Trailrunner im Interview: Patrick Ehrenthaler

Patrick Ehrenthaler © Sportograf Digital Solutions GmbH

2024 war DAS Jahr für Patrick Ehrenthaler. Nach seinem fulminanten Sieg über die 80km des Lavaredo Ultratrail und einigen starken Ergebnissen im weiteren Verlauf der Saison, lief Patrick bei seinem Debüt über die 100km beim legendären Ultra Trail Cape Town auf einen starken fünften Platz. Im Interview spricht er über seine Erlebnisse am Tafelberg, sein Wintertraining, seine Ziele für 2025 und seinen Wandel vom Fußballer zum Ultratrailläufer:

Trailrunner im Interview: Patrick Ehrenthaler

Patrick, der Ultra Trail Cape Town liegt nun schon über einen Monat zurück. Konntest du dich schon erholen und die Erlebnisse verarbeiten?

Patrick: Das Rennen und die Erlebnisse sind verdaut, ja, aber es hat doch etwas gedauert, da ich doch die eine oder andere unvorhergesehene Situation erleben durfte. Aber ich denke, dass ich seit Weihnachten wieder gut im Training bin.

Es war dein erster Wettkampf über 100 Kilometer. Wie hat sich diese Erfahrung von deinen bisherigen Rennen unterschieden? Wie sah die Vorbereitung aus?

Patrick Ehrenthaler © Sportograf Digital Solutions GmbH

Patrick: Nun, ich hatte das Rennen lange im Voraus geplant und habe daher meine gesamte Saison inklusive der einzelnen Trainingsperioden auf den Saisonhöhepunkt im November hin aufgebaut. Beim Training habe ich versucht über das Jahr verteilt einige Volumenreize zu setzen, in diesen Wochen habe ich sehr wenig intensive aber dafür lockere sehr lange Einheiten absolviert, zusammenfassend kann ich sagen, dass ich über das Jahr gesehen schon sehr viel Wert darauf gelegt habe viele lange (lockere) Läufe zu machen oder auch im Sommer Koppeleinheiten auf dem Rad einzubauen, um den Bewegungsapparat zu entlasten und trotzdem das Herz/Kreislaufsystem auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten.

Beim Laufen selbst hatte ich mir fest vorgenommen, nicht zu überpacen, was ich immer als größte Gefahr bei Ultraläufen sehe, aber das ist mir die ganze Saison über recht gut gelungen und ich konnte auch beim UTCT ganz gut durchziehen. Ab km 70 hatte sich meine hintere Oberschenkelmuskulatur verabschiedet, das kannte ich tatsächlich so noch nicht, aber auch das war völlig in Ordnung, gerade wenn man zum ersten Mal 100km läuft.

Unser Redakteur Tobias berichtete von einem wunderschönen Land Südafrika, das aber auch von unglaublichen Gegensätzen und bitterer Armut geprägt ist (zum Artikel). Wie hast du deinen Aufenthalt und die Zeit vor Ort empfunden?

 Patrick: Das kann ich so zu 100% bestätigen, ich habe den Bericht von Tobias gelesen und mich bei einem Großteil seiner Berichterstattung wiedergefunden. Das Land, die Natur und das Wetter sind einfach ein Traum, man läuft bei strahlendem Sonnenschein über weiße Sandstrände und 20 Minuten später findet man sich auf einem sehr technischen Anstieg am Berg wieder. Es scheint quasi immer die Sonne, ab und zu ist es sehr windig, aber das wars… Aber ja, das ist eben nur die eine Seite, in diesem Land herrscht sehr viel Armut, aus der sich logischerweise eine Hohe Kriminalität ergibt (wir hatten tatsächlich keine gefährliche Situation) aber man wird von Veranstalter und auch von einheimischen Leuten immer wieder darauf hingewiesen wo man sicher besser nicht allein zu Fuß fortbewegen soll und ja Security`s am Berg haben sicherlich auch Ihre Daseinsberechtigung. Aber wie gesagt, wir haben uns an Empfehlungen gehalten und hatten daher auch keinerlei Probleme, und bei einem falschen oder dummen Verhalten kann es mittlerweile überall richtig gefährlich werden.

