Trailrunner im Interview: Uta und Heini Albrecht

Uta und Heini Albrecht: PlanB Event Company © Uta Albrecht

Ohne sie gäbe es das Wort „Trailrunning“ bei uns wohl noch gar nicht und wir würden sie fast als „Urväter“ (und Mütter) deutschsprachiger Events in diesem Bereich bezeichnen. Der Zugspitz Ultratrail, die 4 Trails, die Trails 4 Germany und natürlich der Transalpine Run (TAR) sind nur ein paar Veranstaltungen die uns Läufer seit Jahren begleiten und ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Hinter all diesen Events stehen die Veranstalter Uta und Heinrich Albrecht mit ihrer Eventagentur PLAN B aus München. Christian Mayer bat die Beiden in dieser – für Events besonders schweren Zeit – zum Interview:

Trailrunner im Interview: Uta und Heini Albrecht

Christian: Ich habe Euch das letzte Mal am 05.09.2019 in einer Tennishalle in Sulden am Ortler gesehen. Das war nicht irgendeine Tennishalle, sondern das Ziel am Ende einer langen Reise über den Alpenhauptkamm. Nach einer anstrengenden Woche mit knapp 280 km und 17.000 HM hatte ich Freudentränen in den Augen und war überglücklich gemeinsam mit Euch, Eurem Team und der großen Läufergemeinschaft diesen Moment zu feiern. Dieser Traum sollte für mich in diesem Jahr auf der Ostroute ebenfalls in Erfüllung gehen. Doch es kam anders als erwartet und ab März war es als würde die Welt aufhören sich zu drehen. Ein kleiner fieser Virus zwang uns in den Lockdown und beendete für viele Menschen die kleinen und die größeren Träume. Unter anderem traf es die Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe und natürlich auch die Event- Agenturen, denen von heute auf morgen alle Aufträge wegbrachen. Wie habt Ihr den Beginn dieses Stillstands erlebt? Habt Ihr damals schon gespürt, dass uns diese Problematik für eine sehr lange Zeit begleiten wird?

Uta/Heinrich: Ehrlich gesagt waren wir am Anfang noch optimistisch, dass die meisten unserer Veranstaltungen doch noch stattfinden können. Wir haben erst nach und nach für uns akzeptiert, dass das Eventjahr 2020 wohl ausfallen wird. Und ja, heute ist allen klar, dass uns Covid-19 noch lange verfolgen wird. Ohne einen Impfstoff ist unsere Branche wohl noch sehr lange extrem betroffen!

Christian: Nach über vier Monaten hat sich die Lage mittlerweile etwas beruhigt. Trotzdem ist es immer noch so, dass die meisten Veranstaltungen entweder komplett abgesagt, oder aber auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden. Kleinere Veranstalter versuchen trotz aller Schwierigkeiten zumindest ein paar kleinere Läufe durchzuführen. Gerade die notwendigen Schutz- und Hygienekonzepte stellen die Veranstalter vor große Herausforderungen. Dies beginnt bereits beim Start und endet am Ziel und im Eventbereich. Was sind die größten Schwierigkeiten diese Vorgaben zu erfüllen?

Uta/Heinrich: Wir werden uns jetzt in den nächsten Wochen die stattfindenden Events sehr genau anschauen, wie die Hygienekonzepte umzusetzen sind. Ich sehe das Problem nicht unbedingt in der Umsetzung dieser Maßnahmen, fast alle unsere Teilnehmer sind vernünftig und loyal und beachten die Regeln. Aber unsere Trailrunning-Veranstaltungen leben von der Community, vom gemeinsamen Erleben, von gegenseitiger Hilfe, vom Bierchen im Zielbereich, usw.! Dieses Erlebnis geht verloren und das ist so schade für die Teilnehmer. Und noch etwas sehe ich problematisch: die Verpflegung der Läufer! Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, das Müllaufkommen gerade an den Verpflegungsstellen extrem zu reduzieren. Und nun müssten wir eigentlich alles wieder verpacken? Wir suchen hier nach kreativen Lösungen!

Christian: Ich persönlich stelle mir auch die Verschiebung eines Laufes als sehr schwierig vor, da die gesamte Logistik an bestimmte Vorlaufzeiten gebunden ist und es keine Garantie dafür gibt, dass dieser Event aufgrund plötzlich steigender Fallzahlen am Ende nicht doch abgesagt werden muss. Habt Ihr an eine Verschiebung eines Eurer Top- Veranstaltungen (ZUT, 4 Trails) gedacht, oder kam das für Euch von Anfang an nicht in Frage?

