Sieger-Interview: Anna Hahner und Markus Mingo nach der Deutschen Ultratrail Meisterschaft beim ZUT

Siegerehrung Deutsche Meisterschaft beim Zugspitz Ultratrail 2022 mit den Deutschen Meistern Anna Hahner und Markus Mingo © xc-run.de

10. Geburtstag, Deutsche Meisterschaft Ultratrail, Rekordteilnahme und Traumwetter – der Zugspitz Ultratrail 2022 war etwas ganz besonders. Unter den 3.000 Startenden war auch ein starkes Elite-Feld – das souverän von Anna Hahner und Markus Mingo auf dem Supertrail XL angeführt wurde. Mit ihrer Leistung gewannen sie auf der Strecke die Deutsche Meisterschaft Ultratrail. Wir haben mit Anna und Markus, dem Orga-Team von Plan B, sowie der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung über das außergewöhnliche Wochenende gesprochen.

Anna, wenn man sich deine vielen sportlichen Erfolge anschaut, sieht man kaum Zeiten über 3h. Jetzt musstest du fast 10h lang die Leistung halten und 82 Kilometer mit 3.700 Höhenmetern bewältigen. Wie fühlte sich dieser Wettkampf für dich an?

Anna: Das war tatsächlich Neuland für mich. Mein längster Lauf bisher waren 47 Kilometer. Gleichzeitig hatte ich aber ein inneres Vertrauen , dass ich diese Distanz gut bewältigen werde. Ich hatte die ganzen 82 Kilometer Freude am Laufen, auch wenn es natürlich anstrengend war. Es war aber auch immer eine Dankbarkeit dabei, in dieser mega Umgebung laufen zu dürfen.

Du wurdest von Anfang an als eine der Titel-Favoritinnen für die Deutsche Meisterschaft Ultratrail gehandelt. Wie zuversichtlich warst du, das Rennen gewinnen zu können?

Anna: Ich kann verstehen, dass man mich aufgrund meiner Leistung auf anderen Distanzen als eine der Titel-Favoritinnen gehandelt hat. Gleichzeitig war ich mir der Herausforderung der Strecke bewusst und das man meine Leistung auf den anderen Distanzen nicht 1:1 auf einen Ultra übertragen kann.

Zugspitz Ultratrail 2022 © Sportograf / sportograf.com

Markus, du hast 2017 an gleicher Stelle, auch beim Supertrail XL, schon mal die Deutsche Meisterschaft Ultratrail gewonnen. Du bist dieses Jahr natürlich mit klarer Ambition Richtung Titel gestartet – aber wie hast du dich gefühlt als wirklich klar war, dass der Sieg eingetütet ist?

Markus: Freude, Dankbarkeit und tiefste Zufriedenheit drücken es wohl am besten aus. Außerdem hatte ich die letzten Kilometer zur Melodie von Pippi Langstrumpf einen Ohrwurm in Dauerschleife im Kopf: „Wer wird Deutscher Meister….“ (hier gibt es den kompletten Rennbericht von Markus).

Doch, ich habe mich wirkich gefreut – nicht nur über den Titel, sondern über die für mich persönlich sehr starke Zeit und die Tatsache, dass ich hier nach all den Jahren in diesem Sport vollkommen schmerzfrei um die Zugspitze laufen kann.

Bei welchem Rennen war der gefühlte Druck höher? 2017 um den Titel zu erreichen, oder 2022 um den Titel auf gleicher Strecke quasi zu verteidigen?

Markus: Ich hatte erst sehr spät gemeldet – als klar war, dass ich beim Lavaredo Ultratrail aus familiären Gründen nicht antreten kann. Deshalb habe ich mir im Vorfeld wenig Gedanken über meine Ambitionen bei diesem Rennen gemacht. Druck verspüre ich generell wenig bei Wettkämpfen – eher Vorfreude und Neugier.

Anna, du hattest mit der Amerikanerin Meg Lane eine starke Konkurrentin, die anfangs auch noch knapp vor dir lag. Final kamst du aber fast 30 Minuten vor ihr ins Ziel. Wann und wie konntest du das Rennen so klar für dich entscheiden?

