Trailrunner im Interview: Stephan Hugenschmidt

Stephan Hugenschmidt als OK Mitglied des Madrisa Trail © madrisatrail.ch

Stephan Hugenschmidt ist der wohl beste deutsche Trailrunner aller Zeiten. Seit einigen Jahren hat sich der symphatische Salomon Athlet aus der aktiven Rennszene zurückgezogen und macht „sein Ding“ in den Schweizer Bergen. Der Wahl-Prättigauer hilft bei der Erstaustragung des Madrisa Trail vom 30. August 2020 und spricht von einer „wahren Perle des Trailrunning“.

Madrisa Trail: Was ist dein persönlicher Reiz, dass du dich für denMadrisa Trail engagierst?

Stephan Hugenschmidt: Das Prättigau ist meine Wahlheimat und ich bin überzeugt, dass wir hier grossartige Möglichkeiten für Trailrunning haben. Jetzt gibt es hier eine Veranstaltung, entsprechend unterstütze ich es mit Herz und Blut.

Du bist aus der Trailrunningszene und kennst jeden Meter der Strecke. Auf welche Highlights darf sich der Läufer freuen?

Sobald es von der österreichischen Seite wieder retour geht in Richtung St. Antönier Joch und der ganze Abschnitt bis zum Rätschenhorn und Saaser Calanda, das ist wirklich einmalig.

Inwiefern einmalig?

Man läuft relativ lange auf dem Grat, es herrscht ein wunderbares Panorama in die Schweiz und nach Österreich. Es ist technisch, aber nicht zu extrem. Der Läufer wird gefordert, auch weil er sich auf dem zweiten Streckenteil befindet und die Beine langsam müde werden.

Du hast gesagt, das Prättigau sei deine Wahlheimat. Warum hast du dich dafür entschieden?

Ich hatte zuvor in Uzwil gearbeitet und dachte mir, es wäre nicht schlecht, nicht jedes Mal ins Auto sitzen zu müssen, um in die Berge laufen zu gehen. Es wäre cool in den Bergen direkt zu wohnen. Darauf habe ich meine Fühler nach einem Job ausgestreckt und bin auf meinen aktuellen Arbeitgeber in Grüsch gestossen. So bin ich ins Prättigau gekommen. 

Was sind deine Erwartungen an die Premiere des Madrisa Trail?

Wir haben hier eine kurze und lange Strecke sowie eine herrliche Landschaft. Es ist ein knackiges, stimmiges Konzept. Ich freue mich darauf.

Du hast im Jahr 2018 nicht nur an der Swiss Trail Tour genommen, sondern diese auch gewonnen. Beim Madrisa Trail steht die gleiche Organisation dahinter, nur hast du jetzt die Seite vom Läufer zum Streckendesigner gewechselt. Was bringst du für Qualitäten mit?

Mein grösstes Plus ist, dass ich eine grosse Erfahrung als Wettkämpfer mitbringe. Man kriegt das Gespür dafür, was eine gute oder eine weniger gute Organisation ausmacht. Ich versuche auch miteinzubringen, was für den Läufer wichtig ist.

Mit welchem Ziel wirst du beim Madrisa Trail 2020 starten?

Ich sehe es nicht als mein sportliches Highlight, wo ich meine Höchstleistung erbringen will. Ich sehe mich eher als Botschafter für die Region und die Strecke, in welche meine Inputs eingeflossen sind. 

Geht es dir vor dem Start eines Wettkampfes um den Sieg oder darum, ein unvergessliches Erlebnis zu erleben?

Unbedingt letzteres. Ich würde mich nicht als Wettkämpfer bezeichnen. Ich laufe selten die gleichen Rennen, der Vergleich mit Zeiten aus vergangenen Jahren ist mir nicht wichtig. Ich möchte möglichst viele neue Trails entdecken.

Es dürfte Athleten geben, die sich den Sieg als Ziel setzen. Wo siehst du die Schlüsselstellen?

Die Strecke bis Schlappin ist eher einfach, da werden gute Läufer ihre Vorteile haben. Es besteht die Gefahr, dass man das Rennen zu schnell angeht und sich die Beine kaputt macht. Erst ab Gargellen geht es so richtig los mit langen Anstiegen. Dort dürfte der eine oder andere merken, dass er zu schnell gestartet ist. 

Bergabwärts laufen ist beim Trailrunning eine technische Angelegenheit. Kannst du da einige Tipps geben?

Die Perspektive hat sich etwas gewandelt. Gerade anfangs war man klassischer Läufer oder Bergläufer, bergab hatten die Leute Mühe. Sie hatten es nicht trainiert. Jetzt ist es aber Teil des Sportes und es wird als selbstverständlich angesehen. Das Niveau ist deutlich besser geworden. Das Wichtigste ist, dass man diese Abschnitte locker angeht und nicht als „Knie-kaputt-mach-Teil“ sieht.

Als klassischer Läufer aus dem Unterland möchte ich am Madrisa Trail teilnehmen. Was empfiehlst du mir?

Es bringt nichts, an der Grundschnelligkeit zu arbeiten. Lieber einmal am Wochenende einen längeren Trainingslauf in den Bergen machen und eben auch bergabwärts laufen. Das muss schon trainiert werden.

Im Hochgebirge ist das Wetter immer ein gewisser Faktor. Auf was muss bei Schlechtwetter geschaut werden?

In erster Linie darf auf den Veranstalter vertraut werden, dass er uns bei Schneefall nicht irgendwo durchschicken würde, was fahrlässig wäre. Sollte es kalt sein, dann lieber bei der Pflichtausrüstung etwas wärmere Jacken und Hosen mitnehmen und nicht nur die Minimalpackung. Die Verpflegung wird dazu wichtig, es muss ausreichend Enerige zu sich geführt werden, sonst droht plötzlich ein Hungerast auf 2000 m.ü.M.

Was sagst du einem Läufer, aber auch deinen Kollegen, damit du sie vom Madrisa Trail überzeugen kannst?

Wir haben eine sehr abwechslungsreiche Strecke, die auch Sinn macht. Wir haben absolute Highlights und mit dem Grenzübertritt nach Österreich zusätzlich etwas Einmaliges. Das Format ist von der Distanz und den Höhenmetern etwas, was man als erfahrener Trailläufer auch mal zwischendurch machen kann.

 

Interview: Simon von Allmen / Madrisa Trail