Highlands, Heide, Dudelsack: Trailrunning in Schottland

Weder bin ich ein großer Whiskey-Fan, noch mag ich schlechtes Wetter im Sommer. Für Trailrunner aber ist Schottland ein riesengroßer Abenteuerspielplatz und immer eine Reise wert!

Dass ein guter Trail in Schottland nie weiter als einen Steinwurf entfernt ist, lernten wir gleich nach unserer Ankunft in Edinburgh. Von unserem Hotel in der historischen Altstadt aus liefen wir keine fünf Minuten, bevor wir den Stadtrand erreicht hatten und vor grünen, sanft geschwungenen Hügeln standen. Mit einem Mal befanden wir uns inmitten wunderschöner Natur und hatten mit dem Arthur’s Seat – dem 251 Meter hohen Hausberg der schottischen Hauptstadt – auch gleich unser erstes Ziel vor Augen. Belohnt wurden wir mit einem Panoramablick über Edinburgh und im Westen hinaus bis zur Nordsee. Nicht schlecht für eine kurze Feierabendrunde!

Ab in die Highlands

Am nächsten Tag ging es dann weiter in die Highlands und in Richtung des sagenumwobenen Loch Ness. Dort interessierten wir uns weniger für Seeungeheuer als für die alljährlich stattfindenden Glenurquhart Highland Games, bei denen starke Männer in kurzen Röcken alljährlich ihre Kräfte in Disziplinen wie Baumstammwurf („Tossing the caber“) oder Stein-Weitwurf („Putting the stone“) messen. Erst in letzter Minute erfuhren wir, dass zu diesem ur-schottischen Spektakel auch ein Geländelauf („Hill Race“) gehörte, der obendrein auch noch offen für jedermann war. Das Startgeld war nach Auskunft des „Secretary Tent“ bereits im Eintritt zu den Spielen enthalten gewesen und so gab es eigentlich keine Ausrede, nicht an der wilden Hatz über 3 Meilen mit 250 Höhenmetern teilzunehmen. Kurz darauf prangte ein gelbes Schild mit der Nummer 87 auf meiner Brust und wenige Minuten später sprintete ich mit einer Horde hinaus aus dem Wettkampfgelände in Richtung umliegender Hügel. Eine knappe halbe Stunde später lief ich als Gesamtsiebter wieder ein und war als deutscher Highlander ohne Rock im Grunde recht stolz darauf.

Cairngorm National Park

Für die folgenden Tage bezogen wir Quartier in Aviemore, Outdoor-Mekka im Cairngorm National Park. Da das Bergewetter anfangs nicht viel hergab, absolvierten wir unseren ersten Lauf auf einem der großen, schottischen Weitwanderwege – dem East Highland Way. Dessen letzte Etappe von Aviemore nach Kincraig führte uns durch eine Traumlandschaft aus Pinienwäldern und Hochmooren  und über endlose, sanft rollende Trails. Gerade bei schlechtem Wetter sind diese Weitwanderwege goldwert und ideale Laufstrecken.

Am nächsten Tag war es dann dennoch Zeit für unseren ersten Highland-Gipfel, den Bynack More (1090m). In Schottland heißen alle Berge, die höher als 3000 ft (914,4 m) sind „Munroe“ – benannt nach Sir Hugh Munro, der diese im Jahre 1891 erstmals katalogisiert hat. Insgesamt gibt es in Schottland 282 dieser Erhebungen und „Munro-Bagging“, bei dem es um das Besteigen möglichst vieler Munros in möglichst kurzer Zeit geht, ist eine Art schottischer Volkssport.

Um zumindest noch zwei dieser Munroes einzusammeln, hatten wir uns für den Folgetag einen echten Klassiker in den Highlands vorgenommen. Unser erstes Ziel war der 1309 Meter hohe Ben Macdui – nach dem Ben Nevis der zweithöchste Berg Schottlands und damit auch Großbritanniens. Auf dem Rückweg wollten wir dann noch den Cairn Gorm (1245m) überqueren und die Runde damit komplett machen. Die Highlands jedenfalls präsentierten sich an diesem Tag noch einmal in ihrer ganzen Pracht. Wir starteten bei strahlendem Sonnenschein und bibberten kurz darauf im eisigen Wind. Nachdem eine kurze Schauer über uns hinweg gezogen war, erreichten wir dann im Sonnenschein wieder den Parkplatz, an dessen Rand gerade eine Horde Rentiere graste.

Alles in allem war die Reise nach Schottland damit jedes britische Pfund wert gewesen und die Highlands bieten wirklich alles, was das Trailrunner-Herz begehrt. Wind und Wetter sollte man dabei keinesfalls unterschätzen und unbedingt guten Kälte- und Nässeschutz im Gepäck haben. Wer die Touren darüber hinaus gut vorbereitet und entsprechende GPS-Tracks auf der Uhr hat (markierte Wege sind in den Highlands eher Mangelware), dem wird in Schottland definitiv nicht langweilig!

Text & Bilder: Christian Hofmann