Anna: Im ersten Downhill habe ich gemerkt, dass ich da meine Fähigkeiten ausspielen kann. Mittlerweile ist der Downhill zu einer meiner Stärken geworden und so konnte ich in den Bergabpassagen an Vorsprung gewinnen.

Markus, du nanntest du dein Rennen „perfekt“ nachdem du 2017 gewonnen hattest. Jetzt war die Strecke minimal länger, deine Zeit aber deutlich besser. Wie konntest du „perfekt“ nochmal so steigern?

Markus: 2017 hatte ich viele Bausteine im Ausdauersport neu für mich entdeckt, z. B. Ernährung, Leistungsdiagnostik, oder Wattmessung beim Trailrunning. Ich hatte den Wettkampf akribisch geplant und es ist alles zu 100% aufgegangen. Deshalb der „perfekte Lauf“.

Mittlerweile ist vieles Routine, was ich vorher als perfekt bezeichnet hatte. Ich bin so lange dabei, dass ich in Sachen Ernährung, Tapering, Pacing oder Material wenig Fehler mache. Ich kenne meinen Körper, weiß wann er was braucht, und nehme mir die Zeit, auch mal Steine aus den Schuhen zu kippen oder die Kleidung zu wechseln, weil ich weiß, dass es sich am Ende auszahlt. Insgesamt bin ich über die Jahre gelassener und dadurch besser geworden.

Einen großen Anteil an der positiven Leistungsentwicklung hat Andreas Weishäupl, mit dem ich mich seit drei Jahren in Sachen Training abstimme. Weniger und dafür strukturierter ist hier oftmals mehr.

Deutsche Meisterschaft Ultratrail beim Zugspitz Ultratrail 2022 © xc-run.de

Pünktlich zur 10. Ausgabe des Zugspitz Ultratrail konnte Plan B erneut die Deutsche Meisterschaft Ultratrail ausrichten. Welche Bedeutung hatte das für das Jubiläums-Event und Plan B?

Jürgen Kurapkat: Dieses Jahr kam ja alles zusammen: Zuerst die Verschiebungen aufgrund der Pandemie und dem G7-Gipfel, dann unser 10-jähriges Jubiläum, Titelsponsor Salomon mit den Golden Trail National Series und obendrauf noch die Deutsche Meisterschaft. All das – zusammen mit einer Rekordbeteiligung und dem schönen Wetter – sorgte für eine tolle Festival-Stimmung und zeigte die Vielfalt im Trailrunning. Und wenn dann auch noch mit Anna Hahner und Markus Mingo zwei so bekannte Gesichter die Deutsche Meisterschaft gewinnen, sorgt das auch für entsprechende mediale Resonanz.

2022 wurde die Deutsche Meisterschaft Ultratrail zum 2. Mal an der Zugspitze ausgetragen. Was zeichnet diese Veranstaltung aus und macht sie für den DUV besonders?

Michael Sommer: Wir hatten bereits 2017 eine sehr erfolgreiche Deutsche Meisterschaft in Grainau. Ausschlaggebend für die Vergabe an Plan B waren verschiedene Gründe. Zum Ersten machte der neue Kooperationsvertrag mit dem DLV eine Austragung bei diesem Event erst wieder möglich. Dann war nach drei Meisterschaften auf Trail-Strecken in flacheren Mittelgebirgen die Zeit wieder reif für die Alpen. Am Wichtigsten war aber, dass mit dem ZUT und Plan B ein erstklassiger Lauf und vor allem zuverlässiger Ausrichter vorhanden waren, die die Meisterschaft würdig durchführen können.

Der Zugspitz Ultratrail ist die größte Veranstaltung im deutschsprachigen Trailrunning-Bereich. Merkt ihr, dass die Sichtbarkeit der Meisterschaft eine andere ist, wenn sie bei einem solchen Event stattfindet?

