Laufreport: Goldsteig Solo – 100k als Selbstversorger

Florian Kaltenecker auf seinen 100 Kilomtern beim "Goldsteig Ost Solo" © Florian Kaltenecker

Florian Kaltenecker ist ambitionierter Trailrunner, der auch an Wettkämpfen teilnimmt. Über die magische Distanz von 100 Kilometern hatte er sich bisher noch nicht gewagt, wollte dieses Projekt aber unbedingt in sein Laufjahr 2021 integrieren. Wie man einen 100er in Eigenregie meistert, welche Ausrüstung man dazu braucht und wer ihn über die letzten Kilometer seines Abenteuers gebracht hat erzählt Florian in seiner Laufreportage:

 

Abenteuer Goldsteig Süd Solo

Die Idee den Goldsteig zu laufen ist mir im Winter 2020 gekommen. Wettkämpfe sind damals in weiter Ferne gerutscht. Aber wie plant man solch eine Distanz und kann man so eine Distanz als normaler Läufer überhaupt schaffen?

Die Route habe ich in 4 Versorgungspunkte geteilt:

  1. Lallling
  2. Zenting
  3. Schrottenbaummühle
  4. Fischhaus

Etappe 1 Grandsberg zum Landshuter Haus und dann nach Lalling

Etappe 17 21.6 Kilometer 940 HM und Etappe 18 15.5 Kilometer und 100 HM

Los ging es um 5 Uhr in Grandsberg. Und da ging es schon mal richtig super los. Nebel (Sicht unter 5 Meter) leichter Regen und diese Kälte die jede Fase deines Körpers erfasst.  Am Rauher Kulm wird die Sicht noch schlechter und ich hätte beinahe wieder die Route verloren.  Ab Kalteck war meine Motivation schon am Ende, aber nach Lalling musst ich irgendwie kommen. Also weiter und einfach nicht denken, sondern nur laufen. Ab Wühnried wurde das Wetter dann besser und meine Stimmung auch. Die Strecke Richtung Landshuter Haus ist eine Kopf-Strecke. Fast nur Forstwege und immer gerade aus. Am Landshuter Haus angekommen, wieder das gleiche Bild wie in Grandsberg. Nebelsuppe und kalter Wind. Also nix mit kurzer Pause. Kurz umgezogen und bis zum Moorweg was gegessen. Leckeres Bananenbrot und 2 Gels. Ab da ginge es dann bis Lallingen nur noch Bergab. Die ersten Höhenmeter waren somit auch geschafft. In Lalling war dann endlich meine erste VP und meine Frau mit Wechselkleidung und Essen. Bei dieser VP war meine Motivation eigentlich schon am Tiefpunkt angelangt. Und genau da braucht man einen Menschen, der Dich nach vorne Puscht. Und dich mit einem Tritt aus dem Auto wirft und sagt: „Des ziehst du jetzt durch bis Passau.“

Etappe 2 Lalling nach Zenting

Etappe 19 17.6 Kilometer und 760 HM

Florian Kaltenecker auf seinen 100 Kilomtern beim "Goldsteig Ost Solo" © Florian Kaltenecker

Der zweite Abschnitt, war ein Abschnitt auf den ich mich sehr gefreut hab, letzter langer Anstieg zum Brotjacklriegel und dann runter nach Zenting und dann war das gröbste geschafft. Also ging es wieder los mit trockenen Klamotten und einer Packung Motivation von meiner Frau. Nächster markanter Punkt war dann das Goldgräber Dorf Hunding. Dann noch ein paar Forststraßen und ein böser Anstieg auf der Straße nach Langfurth. Dort habe ich noch einen kurzen Stopp in einem kleinen Lebensmittel Laden gemacht. Ich habe einfach was für den Kopf gebraucht. Ein Spezi und ein Fanta. Nachdem kleinen Stopp, ging es dann rauf zum Brotjacklriegel. Oben angekommen, wieder Nebel. Also nix wie weiter und runter Richtung Zenting.  Alle großen Anstiege geschafft. Ab da zieht sich aber die Strecke bis nach Zenting. Ich habe gedacht, ich komme da nie an. Endlich in Zenting angekommen, zweiter VP. Und dieses Mal mit einem Lächeln im Gesicht.

