Die Weiterbeschäftigung wichtiger Teammitglieder von PLAN B wird dazu beitragen, das Erbe von ZUT und TAR zu bewahren und sicherzustellen, dass die Veranstaltungen weiterhin erfolgreich sind“, heißt es weiter. Hoffen wir, dass die „wichtigen“ Teammitglieder ihren Job noch eine Weile behalten…
Es war schön, eine unabhängige Veranstaltung zu haben, die auf Weltklasseniveau performt hat. Nichts beim ZUT blieb hinter all den „by UTMB“-Veranstaltungen zurück – ganz im Gegenteil. Dass die Gründer sich nach 20 Jahren etwas zurückziehen möchten, ist mehr als verständlich. Aber wäre das nicht auch ohne eine Krake wie den UTMB gegangen? Das Know-how liegt vor Ort, die Beratenden stehen zur Seite – und die Community hätte weiterhin gewusst, wen sie da mit ihren Startgeldern unterstützt.
Jetzt sind es die gesichtslosen UTMB- und Ironman-Groups, die zusammen hinter der UTMB World Series stehen und sich unser Trailrunning-Flaggschiff einverleibt haben. Was genau wird durch diese Eingliederung nochmal besser – und für wen? Für uns als normale Läuferinnen und Läufer – und das ist der mit Abstand größte Teil der Startenden – wahrscheinlich gar nichts.
— Tobias Gerber
Pro: Ein notwendiger Schritt in die Zukunft
Fressen und gefressen werden – so hart es klingt, so realistisch ist es in der heutigen Eventwelt. Ein Großevent wie der Zugspitz Ultra Trail lebt längst nicht mehr allein von Idealismus und ehrenamtlicher Leidenschaft. Wer dauerhaft auf Weltniveau bestehen will, muss professionell organisiert sein, Zugang zu internationalen Netzwerken haben und Synergien nutzen. Die Integration in die UTMB World Series bietet genau das: Skaleneffekte, Marketingpower und globale Sichtbarkeit.
Bisher war Deutschland auf der Trailrunning-Weltkarte der UTMB-Serie ein weißer Fleck. Während Länder wie Österreich, Italien, Frankreich, die Schweiz oder Slowenien längst Teil dieser internationalen Community sind, fehlte hierzulande das Pendant. Dass nun der ZUT – das größte Trailrunning-Event Deutschlands – diese Lücke schließt, ist ein wichtiger Schritt, um Deutschland als Trail-Destination nachhaltig zu etablieren.
Auch für viele Läuferinnen und Läufer bedeutet das neue Format Vorteile: Wer bislang für UTMB-Punkte und große Qualifikationsrennen ins Ausland reisen musste, kann das künftig direkt vor der eigenen Haustür tun. Weniger Reisen, weniger CO₂ – und gleichzeitig ein Erlebnis auf Weltniveau.
Ein weiterer Pluspunkt: Internationale Top-Athletinnen und -Athleten, die dem ZUT in den letzten Jahren oft fernblieben, dürften nun häufiger am Start stehen. Das hebt die sportliche Qualität des Rennens und macht das Wochenende noch spannender – nicht nur für Teilnehmende, sondern auch für Zuschauer.
Und zuletzt: Heini und Uta Albrecht, die Gründer und jahrzehntelangen Köpfe hinter PLAN B, haben sich ihren Ruhestand redlich verdient. Nach zwei Jahrzehnten harter Arbeit, Vision und Herzblut ist es nur fair, dass sie sich zurückziehen dürfen – in dem Wissen, dass ihr Lebenswerk in professionellen Händen weitergeführt wird. Vermutlich wollte aus der Crew niemand das unternehmerische Risiko übernehmen. Der Verkauf an die IRONMAN Group könnte also nicht das Ende, sondern die Rettung des ZUT gewesen sein.
— Markus Mingo
Zwischen Kommerz und Kultur
Der Zugspitz Ultra Trail by UTMB steht sinnbildlich für den Spagat, den der moderne Ausdauersport meistern muss: zwischen Kommerzialisierung und Authentizität, zwischen Wachstum und Bewahrung. Die einen sehen in der Integration in die UTMB World Series eine Bedrohung für die ursprüngliche Seele des Sports, die anderen eine Chance auf Professionalisierung und Zukunftssicherheit.
Am Ende bleibt zu hoffen, dass das Herz des ZUT – die Leidenschaft der Läuferinnen und Läufer, die Bergkulisse, der Teamgeist und die Community – auch im neuen Gewand spürbar bleibt. Denn egal unter welchem Label: Der Geist des Trailrunnings entsteht nicht in den Büros großer Konzerne, sondern auf den Pfaden, auf denen wir gemeinsam laufen.
