Lavaredo Ultratrail: Siegerinterview mit Hannes Namberger

Hannes Namberger beim Zieleinlauf zum LUT 2021 © Lavaredo Ultra Trail

Vor ziemlich genau einem Jahr gewann Hannes Namberger den Lavaredo-Ultra-Trail mit neuem Streckenrekord und stieß spätestens mit diesem Erfolg zur Weltelite der Ultra-Trail-Läufer vor: Der 33-jährige Trailrunner und DYNAFIT-Athlet aus Ruhpolding bewältigte die 120 Kilometer lange Strecke mit 5.800 Höhenmetern in 12:02:12 Stunden. Das Siegerinterview im Anschluss an seinen fulminanten Lauf lest ihr hier:

Interview Hannes Namberger

Der Lavaredo Ultra-Trail ist ein Klassiker und eines der bekanntesten Rennen in der Ultra Szene – für alle die es nicht kennen, was macht den Wettkampf so besonders? 

Hannes Namberger: Der Wettkampf findet in einer wunderschönen Umgebung statt, die auch nach vielen Stunden eine besondere bleibt. Nach dem Start um 23:00 Uhr in Cortina geht es vorbei an den 3 Zinnen, anschließend in das Val Travenances und über den Passo Giau zurück nach Cortina – die Strecke ist atemberaubend. Das Profil des Lavaredo Ultra-Trails ist sehr anspruchsvoll, da es mit der Dauer des Rennens immer schwieriger und auch technischer wird. Wichtig ist, dass man zum Ende hin immer noch genügend Power in den Beinen hat, um die 120 km-Distanz heil zu überstehen. Ich habe das Gefühl, dass viele Top-Athleten nach der Corona-bedingten Pause extrem heiß darauf waren, hier zu starten, so dass ein gutes Elitefeld an der Startlinie stand.

Bist du zum ersten Mal bei dem italienischen Wettkampf an der Startlinie gestanden?

Hannes Namberger: Ja, es war meine erste Teilnahme bei diesem Klassiker. Seit ich auf den Trails unterwegs bin, träume ich davon, hier einmal am Start zu stehen. Leider war es 2020 nicht möglich, daher war ich in diesem Jahr extrem motiviert, hier zu laufen. Den Ausgang des Rennens hätte ich mir aber nie erträumen lassen.

Und das Rennen selbst – wo waren für dich wegweisende Streckenabschnitte oder Meilensteine unterwegs?

Hannes Namberger: Ich hatte mir mein Rennen gut eingeteilt und startete das erste Drittel für mich sehr langsam, was im Nachhinein gut war. Im zweiten Drittel versuchte ich, einen Gang höher zu schalten und zu dem Führenden Italiener Andi Reiterer und dem Spanier Andreu Aymerich aufzuschließen. Im letzten Drittel galt es dann eigentlich nur noch zu überleben und die Geschwindigkeit zu halten. Bis etwa 11 Kilometer vor dem Ziel war ich mit dem Spanier Aymerich Kopf an Kopf unterwegs. Erst im letzten Downhill konnte ich eine Attacke setzen und eine Lücke reißen. Dieser kleiner Vorsprung beflügelte mich dann so stark, dass ich bis ins Ziel 7 Minuten herauslaufen konnte.

Du warst 12 Stunden, 2 Minuten und 12 Sekunden unterwegs. Welche Gedanken kreisten dir in dieser langen und anstrengenden Zeit durch den Kopf?

Hannes Namberger: Eigentlich versuche ich mich ständig zu pushen und konzentriert zu bleiben. In den harten Phasen und wenn es gerade mal nicht so läuft, gehen meine Gedanken ans Essen, das ich mir nach dem Rennen gönnen werde. Also von Pizza Tonno über Spaghetti Carbonara bis hin zu einer großen Portion Tiramisu und einem Glas Aperol.

Die Strecke gilt als technisch fordernd, es waren 5.800 Höhenmeter im Anstieg zu bewältigen und du bist die ganze Nacht gelaufen – wie hast du dich mental vorbereitet?

Hannes Namberger: Die mentale Vorbereitung auf dieses Rennen beginnt für mich schon einen Monat vor dem Start. Ich versuche den Wettkampf und auch die Strecke öfters durchzugehen und mich darauf einzustellen, was mich erwartet. Ich stelle mir einfach vor, dass der Start in der Früh ist und nicht erst um 23:00 Uhr. Eine gute Stunde Nachmittagsschlaf hilft mir dabei. Dass ich dann etwa 6 Stunden bei Dunkelheit laufe, ist für mich aber auch etwas sehr Schönes.

Und körperlich – du musst keine Geheimnisse ausplaudern, aber was war dein wichtigstes Training?

Hannes Namberger: Eine spezielle Trainingseinheit kann ich nicht definieren, da dieser Erfolg die Summe einer langen Vorbereitung ist. Mein Training dafür hat schon im Winter begonnen. Seit ich unter der Anleitung von Michael Arend trainiere, habe ich definitiv nochmal einen großen Sprung gemacht und war daher auch optimal in Form für diese Aufgabe.

Einen Ultralauf mit 120 Kilometern Distanz läuft man ja nicht jedes Wochenende – was sind deine weiteren Renn-Höhepunkte für die Saison?

Hannes Namberger: Dieses Rennen war für mich eines der wichtigsten in der aktuellen Saison. Mein Hauptwettkampf ist aber der UTMB in Chamonix. 170 Kilometer mit 10.000 Höhenmetern einmal um den Mont Blanc herum. Dieses Rennen ist heuer Top besetzt mit allen Stars der Szene, daher freue ich mich extrem, dort am Start zu stehen. Beim Grossglockner ULTRA-TRAIL, der Ende Juli stattfindet, werde ich auf der Strecke über 57 Kilometer laufen. Auch hier geht eine internationale Top-Besetzung an den Start.

Auf dem Trail: Was sind deine Stärken und gibt es noch Dinge, die du verbessern willst?

Hannes Namberger: Ich würde sagen, dass ich in den Bereichen Uphill und Downhill recht stabil bin, aber nicht herausragend. Hier will ich hier noch besser werden, um mich wirklich abzusetzen. Meine größte Schwäche liegt aber im flachen Gelände, da ich keine richtige Laufausbildung habe. Daher trainiere ich viel auf der Bahn und auf Asphalt, um dort einfach mehr Geschwindigkeit zu bekommen und irgendwann einmal zu den Top Athleten zählen zu können.

Text: Geschwister Zack