Engadin Ultra Trail 2025 – Bine im siebten Siegeshimmel - xc-run.de Trailrunning

Engadin Ultra Trail 2025 – Bine im siebten Siegeshimmel

Mit starken Rückenschmerzen kurz vor dem Start stand Bine Wurmsam vor einer ungewissen Herausforderung. Doch die xc-run.de-Athletin biss sich durch – und lief ein beeindruckendes Rennen durch die hochalpine Traumkulisse des Engadins. Am Ende triumphierte sie als schnellste Frau mit über einer Stunde Vorsprung. Ein Bericht über Schmerz, Willenskraft und einen unvergesslichen Sieg.

„Ich kann es immer noch nicht fassen, was da am Samstag passiert ist…“

Ein Rennen mit Hindernissen – schon vor dem Start

Vergangenes Wochenende wagte sich unsere xc-run.de Athletin Bine an den Start des Engadin Ultra Trail. 102 km – 5.677 Höhenmeter – insgesamt sieben Anstiege: So lauten die Eckdaten dieses spektakulären Laufs. Lest hier, wie es Bine auf ihrer Reise durch das wunderschöne Engadin ergangen ist.

Am Donnerstagmorgen, etwas mehr als einen Tag vor dem Start, bekam ich – mal wieder – extreme Rückenprobleme. Jeder Atemzug fühlte sich wie ein Messerstich an, rechts am oberen Rücken und auch vorne in der Brust. „Scheiße“, dachte ich, denn ich wusste aus der Vergangenheit: Mit intensiver Blackroll-Behandlung und Physio brauche ich mindestens zwei bis drei Tage, um das Problem in den Griff zu bekommen. Diese Zeit hatte ich nun nicht.

Mein letzter kleiner Abschlusslauf am Donnerstag war ernüchternd. Das Stechen wurde immer schlimmer. Am nächsten Tag über 100 km zu laufen – in diesem Moment undenkbar. Aber so leicht gab ich mich nicht geschlagen. Mein Wille, bei diesem Lauf an den Start zu gehen und zu finishen, war enorm. Mit exzessiver Dauerbehandlung durch Blackroll, Yoga und gezielte Übungen versuchte ich alles, um die Schmerzen zu lindern.

Der Start in eine lange Nacht

Und so stand ich am Freitagabend um 23 Uhr an der Startlinie – in der Hoffnung, dass sich meine Mühen gelohnt hatten. Der Startschuss fiel, und wir liefen in eine wunderschöne, klare Nacht hinein. Bereits zu Beginn konnte ich mich als führende Frau absetzen. Doch schon nach den ersten Schritten kam das Stechen in Brust und Rücken zurück.

„Reiß dich zusammen, mach einfach weiter – vielleicht wird’s im Laufe des Rennens besser“,

sagte ich mir. Ich versuchte, die negativen Gedanken zu verdrängen und mich auf das Rennen zu konzentrieren – und siehe da: Es wurde zunehmend besser.

Erste Anstiege, klare Nacht, gute Beine

Gleich auf den ersten acht Kilometern warteten über 800 Höhenmeter auf uns. Meine Beine fühlten sich gut an, und im Nu war ich oben. Nach einem langen Downhill mit VP1 und einem weiteren kleineren Auf- und Abstieg folgte der steilste Anstieg des Rennens: fast 1.100 Höhenmeter auf rund sechs Kilometern. Leider war es stockfinster, und die spektakuläre Umgebung auf über 2.800 Metern Höhe ließ sich nur erahnen.

Unter klarem Sternenhimmel und Mondschein liefen wir durch hochalpines Gelände. Ich genoss die Nacht und war glücklich, dass es mir zu diesem Zeitpunkt wirklich gut ging. Noch immer lag ich in Führung, wusste aber nicht, wie weit die zweite Frau zurücklag. Um mich herum waren nur drei Stirnlampen anderer Läufer zu sehen – ansonsten herrschte absolute Dunkelheit.

Konzentration im Downhill – und ein wachsender Vorsprung

Der folgende Downhill hatte es in sich: steil, technisch, und das nur im Licht der Stirnlampe. Absolute Konzentration war gefragt. Bei VP4 (km 41) erfuhr ich, dass meine Verfolgerin zu diesem Zeitpunkt über 20 Minuten Rückstand hatte – ein Abstand, den ich im weiteren Verlauf des Rennens noch deutlich ausbauen konnte.

Endlich wurde es hell – und ich konnte die atemberaubende Umgebung aufsaugen und genießen. Um uns herum zahlreiche 3.000er und 4.000er, soweit das Auge reichte. Ich war begeistert und wusste: Hier war ich nicht zum letzten Mal.

Härteprüfung mit Aussicht

Mit jedem Schritt wurde das Rennen härter. Nach der Hälfte hatte ich bereits rund 3.000 Höhenmeter in den Beinen, und es folgten noch drei weitere, richtig harte Anstiege. Der vorletzte Aufstieg bei Kilometer 65 brachte uns mit über 900 Höhenmetern nochmal auf fast 2.600 Meter Höhe. Zwar war ich langsamer unterwegs, fühlte mich aber immer noch gut.

Nach 75 km wartete ein ewig langer Downhill – eine echte Tortur für meine Beine. Und ich wusste: Nach 89 km kommt noch ein letzter, ziemlich fieser Anstieg mit über 750 Höhenmetern. Der war der absolute Overkill. Mit letzten Kräften schleppte ich mich Meter für Meter nach oben, mit dem Wissen, dass danach noch 8 km Downhill auf mich warteten – die meinen Beinen den endgültigen Rest geben würden.

Im Ziel – und überglücklich

Nur noch langsam kam ich voran. Aber egal – das Ziel war zum Greifen nah, und der Sieg war mir sicher. Ich war vom ersten bis zum letzten Schritt in Führung und realisierte erst jetzt so richtig: Ich würde als schnellste Frau beim EUT 2025 über 102 km ins Ziel einlaufen.

Nach 15 Stunden und 34 Minuten, 103,3 km und 5.766 Höhenmetern (laut meiner Uhr) überquerte ich in Samedan die Ziellinie – und konnte es kaum fassen. Ich ließ meinen Freudentränen freien Lauf. Zahlreiche Gratulanten kamen auf mich zu. Ich erfuhr, dass ich meinen Vorsprung auf die Zweitplatzierte auf über eine Stunde, auf die Drittplatzierte sogar auf über vier Stunden ausgebaut hatte. Was für ein unvergessliches Rennen!

Fazit: Ein Lauf, den man nie vergisst

Der EUT ist absolut zu empfehlen! Landschaftlich ein Traum, und mit den vier verschiedenen Distanzen (16 km, 23 km, 53 km und 102 km) ist für jede und jeden etwas dabei. Wer den 100er laufen möchte, muss sich definitiv auf eine harte Nummer einstellen. Die sieben Anstiege haben es in sich – man braucht Kraft und Körner bis zum letzten Meter.

Eine wirklich tolle und liebevoll organisierte Veranstaltung. Beide Daumen hoch für den Engadin Ultra Trail!

Die offizielle Pressemeldung mit allen Ergebnissen

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