Zugspitz Ultratrail: Die ersten 50 km mit den Beinen, die zweiten 50 mit dem Kopf

Basilia Förster im Ziel des Zugspitz Ultratrails 2017 © Michael Förster

Rennbericht von Basilia Förster

Zugspitz Ultratrail oder kurz ZUT, dieses Event war in meinem Rennkalender von Anfang an nicht verhandelbar. An einem Mangel an Alternativen lag es sicher nicht – Mozart 100, Livigno-Sky- oder Stelvio-Marathon sind nur 3 mögliche Läufe am gleichen Tag. Doch da ist der Blick aus unserem Wohnzimmerfenster in Krün – hier dominiert das raue Wettersteinmassiv gegenüber der davor eher lieblichen Landschaft. Mein Rennkalender erlebt die Dominanz der Zugspitze somit unmittelbar.

Und da ist noch etwas. Lange bevor ich an Ultratrails auch nur dachte, bereitete ich mich insgeheim schon darauf vor. Mein Mann Michael schlug damals eine Wanderung durchs Reintal auf den Gipfel vor. Statt der versprochenen Talfahrt verlängerte er die Tour über die Wiener Neustädter Hütte nach Ehrwald. Nach einer kurzen Nacht in einer Ehrwalder Pension ging es dann über den Eibsee zurück nach Partenkirchen. Das war schon mal ein kleiner ZUT-Vorgeschmack. Es war daher nur konsequent, dass ich nach zwei Läufen über die 100 KM-Distanz letztes Jahr dann auch beim ZUT an den Start ging. Ich erlebte viele Überraschungen wie Schneefelder, Matsch, ständig wechselndes Wetter und endlose Höhenmeter. Die traumhafte Landschaft entschädigte alle Strapazen und mit Platz 4 verfehlte ich das Stockerl im Gesamt-Klassement nur knapp. Kein Wunder also, dass ich dem ZUT-Ruf auch dieses Jahr folgte. Samstagmorgens stand ich mit über 500 Teilnehmern dichtgedrängt in der Start-Area in Grainau. Die überdimensionale Anzeige über dem Startbogen zeigte die aktuelle Uhrzeit an. Nur noch wenige Minuten bis zum Startschuss um 7:15 Uhr. 101 KM mit über 5.400 Höhenmetern einmal rund um das Wettersteinmassiv erwarteten uns. Da war sie – die typische Aufregung kurz vor dem Wettkampf. Gedanken schossen mir durch den Kopf.

  • Wird sich die gute Wetterprognose bewahrheiten?
  • Habe ich mich richtig vorbereitet? Waren die Kilometerumfänge der letzten Wochen mit 120 KM too much? Zu wenig Höhenmeter? Hält der Grip meiner Trailschuhe in den kniffligen Downhillpassagen?
  • Vor allem aber: Welche Zielzeit wird über dem Torbogen am Ende stehen? Dunkel dürfte es in jedem Fall schon sein, aber wird es noch Samstag oder schon Sonntag sein?

Der Startschuss riss mich aus meinen Gedanken. Die ersten 100 Meter marschierten wir noch den Musikanten in Tracht hinterher, bevor es gleich ansteigend durch den idyllischen Ort Grainau ging. Die aufgeregte Stimmung inmitten der vielen Läufer, angetrieben durch zahlreiche Zuschauer am Wegesrand ließen mich viel zu schnell loslaufen. Auf den ersten 15 Kilometern geht es gleich einmal inklusive einiger kleiner Gegenanstiege 1.000 Höhenmetern zur deutsch-österreichischen Grenze hinauf. Ich setzte meine Stöcke ein und versuchte so ökonomisch wie möglich diesen ersten Anstieg zu meistern. Dann die Schrecksekunde – ein kurzer Moment der Unachtsamkeit und schon lag ich auf dem Trail, das Knie blutig aufgeschlagen. Ein kurzer Check – alles noch dran, weiter geht’s. Die ersten beiden Verpflegungsposten lief ich zügig durch – 1,5 Liter Flüssigkeit hatte ich in meinen Trinkflaschen. Nun ging es mit einigem auf-und-ab zur Pestkapelle oberhalb der Ehrwalder Alm. Hier erwartete mich Michael, der mich als „rasender Reporter“ betreute. Der Trinkflaschenwechsel klappte super. Schnell ließ ich mir mein Knie behandeln, nebenbei kaute ich den ersten Energieriegel und weiter ging’s hinauf zum Feldernjöchl, nun das erste Mal die 2.000er-Grenze überschreitend. Ich lag gut im Rennen auf Platz 2 hinter der Favoritin Lisa Mehl, die nun bereits außer Sichtweite war, dicht verfolgt von Lada Stalzerova und Denise Zimmermann. Nun ging es in schroffes Gelände. Singletrails querten Geröllfelder, ein Kar folgte dem vorherigen, bis es schließlich hinab zur Hämmermoosalm oberhalb von Leutasch ging. Michael rief mir zu: „Super, Platz 2, schaut gut aus, weiter so!“. Ich dachte mir „Wie soll ich das Tempo nur halten, meine Beine brennen, ich fühle mich gar nicht mehr gut.“ Trotzdem halfen die aufmunternden Worte. Jochen Hauser, ein guter Bekannter auf den Ultratrails schoss Fotos und feuerte mich ebenfalls an. Also entschied ich mich fürs Lächeln, schnappte mir die neu aufgefüllten Trinkflaschen, zwei Riegel und startete den nächsten Anstieg hinauf zum Scharnitzjoch. Dies ist für mich der erste Meilenstein des ZUT. Über 10% Steigung auf 600 Höhenmeter, bevor es 900 Höhenmeter steil bergab zum Hubertushof geht. Die Downhillpassagen fordern volle Konzentration, jede Unachtsamkeit kann einen Sturz, im Worst Case sogar das Aus bedeuten. Hier konnte ich das Tempo meiner Verfolgerinnen nicht mitgehen, sodass ich auf dem vierten Platz unten ankam. Die Hälfte des Rennens war geschafft.

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