Die Anmeldetage zum Zugspitz Ultra Trail 2026 waren die erste große Bewährungsprobe unter neuer Verantwortung – ein Meilenstein nach dem Einstieg in die UTMB World Series (zum Artikel). Statt eines reibungslosen Auftakts hinterließen sie allerdings vor allem eines: enttäuschte Stammkunden, überlastete Server, Preissprünge während des Anmeldeprozesses und jede Menge Unmut in der Community. Die Stimmen der Kritiker, die seit Tagen vor einer „Übernahme durch die Heuschrecken“ warnten, klingen plötzlich nicht mehr hysterisch, sondern erschreckend treffsicher.
Der große Anspruch – und der harte Aufprall
Der ZUT, lange das familiäre Herzstück der deutschen Trailrunning-Szene, trat mit dem Wechsel zur Ironman Group und in die UTMB World Series auf eine größere Bühne. Die Erwartungen waren enorm: mehr Professionalität, mehr internationale Sichtbarkeit – und gleichzeitig der Erhalt der gewohnten Herzlichkeit und Identität. Letzte Woche haben Tobias Gerber und ich bereits versucht die Pros und Cons in folgendem Artikel herauszustellen:
Das Team rund um den ZUT setzte auf Kommunikation, Transparenz und Verständnis: Jürgen Kurapkat war in gefühlt jedem deutschsprachigen Podcast zu Gast, beantwortete geduldig wieder und wieder die gleichen Fragen und bestätigte viele der Hoffnungen und Annahmen aus der Community. Das Social-Media-Team machte einen überragenden Job, vermittelte Ruhe und Nähe und ging auf die „Bauchschmerzen“ der #ZUTFamily verständnisvoll und stets deeskalierend ein.
Doch all diese Bemühungen stießen in den vergangenen Tagen auf eine nüchterne Realität: überlastete Prozesse, hoher Andrang, technische Grenzen und Unzufriedenheit bei vielen Läuferinnen und Läufern.
Was ist konkret passiert?
1. Überlastete Server
Schon kurz nach dem Start der Anmeldung gab es vermehrt Berichte über nicht ladende Seiten, Warteschleifen und abgebrochene Prozesse. Viele, die gut vorbereitet waren und pünktlich klicken wollten, sahen sich plötzlich mit Fehlermeldungen konfrontiert. Für etliche endete der Versuch frustriert – oder ohne Startplatz.
2. Preissteigerungen während des Anmeldevorgangs
Ein Vorgang, der an intransparente Ticketlogiken erinnert, aber im Trailrunning bislang unbekannt war. Während des laufenden Registrierungsprozesses zogen die Preise an, sobald das nächste – zuvor nicht kommunizierte – Kontingent erreicht wurde.
Statt fester „Early-Bird“- oder „Regular“-Phasen stiegen die Gebühren in Echtzeit, sichtbar von einem Klick zum nächsten. Selbst UTMB-erprobte Athleten reagierten entsetzt: In einer Szene, in der Preisstufen klar definiert und zeitlich fixiert sind, fühlten sich viele wie in einem Live-Bietverfahren, bei dem sie nicht einmal die Regeln kannten.
3. Stammkunden stehen draußen
Besonders schmerzlich: Zahlreiche langjährige Teilnehmer, die den ZUT über viele Jahre mitgetragen und geprägt haben, gingen leer aus. Obwohl sie alle Fristen einhielten und pünktlich vor dem Rechner saßen, scheiterten sie an technischen Hürden oder am schnellen Ausverkauf der Plätze. Für viele fühlte sich das wie ein Bruch mit jener Community an, auf deren Loyalität der ZUT gewachsen ist.
Bestätigung für die Schwarzmaler?
Die Bedenken der letzten Wochen – mögliche Kommerzialisierung, Verlust des familiären Charakters, neue Preislogiken, veränderte Prioritäten – wurden häufig als übertrieben abgetan. Nun wirken sie nicht mehr wie Schwarzmalerei, sondern wie realistische Einschätzungen einer sich stark verändernden Eventstruktur. Wichtig ist dabei: Diese Sorgen entstehen nicht aus Nostalgie oder Widerstand gegen Neues, sondern aus den konkreten Erlebnissen der vergangenen 48 Stunden.
„Kann doch mal passieren“ – oder systemisches Problem?
Natürlich muss man fair bleiben: Ein Event mit wachsender internationaler Aufmerksamkeit lockt mehr Menschen an – und mehr Menschen erzeugen mehr Druck auf Systeme. Fehler passieren, und der Übergang in neue Strukturen ist nie vollkommen reibungslos. Doch gleichzeitig deutet vieles darauf hin, dass hier nicht nur ein einmaliges Versehen, sondern ein grundlegender Spannungsbereich sichtbar wurde: Ein Modell, das auf Skalierung, Reichweite und maximales Wachstum ausgerichtet ist, trifft auf eine Szene, die Identität, Nähe und Verlässlichkeit schätzt. Dieser Konflikt ist nicht unlösbar – aber er erfordert Bewusstsein und Sensibilität.
Was bleibt?
Der ZUT ist großartig. Der ZUT ist beliebt. Der ZUT hat enorme Strahlkraft. Der überwältigende Ansturm zeigt das sehr deutlich – und macht gleichzeitig klar, wie wichtig es ist, dass die Strukturen hinter diesem Event mitwachsen. Viele, die seit Jahren eng mit dem ZUT verbunden sind, fühlten sich diesmal jedoch zum ersten Mal an den Rand gedrängt. Und genau hier liegt die große Aufgabe der kommenden Monate: Kann das Vertrauen wiederhergestellt werden? Kann die Balance zwischen globalem Anspruch und familiärer Identität gelingen?
Die Antworten darauf werden nicht nur das ZUT-Jahr 2026 prägen – sondern die Zukunft dieses Events als Veranstaltung mit Seele, nicht nur als weiterer Termin im UTMB-Kalender.