Michael Sommer: Ich bin mir sicher, dass hier die Professionalität der Durchführung und die Qualität der Strecke auch der DM sehr gut tut. Am Ende sind es dann aber vor allem die Athlet*innen und ihre Leistungen, die eine Meisterschaft prägen. Hier hoffe ich, dass wir die Spitze der Trail-Läufer*innen in der Zukunft davon überzeugen können, dass auch ein Deutscher Meistertitel einen entsprechenden Stellenwert hat.

Zugspitz Ultratrail 2017 - schon damals meisterschatlich.
Zugspitz Ultratrail 2017 - schon damals meisterschatlich. © Andi Frank

Konntet ihr als Veranstalter*innen dieses Jahr von den Erfahrungen aus 2017 profitieren?

Jürgen Kurapkat: Die Deutsche Meisterschaft wurde damals wie heute in den Supertrail XL integriert – und der verbucht von all den 5 Wettbewerben des ZUT traditionell die wenigsten Teilnehmenden. Das hat sich auch mit der Deutschen Meisterschaft nicht grundlegend geändert, auch wenn sich dieses Jahr mehr Athletinnen und Athleten für die Strecke angemeldet hatten. Wir sehen es aber als großen Vertrauensbeweis seitens der DUV an Plan B, wenn sie ihre Meisterschaften bei uns austragen möchten.

Der Zugspitz Ultratrail gilt als das Mekka im deutschsprachigen Trailrunning Kosmos. Anna, wie hast du mit deinen Erlebnissen bei den größten Straßenwettkämpfen und sogar Olympia das Event wahrgenommen?

Anna: Die Stimmung war herausragend, sowohl an als auch auf der Strecke. Schon am Tag zuvor war diese besondere Stimmung in Garmisch zu spüren. Überall Läufer*innen und Outdoor-Leute, die auf das Rennen hingefiebert haben. Solche Events sind ein mega Push für den Laufsport und zeigen die Faszination fürs Trail-Laufen.

Nach welchen Kriterien werden diese Meisterschaftsrennen ausgesucht und wo finden sie 2023 statt? Könnte sie z. B. zum 15. Zugspitz Ultratrail wieder in Garmisch stattfinden?

Michael Sommer: Auch auf der Ultratrails-Srecke gibt es einen Anforderungskatalog für die Durchführung von Deutschen Meisterschaften. Neben formalen Anforderungen an Zeitnahme, Verpflegungsstellen, medizinische Versorgung, etc. sind es vor allem die Streckenlänge (70-100km) und der Anteil an Singletrails (>50%) und Asphalt <5%).

Wir wollen sowohl für die absolute Spitze etwas bieten, als auch für z. B. Athlet*innen im höheren Alter. Deshalb ist ein Wechsel zwischen den sehr harten Alpenstrecken (ZUT, Chiemgau, MountainMan, u.ä.) und Trail-Events wie dem Südthüringen Trail in 2021 oder dem SachsenTrail vorgesehen. So wird es 2023 beim Sachsentrail wieder eine etwas leichtere, aber sicherlich auch nicht zu unterschätzende 74,5km Strecke mit 2,120 Höhenmetern im Erzgebirge geben. In den Folgejahren ist dann auch wieder eine DM in den Alpen geplant. Natürlich würden wir es begrüßen, wenn Heini Albrecht und sein Team von Plan B sich bei uns melden würden. Gerne wieder!

Steht Plan B zur Verfügung, die deutsche Meisterschaft Ultratrail erneut abzuhalten, z. B. beim 15. Jubiläum?

Eindeutige Antwort: ja! Zumindest aus heutiger Sicht spricht nichts dagegen.

Falls die Deutsche Meisterschaft im Ultratrail ein drittes Mal an die Zugspitze kommen sollte, wirst du dann wieder antreten, Markus?

Puh, das kommt wohl auf den Zeitpunkt an. Ich bin gerade 41 geworden und da kann ich nicht sagen, wie lange ich noch Lust und Energie für semi-professionellen Sport habe. Damit das nicht falsch verstanden wird: Wenn der Körper es zulässt, möchte ich bis an mein Lebensende an Trailrunning-Events wie beim ZUT teilnehmen. Ob es aber in ein paar Jahren noch Meisterschaften sein müssen, ist fraglich.

Tobias Gerber