Interview: Rainer Steinberger

Rainer Steinberger: Ultra-Radfahrer © Foto Adamo Di Loreto

Unser nächster Interviewpartner hat nur am Rande etwas mit Trailrunning zu tun. Und dennoch ist er eine sehr interessante Persönlichkeit der auch für uns wertvolle Tipps und Tricks parat hat. Rainer Steinberger ist ein extrem erfolgreicher Ultracycler, der im vergangenen Jahr das Race around Austria gewinnen konnte und sich aktuell auf das Race across Amerika vorbereitet.

Christian: Servus Rainer, schön das Du Dir Zeit für uns genommen hast. Wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, bereitest Du Dich gerade auf das Race across Amerika vor. Kannst Du uns etwas über dieses Rennens sagen?

Rainer: Das ist ganz einfach erklärt. Dieses Rennen startet an der Westküste Amerikas, Oceanside Kalifornien, quer durch Amerika nach Annapolis, Westküste. Wir, mein neun köpfiges Team und ich durchqueren 12 Bundesstaaten und nach 4.800km und 52.000 Höhenmeter kommen wir in Annapolis, Maryland, an der Ostküste an. Klare Regeln: Solofahrer dürfen keinen Windschatten nützen und jeder Fahrer versucht mit so wenig Schlaf wie möglich die Strecke zu bewältigen. Die Zeitnahme startet an der Westküste und endet erst an der Ostküste.

Rainer Steinberger: Ultra-Radfahrer

Christian: Diese Distanzen sind selbst für einen hartgesottenen Ultratrail Läufer unvorstellbar. Wie lange bereitest Du Dich sportlich auf diese extreme Belastung vor?

Rainer: Mein ganzes Leben. Nun ich mache seit 20 Jahren Ausdauersport, Mental setzte ich mich seit 30 Jahren mit Leistungssport auseinander. In solchen Rennen entscheidet nicht nur ein gut vorbereiteter Body. Körper und Geist müssen gleichermaßen trainiert werden um Aussicht auf ein gutes Rennen zu haben. Zeitlich gesehen, bereite ich mich ab November auf die nächste Saison vor. 

Christian: Der logistische Aufwand für dieses Vorhaben muss ja enorm sein. Wie bewerkstelligst Du Rennen dieser Art?

Rainer: Alleine kann ich das als eigener Coach, Fitnesstrainer und Familienvater nicht stemmen. Das ganze Unternehmen ist Teamarbeit. Für Elektronik, Autoumbau (für Räder, Kleidung und Essen) sind Team- Mitglieder zuständig, genauso für Planung, Übernachtung, Wohnwagen (für Betreuer), Flug, Pacecar etc. habe ich einen guten Mann. Wir arbeiten sogar Länderübergreifend. Unser Teamchef kommt aus der Schweiz, ein Betreuer, ist Österreicher. 

Christian: In drei Tagen, 21 Stunden und 15 Minuten hast Du Dir den Triumph in Österreich geholt. Dabei mussten 2.200 km und 30.000 HM zurückgelegt werden. Ein Jahr zuvor, 2018 musstest Du aufgrund totaler Erschöpfung aufgeben. Eine der Haupterklärungen war damals der Schlafentzug. Kann man sich auf diese Situationen vorbereiten? Welche Strategie bevorzugst Du in Bezug auf den fehlenden Schlaf?

Rainer: Ich habe aus dem Rennen 2018 gelernt, rennentscheidende Sachen wie Schlaf sind nicht zu 100% planbar. Wichtiger als Zeitverlust, durch Schlafpausen, ist das fokussieren auf das Ziel. Nie das Ziel aus den Augen verlieren. Ich kann Tage ohne Schlaf auskommen, zumindest konnte ich das bis dato. Diese Mentale Fähigkeit kann man sich zum Teil aneignen. Diese Gradwanderung kann und wird, wenn es zulange im Alleingang ohne Feedback vom Team absolviert wird, zu Orientierungslosigkeit führen. Ich war in einer Traumwelt, unfähig zu unterscheiden, was ist Realität und was ist Fiktiv. Regelmäßige Schlafpausen sollen mich davor bewahren, wieder den Kopf zu verlieren. 

Christian: Der notwendige Trainingsaufwand wird rein zeitlich vermutlich noch höher als bei uns Trailrunnern ausfallen. Wie kriegst Du Familie, Beruf und Sport unter einen Hut?

