Kurt König: Ein halbes Jahrhundert für den Berglauf

Kurt König auf der Kemater Alm im Rahmen der WMTRC 2023 © Markus Mingo

Kurt König ist eine echte Institution in Sachen Berglauf in Deutschland. Nach einer sehr erfolgreichen sportlichen Karriere mit Siegen beim Hochfelln-Berglauf, zwei WM-Bronzemedaillen (jeweils Mannschaft) und dem dreifachen Gewinn des Empire State Building Run in New York (1995-1997) kümmert er sich seit vielen Jahren um die Berglauf-Nationalmannschaft und stand als Sportlicher Leiter Berglauf/Trail bei der World Mountain and Trail Running Championship in Innsbruck-Stubai an vorderster Front. Nach 50 Jahren Berglauf zieht Kurt nun den Schlussstrich und tritt von seinen Ämtern beim DLV zurück.

Kurt König im Interview

Kurt, es liegt eine WM hinter dir, wie wir sie in Sachen Professionalität und Medienwirksamkeit noch nicht erlebt haben. Was ist dein persönliches Fazit nach der WMTRC 2023?

Ich sehe das genauso wie du. Was die Veranstalter hier in Innsbruck auf die Beine gestellt haben, hat neue Maßstäbe gesetzt. Das liegt nicht nur an dem enormen Budget, das den Organisatoren zur Verfügung stand. Sondern auch an der Begeisterung der Zuschauer, die sich auf die gesamte Veranstaltung übertrug. Wir haben ein Fest der Berge erlebt. Die Messlatte für künftige Veranstaltungen liegt nunmehr sehr hoch.

Gibt es einen Athleten oder eine Athletin, die du besonders hervorheben möchtest?

Besonders beeindruckt hat mich Grayson Murphy, die beim Vertical Bronze und Mountain Classic Gold geholt hatte. Die Leichtigkeit, mit der sie die Berge hochgeflogen ist, war unnachahmlich. Unsere deutschen Athleten haben meine Erwartungen zu 100% erfüllt. Die Einstellung, mit der sie die Sache angegangen sind, war sehr professionell, deshalb möchte ich hier keinen hervorheben. Jeder hat sein Bestes gegeben. 

Großes Thema, waren seit Monaten die Nominierungen für die WM. Hat es dich belastet, dass es plötzlich so viele „Bundestrainer“ und „Besserwisser“ gab? Wie hast du die Situation erlebt? War es evtl. sogar einer der Gründe für deinen Rücktritt als sportlicher Leiter?

Eigentlich muss man in dieser Position mit der Situation umgehen können. Aber es kommt immer häufiger vor, dass sich Athleten bei den Normierungen übergangen fühlen und auf Biegen und Brechen versuchen ins Team zu gelangen. Das musste ich besonders im Vorfeld der WM in Innsbruck zur Kenntnis nehmen. Da fehlt manchmal auch die eigene Einschätzung der Leistungsfähigkeit. Sicherlich mag das auch ein Mosaiksteinchen gewesen sein, das mich zu meinem Rücktritt bewogen hat.

Nach eigenen Angaben war dein erster Wettkampf der Waldlauf in Krün 1973. Erinnerst du dich noch an diesen Lauf? Wie hat sich der Berg- und Traillauf in den letzten 50 Jahren verändert?

Ja, daran erinnere ich mich noch als wäre es gestern gewesen. Als Fußballer lief ich gegen die „Elite“ der oberbayerischen Leichtathleten und konnte mich im Endspurt gegen meine Konkurrenz durchsetzen. Schnelligkeit war schon immer meine Stärke. Seitdem hat sich sehr viel getan. Wenn man die letzten Jahrzehnte Revue passieren lässt, muss man konstatieren, dass erst die Trailszene entscheidend zur Weiterentwicklung beigetragen hat. Sie hat den Eventcharakter geprägt und so zu einer Neubelebung des Berglaufsports beigetragen.

Wo geht die Reise hin in Sachen Berglauf/Trail? Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Events und wie wird sich die Sportart in den nächsten Jahren entwickeln?

Nun, jetzt wird es interessant (lach). Grundsätzlich wäre das Ziel einer jeden Sportart olympisch zu werden, um die größtmögliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Schließlich wäre ein Olympiasieg das größte, das ein Sportler in seiner Karriere erringen könnte. Nur stellt sich für mich die Frage, wollen wir uns tatsächlich unter das Diktat des fragwürdige IOC stellen? Schließlich handelt es sich nicht um eine vertrauenserweckende Institution. Das IOC hat sich weit von seinen Wurzeln entfernt. Oder sollte Berglauf/Trailrunning einen anderen Weg einschlagen? Losgelöst von den Strukturen von Fachverbänden? Bereits jetzt haben viele namhafte Spitzenathleten ihre Saisonziele nicht nach internationalen Meisterschaften ausgerichtet, sondern starten beispielsweise lieber in der attraktiven UTMB World Series. Die Wertigkeit dieser Laufserie ist meines Erachtens genauso hoch einzuschätzen wie die einer WM. Wenn man allerdings in die Sportförderung gelangen möchte, wird man nicht umhin können mit den Fachverbänden zusammenzuarbeiten.

Die Verbände müssen jetzt allerdings daran gehen ihre Strukturen professioneller zu gestalten. Man darf nicht weitere Jahrzehnte verstreichen lassen, bis man erkennt welches Potential sich dahinter verbirgt. Wir müssen agieren und nicht reagieren. Ein erster Schritt wäre meines Erachtens Berglauf/Trailrunning dem Leistungssport zuzuordnen. Wir haben in Innsbruck gesehen, dass es für jeden Sportler noch immer etwas Besonderes ist mit dem Bundesadler auf der Brust sein Land präsentieren zu dürfen. Ich bin gespannt wohin die Reise gehen wird.

Du bist Freitag mit einer beeindruckenden Kondition den Anstieg zur Kemater Alm hinaufgeradelt, um deine Athleten beim Trail Long anzufeuern. Dein Tipp, um so viele Jahrzehnte fit zu bleiben?

Mein Motto lautet: Bewegung ist Leben. Daran halte ich mich strikt. Ich entwickle mein eigenes, ausgewogenes, pulsgesteuertes Trainingsprogramm und versuche dabei in meinen Körper hineinzuhören. Dabei spielt die jahrzehntelange Erfahrung eine enorme Rolle. Ich versuche sehr vielseitig zu trainieren. Dabei nimmt das Kraftausdauer-Training eine wichtige Funktion ein.

Was sind deine drei Trainingstipps für junge, ambitionierte Athleten, die es im Berglauf/Trail zu sportlichen Höchstleistungen bringen möchten?

Gerade im Ausdauersportbereich muss ich immer wieder feststellen, dass Athleten im GA1- und Rekom-Bereich viel zu schnell unterwegs sind und dass das Training wenig strukturiert abläuft. Deshalb meine Tipps:

  1. Überlegt euch, was ihr überhaupt wollt. Auf welche Strecke möchte ich mich fokussieren?
  2. Bringt eine Struktur in euren Trainingsalltag und lernt auf die Zeichen des Körpers zu hören!
  3. Lauft nicht zu schnell und vor allem nicht zu oft bergauf und sucht euch alternativen zum Laufsport, um Verletzungen vorzubeugen

Wie sehen deine persönlichen Zukunftspläne aus? Bleibst du dem Berglauf treu?

Momentan möchte ich erst einmal Abstand gewinnen und das Leben genießen. Alles weitere wird sich dann irgendwann von selbst ergeben.