Man hört eine Schlange hätte dich fast den Start gekostet?

Patrick: Das ist absolut richtig und nicht untertrieben. Ich habe grundsätzlich eine Schlangenphobie, also wenn ich zu Hause eine Blindschleiche sehe, ist das für mich schon eine große Sache, aber bei einer geschätzten 1,3 m langen Kobra hat es mir wirklich den Stecker gezogen. Ich habe fast eine Woche mit mir gerungen und nach stundenlangen Gesprächen und viel positivem Zuspruch habe ich mich dann doch entschieden zu starten, aber ja, das Ganze stand wirklich auf der Kippe.

Du bist bekannt dafür, dass du akribisch an dir arbeitest und erinnerst mich in mancher Hinsicht sehr an den „frühen“ Hannes Namberger. In den sozialen Medien konnte man dich im Vorfeld des UTCT beim Streckencheck mit Deutschlands bestem Ultratrailläufer sehen. Ist Hannes ein Vorbild für dich?

Patrick beim Arberland Ultratrail © sportshot

Patrick: Auf jeden Fall, zum einen gehöre ich sicher zu seinen größten Fans, also klar gibt es viele große Namen in diesem Sport, Kilian, Jim, Jonathan usw., aber Hannes war für mich immer der Interessanteste von allen, seit ich zum Trailrunning gekommen bin. Es hat mir von Anfang an gefallen, dass er nicht den typischen Läufer- oder Leichtathletikhintergrund hat, er ist spät und zufällig zu diesem Sport gekommen und hat es mit viel harter Arbeit geschafft, sich in die absolute Weltspitze vorzuarbeiten und noch wichtiger, sich dort zu etablieren. Das finde ich nach wie vor herausragend und schon ein wenig einzigartig. Dass ich das eine oder andere Mal die Möglichkeit habe, mit ihm zu trainieren, ehrt mich jedes Mal aufs Neue… Außerdem bin ich ihm wirklich sehr dankbar, da er mir oft Tipps und Ratschläge gibt, die mir auch helfen, besser zu werden.

Du hast dich speziell mit einem Hitzetraining auf diesen Lauf vorbereitet. Wie funktioniert das genau? Warum kannst du diese Art des Trainings empfehlen?

Patrick: Kurz gesagt, man läuft bei 30 Grad mit der Ausrüstung, die man normalerweise bei -10 Grad im Winter trägt, oder mit der gleichen Kleidung drinnen ohne Belüftung oder Ventilator. Man bringt seine Körperkerntemperatur in einen bestimmten Bereich und hält sie dann dort, um bestimmte Anpassungen im Körper zu erreichen. Zum einen lernt der Körper trotz heißer Temperaturen eine gewisse Leistung erbringen zu können oder eben den Leistungsverlust zu minimieren und zum anderen ist man einfach besser an die Hitze gewöhnt, ich meine in Capetown hatte es jetzt keine 40 Grad, wir waren meistens bei 25 Grad unterwegs, da die Temperaturen in der Heimat aber doch auf 5 Grad gefallen waren, ist ein Temperaturunterschied von ca. 20 Grad doch eine gewisse Umstellung für den Körper. Durch das Hitzetraining kann man dem einfach etwas vorbeugen.

Was sind deine nächsten großen Ziele nach deinem 100-Kilometer-Debüt? Wie sieht deine Saisonplanung für 2025 aus?

Patrick: Meine beiden Saisonhighlights sind der Lavaredo (120km) und der CCC im Rahmen des UTMB, daneben werde ich wahrscheinlich noch den Transvulcania, den ISTRIA by UTMB und das eine oder andere Heimrennen laufen. Insgesamt werde ich wie 2024 sechs bis sieben Läufe zwischen 20 und 120 km laufen.

Im Winter sieht man dich viel auf Tourenskiern. Wie sieht dein Wintertraining sonst aus? Kannst du uns eine typische Trainingswoche im Dezember/Januar skizzieren?

