Basilia Försters Rennbericht: In 30 Stunden um den Mont Blanc

Basilia Förster im Ziel © exito Gipfelstürmer
Basilia Förster unterwegs beim UTMB 2017 © exito Gipfelstürmer

In der Nacht ging es das erste Mal auf über 2.500 Höhenmeter und ich war froh über meine warme Kleidung, die mich vor Sturm, Regen und Schnee schützte. Hinunter nach Courmayeur spürte ich erstmal leichten Schwindel. Dieser verstärkte sich und in Arnouvaz nach ca. 90 Kilometern sah man es mir dann auch an. Der Mann von der Medical Crew stoppte mich. Ich musste mich hinsetzen und Zuckertee trinken und etwas essen. Er bestand zudem darauf, dass ich eine Jacke anziehe und zumache. Ich rief Michael kurz an. Er sagte mir auch „Du brauchst Gels! Du bist auf Platz 20. Jetzt kommt Dein Rennen!“ Nach 20 Minuten stoppte mich ein weiterer Streckenposten. Er war offensichtlich über meinen Zustand informiert worden. Ich sagte ihm, es ginge mir gut. Er nickte und entgegnete „Don’t stop eating“. Ich musste den Riegel essen. Erst danach durfte ich weiter. Beide Anweisungen waren richtig. Der Grand Col Ferret begrüßte mich mit eisigem Wind. Zum Glück habe ich hiermit schon einige Erfahrung. So richtig kalt ist es meist nur in der Zone der obersten 200 Höhenmeter. Also sagte ich mir: „Basilia, gleich bist Du durch. Nur nicht stehenbleiben. Immer weiter!“ Die Kohlenhydrate taten das Übrige. Ich kam wieder auf Trab. Nun ging es 14 Kilometer hinunter nach La Fouly, wo Michael mich erwartete. Nachdem es nur ein kleiner Verpflegungspunkt war, begrüßte er mich nur kurz vom Streckenrand – Bussi Nr. 2. Die Talquerung hinüber ins malerische Champex-Lac zog sich endlos hin. Endlich erreichte ich das Zelt. Michael versorgte mich mit Cola, Weißbrot und Gel. Zudem tapte er meinen schmerzenden Zeh. Ich wechselte das Shirt, schlüpfte wieder in die Regenjacke und umrundete bei strömendem Regen den idyllischen Bergsee. Trotz des Wetters ging es mir gut. Ich konnte meine Leistung wieder abrufen. 120 Kilometer waren geschafft.

Das Damenfeld war immer noch eng zusammen und sortierte sich nach jeder Verpflegungsstation wieder neu. Langsam beschäftigte ich mich mit meiner Platzierung. Top 20, das war für mich angesichts des hochklassigen Teilnehmerfelds ein unerreichbarer Traum gewesen. Ich kämpfte mich den nächsten Anstieg hinauf, dann wieder runter nach Trient. Michael hatte wieder alles vorbereitet. Das Gel war schon offen. Man sah, dass alle Betreuer uns müde Läufer nun so schnell es ging wieder auf die Strecke schickten. Der nächste Berg war zu überqueren. Ich überholte einige Läuferinnen und lief am letzten großen Verpflegungspunkt Vallorcine in den Top 15 ein. Mir ging es erstaunlich gut. Suppe, Brot, Gel und schnell wieder raus. Mittlerweile war es wieder dunkel und ich beanspruchte bereits den Reserveakku meiner Stirnlampe. Nun kam der finale Climb hinauf nach La Flegere. Der abschließende Downhill nach Chamonix war technisch nochmal herausfordernd. Ich setzte meine Stöcke ein, um die erschöpften Beine zu schonen und lief mit meinen letzten Kräften. Nachdem ich im Anstieg weitere Plätze gutgemacht hatte, musste ich nun die chinesische Konkurrentin vorbeilassen. Ich wusste, wie eng das Feld ist und zwang mich, das Tempo hoch zu halten. Endlich erreichte ich Chamonix. Es war nun schon nach Mitternacht. Dennoch säumten zahlreiche Zuschauer die Zielgerade. Ich hörte Basilia-Rufe, Zuschauer standen Spalier und klatschten mich ab. Michael, Jochen und Bart empfingen mich. Ich war 13. Frau, 7. Europäerin und beste Italienerin. 30 Stunden, 9 Minuten und 3 Sekunden Trailrunning ohne Schlaf forderten nun ihren Tribut ein. Ich musste mich kurz hinlegen. Ich konnte erstmal nichts essen, nur etwas Suppe. Nun wollte ich nur noch in die Badewanne im Hotel und schlafen.

Erst am nächsten Tag registrierte ich langsam was ich geschafft habe. Mir war gar nicht bewusst, wie viele Freunde mich im Liveticker verfolgt hatten. Selbst das Hotelpersonal wusste über meine Platzierung Bescheid. Vielen Dank an alle, die mit mir mitgefiebert haben. Ich habe mich riesig über jede einzelne Nachricht gefreut! Es war eine extrem harte Saison mit vier Marathons und fünf Ultra-Trails. Jetzt erhole ich mich erstmal. Vielleicht mache ich im Herbst noch was „just for fun“, bevor es im Winter zum Ausgleich wieder auf die Langlaufski geht.