Reportagen

States of Elevation: Kilian Jornet bezwingt die höchsten Gipfel Colorados, Kaliforniens und Washingtons

n der Welt des Berg-Ausdauersports steht kaum ein Name so sehr für Grenzerfahrung wie Kilian Jornet. Mit seinem neuesten Projekt States of Elevation hat er sich erneut selbst herausgefordert – auf einer Expedition, die die höchsten Gipfel Colorados, Kaliforniens und Washingtons miteinander verbindet.


Was hinter States of Elevation steckt

14ers“ – so nennen die Amerikaner ihre 4.300-Meter-Gipfel (14000 Fuß). Sie sind Symbol für Ausdauer, mentale Stärke und Demut vor der Höhe. In den gesamten USA gibt es nur drei Regionen, in denen diese magische Höhenmarke erreicht wird: die Rocky Mountains in Colorado, die Sierra Nevada in Kalifornien und die Cascade Mountains in Washington.

Genau dort setzt Kilian Jornet mit seinem Projekt an. States of Elevation ist eine selbstbestimmte Expedition, die diese drei Gebirgsketten zu einer großen Route verbindet.


Drei Staaten, eine Mission

Ausgehend vom Longs Peak in Colorado zog Kilian durch den Westen der USA – ausschließlich mit eigener Muskelkraft. Zwischen den Gipfeln radelte er auf Asphalt- und Schotterstraßen, überquerte alpine Grate und navigierte über vergletschertes Gelände.

Doch wie bei all seinen Expeditionen stand auch diesmal nicht der Rekord, sondern die Erfahrung im Mittelpunkt: stille Morgen in den Bergen, der Rhythmus des Atems in der dünnen Luft – das Gefühl, ganz im Moment zu sein.


Vorbereitung: Lernen aus Pyrenäen und Alpen

Nach seinen Überschreitungen der Pyrenäen (2023) und Alpen (2024) hatte Kilian eine klare Vision.

„Diese langen Expeditionen sind nicht nur körperlich, sondern auch geistig und kreativ anspruchsvoll“, sagt er.

Für 2025 fokussierte er sich auf den Ausbau seiner aeroben Basis – eine Vorbereitung, die sich bezahlt machte. Nach einem erfolgreichen Comeback bei den Western States und einem Sieg beim Kia Fjällmaraton Vertical KpM zeigte er, dass Körper und Geist perfekt aufeinander abgestimmt waren.

Doch States of Elevation verlangte mehr als reine Fitness: präzises Pacing, Navigation in hochalpinem Terrain und kluge Entscheidungen unter Extrembedingungen.


Colorado: 56 bestiegene Gipfel

Für Kilian war Colorado mehr als nur der Startpunkt – es war die Feuertaufe. Seine Daten zeigen den Tribut: eine durchschnittliche tägliche Trainingsbelastung von 544 TL in den ersten drei Tagen, verglichen mit 141 TL im Jahresdurchschnitt.

„Es war hart, aber ich habe gelernt, auf meinen Körper zu hören – trinken, essen, ruhen. Danach ging es Schritt für Schritt bergauf.“

Nach über 1.943 km und 56 bestiegenen Gipfeln erreichte Kilian seine erste große Etappe – Tag für Tag auf höchstem Niveau, oft mit weniger als fünf Stunden Schlaf. Doch zwischen Erschöpfung und Euphorie fand er jene Momente, die den Kern seines Projekts ausmachen: Sonnenaufgänge über den Rockies, Begegnungen mit Wildtieren, die Stille der Berge.


Kalifornien: Sturm auf den Mount Whitney

Nach Tagen in der Wüstensonne erreichte Kilian die Sierra Nevada, wo er sich dem legendären Norman’s 13-Projekt stellte – 14 Gipfel über 14.000 Fuß, darunter der Mount Whitney, der höchste Punkt der kontinentalen USA.

Er stellte dabei eine neue Bestzeit auf (offizielle Bestätigung ausstehend):

  • Distanz: 163,69 km

  • Gesamtzeit: 56:11:05

  • Höhenmeter: 11.708 m

  • Trainingsbelastung: 397 TL

Nach dem Abschluss bestieg er noch den White Mountain und den Mount Shasta – insgesamt 71 Gipfel in Kalifornien. Jeder Schritt forderte maximale Effizienz und Konzentration, jeder Höhenmeter war Ausdruck purer Willenskraft.


Washington: Der letzte Aufstieg

Der Abschluss seiner Expedition führte Kilian zum Mount Rainier, dem vergletscherten Riesen der Cascade Range. Nach über 3.700 km und Wochen extremer Anstrengung stand er am Fuße seines letzten 14ers. Das Wetter war unberechenbar, die Gletscher heimtückisch – doch mit präziser Planung und unerschütterlicher Ruhe meisterte er auch diesen finalen Aufstieg.

Im ersten Licht des Morgens, das auf die vereisten Hänge fiel, fand er, was er gesucht hatte: nicht nur den Gipfel, sondern Erkenntnis – über Grenzen, Ausdauer und das, was bleibt, wenn der Körper am Ende ist.

Nach Abschluss sagte Jornet:

„Ich bin wirklich glücklich, es so weit geschafft zu haben. Als ich dieses Projekt begann, war es nur eine Idee auf einer Karte – etwas, das großartig werden könnte, von dem ich aber nicht wusste, ob es überhaupt möglich ist. Jetzt sehe ich, dass es das war. Und jenseits der Zahlen war es ein echtes Abenteuer – eine Möglichkeit, Orte zu entdecken, die mir sehr besonders geworden sind.“


Die Zahlen seiner Expedition

  • Gesamtdistanz: 5.145,05 km

  • Gesamtzeit: 488:52:07

  • Höhenmeter: 123.045 m

  • Bestiegene 14er: 72

  • Ø Schlafdauer: 6 h 10 min (5 Nächte ohne Schlaf)

  • Ø Erholungswert: 7 %


Mehr als eine Expedition

States of Elevation ist kein Rennen – es ist ein Statement. Eine Hommage an den menschlichen Willen, an die Natur und an das Zusammenspiel von Planung, Technik und Intuition.

In 31 Tagen legte Kilian über 5.000 Kilometer zurück, bestieg 72 Gipfel und bewies, dass wahre Stärke in Achtsamkeit liegt. Jede Entscheidung, jeder Schritt, jeder Atemzug wurde dokumentiert – ein digitales und physisches Tagebuch einer Reise durch den Westen der USA.

Im Einklang mit seiner Kilian Jornet Foundation zeigt das Projekt, dass Ausdauer weit mehr bedeutet als Geschwindigkeit: Sie bedeutet Verbindung – zwischen Mensch, Berg und Moment.


Quelle: Pressemeldung COROS vom 10.10.2025