Der Start des UTMB war am Freitagabend um 18:30 Uhr in Chamonix. Mein persönlicher Wettkampf begann bereits zwei Jahre früher. In diesem Zeitraum galt es die erforderlichen Punkte bei den Qualifikationsrennen zu sammeln. Die waren Voraussetzung, für die Lotterie um einen der begehrten Startplätze zugelassen zu werden. Ich hatte riesiges Glück und wurde bei meinem ersten Versuch gezogen. Ein Startplatz inmitten von 2537 Läufern war für mich reserviert – es konnte losgehen!
Bereits um 16 Uhr suchte ich mir einen Platz kurz hinter dem Elitefeld, um ermüdenden Staus auf den ersten Kilometern zu entgehen. Ich war froh, Stefan Miyagi vom EXITO-Gipfelstürmer Team zu entdecken. Zu zweit vergeht die Zeit doch schneller. Das dominierende Gesprächsthema im Startblock war das Wetter. Dieses blieb spannend bis zur letzten Minute und damit verbunden die Frage „Was ziehe ich an?“ Der kurzzeitige Sonnenschein über dem „Place du Triangle de l’Amitie“ täuschte. Schon kurz nach dem Start sollte es wieder zu regnen beginnen. Ich entschied mich von Beginn an, mit Windjacke zu laufen. Die 2,5 Stunden im Startblock vergingen wie im Flug. Die Dramaturgie der Moderation und Musik stieg sukzessive an. Der Platz war schließlich komplett mit Läufern und Zuschauern gefüllt. Reporter standen auf den Balkonen, filmende Kameras und Smartphones wohin ich nur blickte, ein Hubschrauber kreiste, Vangelis „Conquest of Paradise“ dröhnte aus den Boxen und endlich fiel der Startschuss. Die ersten Kilometer führten durch Chamonix, die Zuschauer standen an den Absperrungen Spalier und feuerten uns an. Kein Wunder, dass dies trotz 167,5 KM und knapp 10.000 Höhenmetern zu einem hohen Anfangstempo führte.
Die Strecke des UTMB führt durch Frankreich, Italien und die Schweiz einmal um das Mont Blanc Massiv herum – Berge und Täler im permanenten Wechsel. Die vergangenen Tage habe ich immer wieder das Kursprofil studiert und meine zu erwartenden Zwischenzeiten berechnet. Somit konnte ich genauso wie Zuschauer und Betreuer virtuell auf ihren Smartphones jeden Schritt in meine gedankliche Karte einzeichnen und war mir stets über meinen momentanen Aufenthaltsort bewusst. Dies ist gerade für mich wichtig, da Orientierung nicht unbedingt zu meinen Stärken zählt. Gleich nach dem ersten Berg wurde es dunkel und ich schaltete meine Stirnlampe ein. Nach 31 Kilometern erreichte ich den ersten von fünf großen Verpflegungspunkten in Les Contamines. Nur bei diesen durften Betreuer ins Zelt und Hilfestellung bei Verpflegung und Kleidungswechsel leisten. Ich freute mich sehr, meinen Mann und Betreuer Michael zu sehen. Ein Bussi und weiter ging’s. Mir ging es gut. Ich war immer noch inmitten vieler Läufer und hatte daher auch nachts nie das Gefühl allein zu sein. Die Betreuer lieferten sich ebenfalls ein Rennen nach Contamines. Michael erzählte mir später, dass er mich nur rechtzeitig erreicht hatte, weil er das Auto inmitten einer endlosen Schlange hinauf in das Bergdorf am Straßenrand abstellte und sich seinen Weg zu Fuß durch die Auto-Karawane bahnte. Ich habe mit Michael vereinbart, ihn erst am nächsten Vormittag in der Schweiz zu treffen. Nach Courmayeur konnte ich Notfall-Gepäck aufgeben. Sollte ich noch etwas benötigen, würde ich ihn telefonisch verständigen. Gerade zu Beginn des Rennens brauche ich Ruhe und bin lieber allein. Trotzdem war ich sehr glücklich, Stefans Betreuer Jochen und Bart an den kommenden Verpflegungspunkten zu sehen, die mich unermüdlich anfeuerten.
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