Uta/Heinrich: Leider muss ich sagen, dass auch wir erst einmal den ZUT und die 4 Trails verschoben haben. Im Nachhinein ärgere ich mich über uns selbst, dass wir das gemacht haben. Du verursachst nur Probleme für alle: für die Teilnehmer, die Hotels und Urlaube umplanen müssen, für die Orte, für die Behörden, für andere Veranstalter, die auf diesem neuen Termin schon immer gewesen sind. Und dann musst Du doch absagen. Hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer, aber mit einer klaren Absage, so schwer einem das auch fällt, ist allen geholfen, auch uns selber: Man braucht nicht mehr zu Hoffen und zu Bangen und kann sich dann voll auf das nächste Jahr konzentrieren. Und beim TAR stand eine Verschiebung ohnehin nie zur Debatte. 8 Orte in 3 Ländern verschiebst Du nicht so einfach!

Christian: Der Starkenberger Homerun, der neue DYNAFIT Trail Run3 und der Womenstrail in Zell am See finden nach den aktuellen Planungen statt. Könntet Ihr uns schon einen kurzen Einblick dazu geben, welche Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden müssen und wie ein Covid-19 konformer Event voraussichtlich aussehen wird?

Uta/Heinrich: Grob zusammengefasst sind die Regeln eigentlich überschaubar: Teilnehmerlimits, Mundschutz und Handschuhe  im Start-/Zielbereich und an den V-Stellen, dort genügend Desinfektionsmittel-Spender, Abstandsgebot, keine Nachmeldungen, Einzel- oder Gruppenstarts, keine Duschen! Das große Problem, so komisch sich das anhört, sind die „Zuschauer“. Wir sind wahrscheinlich alle nicht in der Lage, Zuschauer zu registrieren und zu kontrollieren. Wie soll das gehen Outdoor?

Christian: Wie ist Euer Blick in die Zukunft? Mit welchem Gefühl geht Ihr in die Planungen 2021? Ketzerisch gefragt, die Maske wird vermutlich in die Pflichtausrüstung aufgenommen werden, oder?

Uta/Heinrich: Wir sind immer optimistisch und gehen heute voller Vorfreude an die Organisation unserer Veranstaltungen in 2021. Es besteht ja heute durchaus eine berechtigte Hoffnung auf einen Impfschutz bis Anfang nächsten Jahres. Aber auch das wirft dann wieder, das sieht man ja täglich, andere Fragen auf, da sich viele Leute einfach nicht impfen lassen möchten. Man löst also vielleicht ein Problem, gleichzeitig aber taucht dadurch ein neues auf! Aber jedenfalls können wir uns jetzt ein paar Monate darauf vorbereiten! Und ja, vielleicht gehört ein Mundschutz in Zukunft zur Pflichtausrüstung. Gerade an V-Stellen (wie z.B. auch an einem Frühstücksbuffet) ist das eigentlich auch gar nicht so verkehrt!

Christian: Nun kommen wir mal zu den schöneren Fragen, bzw. zu den Zeiten vor Corona. Seit dem ich persönlich an Trailrunning denke, gibt es PLAN B. Wann habt Ihr mit der Organisation dieser Events begonnen und was war der Auslöser für diesen Schritt? 

Uta/Heinrich: Bevor wir 2005 mit Trailrunning angefangen haben, haben wir über 20 Jahre Mountainbiking-Events organisiert. Wir haben dann einen PLAN B gebraucht und uns gefragt, wo wir unsere Kernkompetenzen (logistisch und organisatorisch anspruchsvolle Mehrtagesevents in den Alpen) einbringen können und sind dann sehr schnell auf das Trailrunning gekommen.

Christian: Der Alpen X 100 war und ist von der Konzeption her ein absolut faszinierender Lauf. Leider spielte im Premierenjahr 2016 das Wetter überhaupt nicht mit und demensprechend niedrig fielen auch die Finisher Zahlen aus. In der darauffolgenden Saison wurde auf diesen Lauf zum Bedauern einiger Langstreckenläufer komplett verzichtet. Was waren die Gründe dafür?

Uta/Heinrich: Beim Thema Alpen X 100 kommen einem auch heute noch fast die Tränen! Das war das Beste was wir bis jetzt gemacht haben! Aber leider mussten wir feststellen, dass dieser Event für uns nicht zu finanzieren war. Wir hatten mit Salomon einen wirklich starken Partner, aber die Kosten sind dermaßen hoch und in den Anfangsjahren auch nicht mal annähernd über Teilnehmer zu decken, dass wir das leider nicht mehr wiederholen konnten. Ich bin nach wie vor überzeugt, dass der Alpen X 100 heute ein Renner wäre, aber der Weg dahin war für uns nicht finanzierbar!