Patrick: Ich habe letztes Jahr auf mehrfaches Drängen meiner Freundin mit dem Skitourengehen begonnen, sie meinte, dass wir dann eine super Möglichkeit hätten, auch im Winter gemeinsam sportlich aktiv zu sein, was ja auch stimmt, dass ich ein neues Trainingsgerät bekomme, mit dem ich sehr lange Einheiten machen kann, hatte sie nicht bedacht (lacht). Aber ja, grundsätzlich laufe ich im Winter viel weniger, der Laufanteil reduziert sich auf Tempotraining und flache Läufe, um schneller zu werden und die Grundschnelligkeit zu erhöhen, der Krafttrainingsanteil wird erhöht, gerade die Beinmuskulatur steht in dieser Jahreszeit im Fokus und natürlich viele Einheiten auf der Rolle.

Beispiel:

Mo: Pause

Di: 8x4min Flach anschließend eine Stunde auf die Rolle

Mi: lockerer Dauerlauf (1 Stunde) + Krafttraining

Do: 6x3min auf der Rolle

Fr: Lockerer Dauerlauf (1 Stunde) + Krafttraining

Sa: morgens 10x3min anschließend eine Stunde auf die Rolle// abends: Legday

So: Lange Skimoeinheit

Vor deiner Karriere als Trailrunner warst du Fußballer und hast hier auch relativ hochklassig gespielt. Wie verläuft die sportliche Transformation vom Fußballer zum Trailrunner? Auf welche Fähigkeiten konntest du aufbauen und woran musstest du am meisten arbeiten?

Patrick: Relativ hochklassig ist vielleicht ein bisschen übertrieben, würde ich sagen, wir haben oder spielen in der Bezirksliga. Es gibt viele Dinge, die sich sehr positiv auf das Laufen auswirken, Koordination zum Beispiel, die Koordinationsleiter ist so eine Sache, die ich auch als Fußballer gut beherrscht habe, von dieser Fähigkeit profitiere ich heute sehr, da ich mit schwierigem Gelände gut umgehen kann. Obwohl ich kein großer Sprinter war (ich war immer mehr der Dauerläufer), habe ich für einen Langstreckenläufer wohl auch eine gute Schnellkraft, was sich sicher auch beim Laufen positiv auswirkt. Generell musste ich bzw. muss ich immer noch daran arbeiten, dass sich meine Muskulatur wieder aufbaut, ich bin immer noch sehr robust, was natürlich auch Vorteile hat, gerade bei der hohen Belastung, die man durch die vielen Kilometer und Höhenmeter bekommt, schadet es nicht, wenn die Knochen und Gelenke durch die eigene Muskulatur etwas entlastet werden, andererseits ist es einfach so, dass Muskeln sehr schwer sind und das eine Menge Gewicht bedeutet, was man als Läufer nicht unbedingt haben will. Ich will das nicht falsch verstehen, ich bin kein Muskelprotz oder so, aber ich habe zum Beispiel sehr ‘stabile Beine‘ und es dauert einfach Jahre bis sich gewisse Muskelfasern wieder aufbauen und diese Zeit muss man abwarten können. Man wird auch nicht von heute auf morgen ein guter Ultraläufer, auch hier braucht der Körper viele Jahre, um sich zu entwickeln, Reize zu verarbeiten, Rückschläge zu verkraften und leistungsfähiger zu werden und genau diese Zeit muss man bereit sein zu investieren. Ich will ein sehr guter Ultraläufer werden, also muss ich bereit sein, diesen Weg zu gehen, wenn ich es nicht bin, muss ich meine Ziele überdenken.

Am Ende vielleicht noch drei Blitzfragen:

Lieblingsschuhe: Adidas Agravic Speed Ultra

Lieblings-Winter-Accessoire: Dynafit Winter Long tight

Lieblings-Trainingseinheit: 10×3 min (egal ob Berg oder Flach)

Danke. Einen guten Start ins neue Jahr und eine erfolgreiche, verletzungsfreie Saison 2025 wünschen wir dir!