Etappe 3 Zenting nach Schrottenbaummühle

Etappe 20 21,7 Kilometer und 370 HM

Dieser Strecken abschnitt ist auch eine Augenweide. Erster Teil an der Ilz entlang und man kommt an wunderschöne Mühlen vorbei und der Trail Anteil ist da auch höher. Nicht das, das heißen soll das die anderen Teile nicht schön sind, ab da ist die Welt verträumter. Also auf ging es mit einer Streckenlänge von ca. 21,7 Kilometer. Kurz nach der Abzweigung Thurmansbang Richtung Saldenburg der zweite Durchhänger. Im Wald mal wieder die falsche Kreuzung genommen. Zum Glück hatte ich immer meine Komoot Karte Online auf meinem Handy. Und bei dieser Aktion, einen kurzen Blick auf meine WhatsApp Nachrichten gemacht. Erste Nachricht von meiner Tochter. „Auf geht’s, du schaffst das. Hopp Hopp! Zweite Nachricht von Konrad Kufner. Der Einzige, der gewusst hat, dass ich den Lauf an den Tag durchziehe. Mit der Nachricht. „Alles klar bei dir, wo bist du jetzt. Schlechtes Timing für so eine Nachricht. Deshalb war meine Antwort auch kurz und knapp: „Schlecht und bei Thurmansbang.“ Ich bin dann noch ein paar Meter gegangen und dann wieder Vollgas. Immer weiter. Ab Saldenburg lief es dann wieder und dann kam ja der Ilz Abschnitt, auf den ich mich so gefreut hatte. Wunderschön, das Wasser die bunten Bäume. Einfach ein Traum. Kurz vor Schrottenbaummühle waren dann die 70 Kilometer auch fix auf der Uhr. Und somit der 3 VP erreicht. Bei dieser Pause ging es sehr schnell mit dem Aufladen und Wechseln der Laufkleidung. Wollte nur weiter.

Etappe 4 Schrottenbaummühle nach Fischhaus

Etappe 21 12,4 Kilometer und 120 HM

Bei Kilometer 75. Also mehr als ich bis dato je gelaufen bin, ist mir dann ein MTB Fahrer entgegengekommen. Es war, wie solch ich das jetzt sagen, so ein AHA Effekt. Da Konrad ist mir entgegen geradelt. Da Wahnsinn. Ich habe dann von ihm ein Cola bekommen und dann hat er einfach so gesagt: „Gell ich begleite Dich jetzt bis Passau und das erst was wir jetzt dann vorne bei der Brücke machen, wir wechseln die Uferseite. Da ist es schöner zu laufen. Da war ich dann bei Kilometer 80. Und ab da war es wie in einer anderen Welt zu laufen. Vor allem hat mich Konrad so von dem Laufen abgelenkt, das wir ratz fatz in Fischhaus waren.

Etappe 5 Fischhaus nach Passau

Florian Kaltenecker auf seinen 100 Kilomtern beim "Goldsteig Ost Solo" © Florian Kaltenecker

Etappe 22 12,6 Kilometer und 230 HM (Diese Route wurde bei Oberhaus beendet).

In Fischhaus angekommen, war meine Frau schon da und war ganz verwundert, wer da an meiner Seite mitgekommen ist. Nach einem kurzen Strecken Check, wo wir uns in Passau treffen, ging es dann schon weiter. Die letzten Kilometer meines Laufs und auch die härtesten 12 Kilometer. Da war dann schon jeder Schritt ein Kampf. Und ab da sollte man nicht mehr stehen bleiben. Aber mit einem super Radbegleitung der einem jeden Anstieg oder Talspeere usw. voraussagt, klappt das. Auch wenn es schwer war bis Passau, aber der Zauber dieser Nacht war einzigartig. So intensiv habe ich das noch nie erlebt. Und vor allem wenn man dann auf seine Uhr schaut und die 100 Kilometer voll sind. Da ist man schon stolz auf sich. Dieses Gefühl kann man nicht beschreiben. Einfach nur da Wahnsinn. Nach der letzten Talspeere, Richtung Hals war dann nicht ganz so lustig. Meine Hirnbirne war kurz vor dem Ende und da Konrad hatte kein Licht für sein MTB dabei.

Konrad hat dann meine Not Lampe von mir bekommen und ich habe meine auf Notbetrieb umgeschalten. Nach Hals rauf nach Oberhaus, war dann noch die Krönung dieses Abenteuers. 30 Prozent Steigung sind nach 100 Kilometer nicht wirklich lustig. Aber was man nicht laufen kann, soll man einfach nur noch gehen. Oben angekommen, hat sich dann Konrad verabschiedet. Die letzten Meter bis Oberhaus sollte ich allein machen. Die längsten und emotionalsten Meter, an diesen Tag. In Oberhaus war meine Frau schon da und hat mich in Empfang genommen.

ENDE eines Abenteuers.

Kurz noch ein paar Zahlen

Florian Kaltenecker auf seinen 100 Kilomtern beim "Goldsteig Ost Solo" © Florian Kaltenecker

Das waren dann am Schluss 106 Kilometer mit 2580 HM rauf und 3070 runter in einer reinen Laufzeit von 12 Stunden. Pausen waren 2 lange und 2 kurze. Insgesamt war ich 14 Stunden und 27 Minuten unterwegs. Für mich war das eine Riesenerfahrung und es hat mir gezeigt, dass wenn man was will, es auch erreichen kann. Jeder kann das. Ob schnell oder langsam. Man kann alles, wenn man es nur will.

Zum Schluss noch zwei letzte Sachen

Diesen Lauf hätte ich niemals ohne die Hilfe meiner Frau geschafft und die Unterstützung meiner Familie. Und auch die Fahrradbegleitung von Konrad von Schrottenbaummühle nach Passau war für mich mental eine riesige Hilfe und Unterstützung. Vielen Dank dafür.