Rainer: Zum einen, habe ich mein „Hobby“ zum Beruf gemacht. Ich bin das ganze Jahr „sportlich“ unterwegs. Der Zeitaufwand ist für die Familie etwas schwerer zu verkraften, ich versuche zumindest an „Familien – Nachmittagen“ aktiv für meine Kinder und für meine Frau da zu sein (gelingt leider nicht immer). Aber wir unternehmen viel. Regenerative Radfahrten kann ich mittlerweile schon mit meinem Sohnemann machen. Beim Krafttraining zu Hause ist ab und zu meine Tochter dabei und regenerative Läufe mache ich mit meiner Frau. 

Christian: Aus aktuellem Anlass – machst Du Dir Gedanken wegen dem Corona- Virus?

Rainer: O ja, der Virus stellt mein Leben ziemlich auf den Kopf. Als Ultracycler: viele Rennen sind schon abgesagt, ob mein Highlight dieses Jahr stattfindet kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Was diese Ungewissheit mit mir macht, kann sich jeder Sportler vorstellen. Als Übungsleiter im Rehasport: alle Stunden sind bis auf weiteres abgesagt. Als Familienvater bin ich relativ entspannt, dass wir das Virus unbeschadet überstehen.

Christian: Auf welche Trainingsarten- und inhalte setzt Du neben dem Radtraining? Wie sieht eine typische Rainer-Steinberger-Trainingswoche aus?

Rainer: Momentan sieht bei mir eine Woche so aus.

Erster Tag: Gleichgewichtstraining und Rad Intervalle im Keller anschließend Krafttraining (normalerweise im Studio, momentan in den eigenen vier Wänden). Kurzes Stabitraining.

Zweiter Tag: Laufintervalle und eine vierstündige Radeinheit, Faszienrollen.

Dritter Tag: sieben Stunden Grundlagen Radfahrt

Vierter Tag:  Gleichgewichtstraining, Krafttraing, kurze regenerative Einheit Lauf, Faszienrollen, Sauna

Fünfter Tag: 25km Lauf im Wald (ich liebe es) anschließend drei bis vier Stunden Rad, abends Stabilisation- Training, Massage oder Faszienrollen

Sechster Tag: 10 bis 12 Stunden Fahrtenspiel Fahrrad evtl. noch ein kurzer Lauf

Siebter Tag: da sollst du ruhen, Stabilisations- und Krafttraining, Rekom Lauf mit meiner Frau & FAMILIEN Workout

Rest ist Betriebsgeheimnis

Christian: Nun hätte ich noch ein paar Punkte, bei denen Du Farbe bekennen und Dich entscheiden sollst: Laufen – Asphalt oder Trail

Rainer: Trail liebe ich, Muskulaturhärte kann man schneller auf Asphalt trainieren. 

Alte Männer wie ich lieben Berg-Trail Läufe, also Trail

Christian: Käse oder Wurst – Fleisch, Vegetarier, oder Veganer?

Rainer: Der Mix, ein Mittelweg erscheint mir und meiner Familie richtig. Vor allem ist es mir und meiner Familie wichtig, bewusst zu essen und respektvoll, nichts wird weggeschmissen. Habe vegetarische Ernährungsform versucht. Funktioniert bei mir nicht und für das Wachstum der Kinder nicht sinnvoll.

Christian: Kaiserschmarrn oder Schweinebraten

Rainer: definitiv, Kaiserschmarrn

Christian: Bier oder Wein?

Rainer: Bier wenn dann Weißbier , Wein gerne Rotwein. Am besten beides, aber nicht in der Vorbereitungszeit

Christian: Tee oder Kaffee

Rainer: Ich bin ein totaler Kaffeejunkie, sogar der Heilpraktiker kann sich das nicht erklären, warum mir der Kaffee so gut tut

Christian: Kino oder Theater

Rainer: Kino mit Kindern, Theater mit meiner Frau, ich bin Multifunktionell einsetzbar 

Christian: Fernseher oder Buch

Rainer: Unterhaltung Fernseher, Buch nur Sachbücher

Christian: Vielen Dank Rainer für Deine Geduld. Wir drücken Dir die Daumen für Amerika und werden natürlich mit fiebern. Viel Spaß und Erfolg, wir sehen uns!

 DANKE