Nach langer Verletzungspause lief Lukas Naegele 2016 eine beeindruckende Saison: Er gewann nicht nur das Lichtenstein Skyrace und den Marathon bei Zugspitz Trailrun Challenge, sondern verdiente sich mit einem fulminanten Auftritt und einem achten Platz bei der Berglauf Langstrecken WM in Slowenien auch den Status eines A-Kader Athleten des DSV. Auch in diesem Jahr glänzt Lukas mit sportlichen Höchstleistungen: Marathonbestzeit in Freiburg (2:26h), souveräner Sieg beim Zugspitz Basetrail und beim Nuts Pallas in Finnland. Kommendes Wochenende vertritt der sympathische und bescheiden Freiburger die deutschen Farben bei der WM am Comer See in Italien. Höchste Zeit für ein paar Fragen:
Interview mit Lukas Naegele
Lukas, die WM steht vor der Tür und du hast vor zwei Wochen deine Topform mit einem Sieg beim Nuts Pallas in Finnland unter Beweis gestellt. Wie fühlst du dich vor der WM?
Ich fühle mich gut. Der Nuts Pallas in Finnland hat mir nochmals ein wenig Selbstvertrauen gegeben und ich konnte mein Training nach Plan durchziehen. Ein Großteil der Arbeit ist getan, jetzt gilt es runter fahren mit Trainingsumfang und -intensität und sich mental auf das Event zu fokussieren. In dieser Phase kommen dann trotz guter Vorbereitung auch immer wieder die Fragen auf, ob die Form wohl stimmt, ob das Training gereicht hat und ob am Tag X alles passen wird!
Du darfst kommendes Wochenende zum zweiten Mal das Deutsche Nationaltrikot überstreifen. Ist es etwas Besonderes bei einer WM zu starten?
Das Nationaltrikot zu tragen war immer ein Traum… diesen Traum jetzt ein zweites Mal erleben zu dürfen, ist großartig und es ist sehr besonders sein Land bei einer großen internationalen Meisterschaft zu vertreten. Sich zu messen mit den besten Athleten weltweit, dabei zu sein und zu diesem sehr kleinen und elitären Kreis zu gehören, ist eine große Ehre. Ich freue mich wahninnig auf das Event!
Du hast eine klassische Leichtathletikausbildung genossen und bist von der Bahn auf die Straße zum Trailrunning gewechselt. Würdest du wieder diesen sportlichen Weg gehen?
Auf jeden Fall würde ich diesen Weg genauso wieder einschlagen. Die Berge waren neben dem Laufen schon immer eine große Leidenschaft und diese beiden Leidenschaften seit zwei Jahren miteinander zu verbinden, war die beste Entscheidung, die ich habe treffen können. Nichts desto trotz bin ich sehr froh um meine „Leichtathletikausbildung“ da ich daraus viele wichtige Elemente fürs Trailrunning übernehmen kann. Es ist eine extrem gute und wichtige Basis und es waren tolle Jahre mit vielen emotionalen Augenblicken und Erfahrungen, von denen ich noch heute profitiere.
Was macht für dich die Faszination Trailrunning aus?
Trailrunnning ist in erster Linie für mich ein Lebensgefühl, ein Sport, der mir Freiheit schenkt und der es mir erlaubt, mich in atemberaubenden Landschaften minimalistisch und möglichst schnell fortzubewegen. Dabei kann ich abschalten, loslassen vom Alltag und einfach nur genießen! Trailrunning ist nicht bloß ein Sport, sondern eine Leidenschaft, bei der ich unglaublich glücklich bin.
Im Wettkampf spielen dann viele Faktoren eine immens wichtige Rolle: Physiologie, Technik, Taktik, Ernährung… um seine bestmögliche Leistung zu erbringen muss alles stimmen. Und das ist jedes Mal aufs Neue eine große Herausforderung und damit auch der Reiz. Manchmal ist es nicht planbar, was am Tag X passieren wird. Außerdem sind die Wettkämpfe immer eine Rennen Mann gegen Mann. Zeiten spielen keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle. Das motiviert mich deutlich mehr, als hinter irgendwelchen Bestzeiten herzulaufen.
Seit September 2016 arbeitest du Vollzeit als Sportwissenschaftler in Köln. Hat das deinen Trainingsalltag verändert?
Ja sehr! Alleine durch die geographische Lage von Köln musste ich mir Strategien überlegen, wie ich die fehlenden Höhenmeter kompensieren konnte. Das Rad war z.B. eine Möglichkeit. Zusätzliche macht es einen großen Unterschied, ob man 40-50h in der Woche arbeitet, oder Student ist. Die (Trainings-)Zeit ist kostbar. Mehr Qualität statt Quantität war die Devise und hat bisher auch erstaunlich gut funktioniert. Für mich als Sportwissenschaftler ist es immer wieder interessant zu sehen, dass viele Wege zum Erfolg führen können und man seinen individuellen und optimalen finden muss.
Hast du eine bestimmte Trainingsphilosophie? Was sind deine Schlüsseleinheiten?
Wie in der vorangegangenen Frage schon erwähnt: Qualität statt Quantität! Es ist wichtig, seine individuellen Schwächen zu erkennen und gezielt an den entsprechenden Stellschrauben zu arbeiten um diese zu verbessern. Zusätzlich muss über jedem Training eines immer gegeben sein: Der Spaß und die Leidenschaft! Nur wenn diese Leidenschaft vorhanden ist, ist der Körper auch in der Lage mental an seine Grenzen zu gehen.
Schlüsseleinheiten sind für mich immer die langen Dauerläufe mit möglichst vielen Höhenmeter, gerne nüchtern gestartet. Trotz hoher Belastung am Berg sparsam mit dem KH-Speicher umzugehen und bergan eine gute Laufökonomie zu erlangen ist das Ziel. Schnelle Intervalle hingegen habe ich jahrelang auf der Bahn trainiert und somit ist da eine gute Grundlage gegeben.
Welche Rennen hast du 2017 noch geplant? Wie geht es nach der WM weiter?
Zunächst werde ich das Trainingspensum nach der WM mit Sicherheit ein wenig reduzieren und noch 4 Tage am Comer See entspannen. Logischerweise gibt es dann aber noch das ein oder andere Rennen, das mich reizen würde. Der Arberland Ultratrail wäre ein solches. 60km wäre meine bis dato längste Strecke und der Reiz in der kommenden Saison auf noch längere Distanzen zu gehen ist auf jeden Fall da. Für den Saisonabschluss bietet sich dann entweder das Limone Skyrace am Gardasee oder das Trailrun-Festival in Salzburg an.
Welche drei Rennen möchtest du in deinem Leben noch bestreiten?
Tromso-Skyrace – Matterhorn Ultraks – UTLW ?
Lukas Naegele startet am Wochenende bei der WM in Italien. Er wird live vor Ort für uns berichten. Wir sind gespannt und drücken mächtig die Daumen!