TransRockies Run 2017: Die 4-Tage Woche, die man sich sonst immer wünscht

Moritz auf der Heide beim TransRockies Run 2017 © Raven Eye Photography

Ein Lauf der das große Fernweh in uns weckt und auf der Wunschliste vieler Trailrunner steht: Der TransRockies Run. Moritz auf der Heide war 2017 Teil dieses Trailrunning Highlights in den Rocky Mountains und berichtet von seiner 4-Tage-Woche:

VORAB

Wenn ich bei einem Rennen antrete, dann geht es mir grundsätzlich um 3 Dinge:

  • Den Wettkampf mit mir selbst
  • Den Wettkampf mit anderen
  • Das Erlebnis des Rennens

Diese Zutaten lassen mich wieder und wieder die Tasche packen, mich einige Strapazen in Kauf nehmen und die vielen anderen schönen Dinge vergessen, die ich dafür aufgebe. Beim TransRockies Run 2017 (TRR) kam ich leider nur teilweise auf meine Kosten. Selbst Schuld!

INKUBATIONSZEIT

Noch 40 Stunden bis zum Start des TRR.

Ich sitze mit meinen Trail-Kollegen Peter Maksimow, Remi Bonnet & Jan Margarit Solé in der wohl besten, vielleicht aber auch einzigen Pizzeria in Manitou Springs (Colorado). 2 Stunden feinstes Trailrunning auf fast 3000m+ liegen hinter uns und wir haben Hunger, richtig Hunger. Wie fast immer wird in solchen Situationen zu viel bestellt, die 3 Stücke, die übrig bleiben, nehme ich mit.

Die Trailelite beim Carbo Loading

Noch 20 Stunden bis zum Start des TRR.

Nach einer Wanderung auf die Spitze des Pikes Peak (4300m+) komme ich, wer hätte es gedacht, mal wieder halb verhungert an meinem Mietwagen an. Die Pizza vom Vortag passt ins Konzept. Übriggelassen wird nix!

Noch 6 Stunden bis zum Start des TRR.

Ich wache gegen 2 Uhr nachts in meinem Zelt auf, das mir vom Rennen zur Verfügung gestellt wird. Die ganze Woche wird an verschiedenen Orten gecampt. Am Startort in Buena Vista ist es kühl, perfekt um bald loszulaufen. Was mich aber geweckt hat, ist nicht die Vorfreude auf das Rennen, sondern mein Magen. Die nächsten 20 Stunden werden zur Qual.

TransRockies Camp

Noch 1 Stunde bis zum Start des TRR.

Man glaubt ja irgendwie noch bis zur letzten Minute daran. Aber als ich mich knapp 45 Minuten vor dem Start der ersten der sechs Etappen des TRR übergebe, weiß auch ich spätestens, dass mein Saumagen dieses Mal nicht gewonnen hat. Die Pizza-Reste (inkl. Bacon), die sich in den 20 Stunden in meinem Auto um einige Keime vermehrt haben müssen, hatten zwar immer noch denselben Geschmack, aber wohl auch noch anderes zu bieten. Lebensmittelvergiftung. Für mich endet der TRR bevor er beginnt..

DIE 4-TAGE WOCHE

Warum dann dieser Bericht? Weil wir zum Glück von einem Etappen-Rennen reden und ich nach 8 Stunden im Medical-Car wieder halbwegs am leben war. Der Magen komplett leer, die ekelhaft schmeckenden Tabletten erfolgreich runtergewürgt und ich musste noch nicht einmal, wie erst befürchtet, ins Krankenhaus.

Laufen kann ich mir da aber noch lange nicht vorstellen. Meine Bewegungen beschränken sich auf Mundabwischen, das Zurechtrücken des Kopfkissens und den stündlichen Kraftmarsch zum Dixi, der mich jedes Mal so viel mentale Stärke kostet wie die letzten 5km bei einem Marathon. Ich lasse also auch die zweite Etappe ausfallen.

Das Rennen beginnt für mich an Tag 3. Und obwohl ich somit aus der Wertung raus bin, darf ich weiterhin mitlaufen. Und es lohnt sich! Sonst würde ich diesen Bericht nicht schreiben. Denn von meiner Wehleidigkeit wisst ihr eh bereits alle und detailliertere Beschreibungen meiner stundenlangen Fötushaltung erspare ich euch!

DAS RENNEN

Der TRR in Colorado hat also einiges zu bieten! Aber was macht ihn besonders und was unterscheidet ihn von Etappenrennen, die wir auch in Europa finden?

  • Der Ort.

Colorado gehört mit Sicherheit zu den schönsten Staaten der USA. Die Rocky Mountains, ohne Ende Wild-Life wie Bären und Elche, und die unglaubliche Weite triggern bei jedem Europäer sofort den Abenteuermodus. Die Trails sind oft wunderschön, wenn auch technisch definitiv keine Herausforderung. Mit durchschnittlich etwa 3200hm ist die Höhenluft eher der entscheidende Faktor.  Da fühlen sich die 120 Meilen & 20,000hm in 6 Tagen direkt anders an. Ganz anders!

  • Das Essen.

Ihr glaubt, man kann in den USA nicht vernünftig essen? Beim TRR werdet ihr eines Besseren belehrt. Sowohl Frühstück, Renn- & Zielverpflegung, als auch Abendessen sind sowohl auf Amis als auch Europäer abgestimmt. Jeden Morgen gibt es nicht nur Bagels und Würstchen, sondern auch Oatmeal und frisches Obst. An den VPs findet man Peanut-Butter neben Orangen. Und beim Abendessen kommen auch mal Spargel und Zucchini auf den Grill. Nur der Kaffee ist absolut beschissen. Das muss gesagt sein..

  • Die Atmosphäre.

Ja. In Deutschland empfinde ich die Traillauf-Szene schon als sehr entspannt, aufgeschlossen und sympathisch. Aber Colorado hat mir da auf eine positive Art und Weise die Augen geöffnet. Nicht, dass man abends Bier zu trinken hat, um cool zu sein. Und auch die Wortwahl darf ruhig eloquent bleiben. Aber die Amis gehen einfach cooler miteinander und dem Rennen um. Das klassische Lagerfeuer, Marshmellows, Gitarrenmusik, Camping und die überfreundlichen Volunteers haben ihr Übriges dazu beigetragen. Ich habe viele neue Freunde und Bekanntschaften aus dieser Woche mitgenommen!

Lasst euch das nicht entgehen!

TROTZDEM VOLLE KANNE

Am schnellsten erholt sich bei einem (kranken) Läufer der Kopf. Sobald wir auch nur ansatzweise wieder fähig sind, uns zu bewegen, wollen wir wieder an der Startlinie stehen und unser „Bestes“ geben.

An Tag 3 war ich also endlich an der Startlinie und habe geballert, was der Magen hergab. An den 4 Renntagen, die mir geblieben sind, sind dabei die Tagesplatzierungen (gesamt inkl. Teams) 2, 6, 2 & 6 herausgekommen. Wenn ich alle „Aktivitäten“ der Tage vor dem Rennen in Betracht ziehe, bin ich damit sehr zufrieden. Platz 2 oder 3 in der Einzel-Gesamtwertung wäre definitiv drin gewesen. Nicht schlecht für einen Flachlandtiroler, der mit der Höhenluft nicht so 100%ig zurechtkam.

Sollte ich 2018 noch einmal die Möglichkeit haben, in Buena Vista an der Startlinie zu stehen, ist die Reise gebucht. Dann vielleicht ohne die Bacon-Pizza am Vortag. In Colorado soll es auch guten Fisch geben..

Moritz