Christian: Viele Läufer die mit dem Gedanken „UTMB“ spielten wurden 2016 enttäuscht, als diese für PLAN B Events keine Quali-Punkte mehr bekommen haben. In der Szene machten daraufhin viele unterschiedliche Gerüchte die Runde. Unter anderem wurde damals erwähnt, dass es zwischen den UTMB-Organisatoren und PLAN B zu Meinungsverschiedenheiten wegen dem Begriff „Ultra Trail“ gekommen war, der mittlerweile geschützt wurde. Könntet Ihr uns über die Hintergründe mehr erzählen?

Uta/Heinrich: Tatsächlich haben sich die UTMB-Veranstalter den Begriff Ultratrail schützen lassen. Ich habe mich immer schon gefragt, wie das ging, da beschreibende Begriffe nicht eingetragen werden können. Um im UTMB-Punktesystem zu sein, hätten wir anerkennen müssen, dass sie unseren Event-Namen Zugspitz Ultratrail nur dulden und jederzeit eine Umbenennung fordern können! Das haben wir nie unterschrieben und als sie dann auf eine Unterschrift bestanden haben, sind wir aus dem System ausgestiegen. Unabhängig davon können wir und alle anderen Trailrunning-Veranstalter froh sein, dass es den UTMB gibt, eine Leuchtturmveranstaltung!

Christian: Der TAR , ist eines der bekanntesten und zugleich anspruchsvollsten Etappenrennen der Welt. Die Leistung die die Läufer während dieser sieben, bzw. acht Etappen erbringen sind außergewöhnlich. Aber erst die Organisation und die dahinter stehende Logistik macht das Abenteuer Alpenüberquerung erst möglich. Damit wir zumindest einen kleinen Einblick davon bekommen, welcher Aufwand hinter diesem Event steht, könntet Ihr uns ein paar Zahlen (Obst, Getränke, LKW`s, Essen) darüber verraten?

Uta/Heinrich: s. map anbei J das sind 15 Jahre! J

Christian: Als Selbstständige seid Ihr vermutlich 24/7 für die Agentur da. Wie gestaltet Ihr Eure knapp bemessene Freizeit? Womit kann man Euch die größte Freude machen? Was bringt Euch ein Lächeln ins Gesicht?

Uta/Heinrich: In erster Linie natürlich unsere Tochter Louisa und selbstverständlich Oskar, unser treuer Hund! Aber tatsächlich, und das ist keine PLAN B-Story, unsere Teilnehmer, wenn sie einen Lauf geschafft haben! Und gerade bei den langen Läufen und ganz speziell beim Transalpine Run hat man nicht nur ein Lächeln im Gesicht, sondern ganz oft Tränen der Rührung und des Glücks, das man mit den Teilnehmern empfindet! Bei diesen Gelegenheiten ist nichts Falsches oder Aufgesetztes, das ist reine und ehrliche und positive Emotion! Danke unseren treuen Teilnehmern für diese Momente! Über die Jahre entwickeln sich Freundschaften und auch gerade in dieser für uns alle seltsamen Zeit haben wir sooo viele tolle Reaktionen von unseren Teilnehmern bekommen, DAS macht es aus!

Christian: Vielen, vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit für dieses Interview genommen habt und ich Euch mit meinen Fragen löchern durfte. Ich wünsche Euch wirklich von ganzen Herzen, dass Ihr mit Plan B möglichst unbeschadet durch diese Krise kommt und ich freue mich schon jetzt darauf, bei einem Eurer Events Euch im Zielbereich zu sehen. Uta und Heinrich, bleibt gesund und viele Grüße an das ganze Organisationsteam!

2 Kommentare

  1. Friedel Liberti

    Hallo Heinrich,

    ich habe Euren Podcast „Der Trailtalk mit Dynafit“ auf der TAR Seite gehört.
    Eure Einstellung zu uns Hobbyläufern hat mich zutiefst gerührt. Ich bin 79 Jahre alt und konnte letztes Jahr den TAR nicht laufen. Ich bereite mich nun seit einem Jahr intensiv auf den TAR2021 vor. Ich bin voll berufstätig und muss meine Trainingszeiten mit meinem Berufsalltag in Einklang bringen. Und dann habe ich eigentlich immer den TAR im Kopf. Das alles hat natürlich auch soziale Auswirkungen. Familie und Freunde „trainieren“ eigentlich immer mit. Eure (unsere) Veranstaltung ist gerade für uns Hobbyläufer viel mehr als ein sportlicher Wettkampf. Nach dem Potcast fühle ich mich mit Euch als Veranstalter innerlich verbunden. So gesehen kann nichts schieflaufen.. und selbst Corona werden wir gemeinsam überstehen.

    Friedel Liberti

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    1. Markus Mingo

      Lieber Friedel, 
      danke für den netten Kommentar! Ich werde das an Heini weiterleiten – das freut ihn bestimmt!

      Lieben Gruß & alles Gute für den TAR2021 – vielleicht sehen wir uns ja an der Startlinie…

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