Er ist grundsympathisch, ein Familienmensch mit zwei kleinen Kindern, voll berufstätig und dank seines markanten Bartes vergisst man ihn so schnell nicht – die Rede ist von Florian Grasel vom Boa Running Team. Besser bekannt unter dem Spitznamen „Trailbeard“. Der Österreicher ist in der Trailrunningszene definitiv kein Unbekannter. Bei bekannten alpinen Läufen, wie dem Hochkönigman, dem Grossglockner Ultratrail und auch dem Mozart 100 findet man ihn gern ganz oben. Aber sein Lieblingsrennen scheint der UTMB zu sein, immer wieder steht er in Chamonix am Start und misst sich mit den besten Trailrunnern der Welt! Dieses Jahr gelang ihn eine Leistung, die weder er selbst noch die Zuschauer erwartet hatten! Florian Grasel lief auf Rang neun ins Ziel – mit Abstand der beste deutschsprachige Athlet.
Wir freuen uns sehr, dass uns der sympathische Läufer für ein paar Fragen zu seinem großen Rennen um den Mount Blanc Rede und Antwort stand.
Hallo Florian, der neunte Rang beim UTMB ist ein überragender Erfolg für dich, wie geht es dir jetzt? Hast du es schon einigermaßen realisiert was du da erreicht hast?
Nein – ich kann es ehrlich gesagt noch immer selbst nicht glauben. 2013, 2015, 2017 bin ich am Sonntag nach dem Rennen immer in Chamonix gestanden und habe die 10 Topstars am Podium bewundert. Ich war zwar immer in den Top 40 und letztes Jahr sogar 26-ter mit sub 24h, aber der Abstand auf die Top10 schien mir einfach unüberwindbar. Wahrscheinlich gleichzusetzen wenn man knapp unter 3h einen Marathon läuft und sich dann vornimmt unter 2:15 zu laufen.
Mit welcher Erwartung bist du in das Rennen gestartet?
Letztes Jahr stimmte ich wirklich alles penibel genau auf mein eigenes Ziel sub 24h zu finishen ab. Training, Support, 1 Woche vorher Anreise inkl. Akklimatisieren, Renneinteilung, … Heuer war alles anders – unsere Familie ist im November mit Zwillingen ums Doppelte gewachsen und so wurde natürlich das Training um die Hälfte reduziert. Inklusive Anreise am Tag vorher mit 1000km durch die Nacht und die Kombination mit generell wenig Schlaf, hatte ich ehrlich gesagt keinen konkreten Plan und Erwartungen – ich wollte einfach nur Laufen und mein Bestes geben.
Wie verlief das Rennen für dich? Wann wurde dir klar, dass es etwas ganz Großes wird?
Ich startete gemeinsam mit meinem österreichischen Freund Andreas Pfandlbauer sehr verhalten und wir kamen die ersten 40km super konstant ins Rennen. Leider hatte Andi dann ab Chapieux Magenprobleme und ich zog alleine weiter durch die Nacht. Wie ich in Courmayeur (km80) bei der größten Verpflegungsstation einlief und diese bis auf den mehrfachen Weltmeister Luis Alberto Hernando leer war – war ich schon ein wenig perplex. Wie dann auch noch ein Kamerateam sofort auf mich zukam und mich fragte, ob ich Jim Wamsley überholt hätte, wusste ich, dass hier etwas nicht stimmt. Ich hörte irgendwo Top10 und sagte in die Kamera „no way“.
Was war der schwierigste Zeitpunkt im Rennen? Mental und Körperlich.
Nach Courmayeur wurde natürlich auf einmal der Druck in mir riesig – TOP 10 stand im Raum und das wollte ich natürlich auf einmal unbedingt. Daher bin ich den nächsten Streckenabschnitt auch zu übermotiviert angegangen und das rächte sich kurz vor Champex-Lac. Ich war fertig. So unglaublich im tiefsten inneren Müde war ich überhaupt noch nie in meinem Leben. Wenn mein Körper vergleichbar mit der Akkuanzeige eines Smartphones wäre, war ich wahrscheinlich bei rotblinkenden 3%…
Mit welcher Erwartung bist du in das Rennen gestartet?
Letztes Jahr stimmte ich wirklich alles penibel genau auf mein eigenes Ziel sub 24h zu finishen ab. Training, Support, 1 Woche vorher Anreise inkl. Akklimatisieren, Renneinteilung, … Heuer war alles anders – unsere Familie ist im November mit Zwillingen ums Doppelte gewachsen und so wurde natürlich das Training um die Hälfte reduziert. Inklusive Anreise am Tag vorher mit 1000km durch die Nacht und die Kombination mit generell wenig Schlaf, hatte ich ehrlich gesagt keinen konkreten Plan und Erwartungen – ich wollte einfach nur Laufen und mein Bestes geben.
Es kursiert ein Foto von dir wo du während des Rennens telefonierst. Wahrscheinlich mit deiner Frau? Hat dir das neue Energie gegeben im Rennen?
Kurz vor Champex-Lac (km124) rief ich meine Frau an. Weil ich wusste, dass sie das Rennen sicher Online mitverfolgt, sagte ich ihr „Mach dir keine Sorgen. Ich werde in Champex-Lac aussteigen, weil ich das Gefühl habe der letzte Lebenshauch verlässt meinen Körper“. Ich rechnete mit einem „Ach, riskier bitte nichts und das ist sicher vernünftig“. Aber stattdessen schlug das „Sei kein Weichei. Selbstverständlich wirst du weiterlaufen!“ ein wie – auf gut österreichisch – eine Watschn.
Das war sicher eine gute „Motivation“. Aber wie gehst du sonst mit mentalen Selbstzweifeln während des Rennens um?
Das ist aktuell eigentlich sehr einfach. Meine Frau sitzt mit 10 Monaten alten Zwillingen alleine zuhause und sie gibt mir den Freiraum, dass ich egoistisch meinem Hobby frönen kann. Somit habe ich auch die Pflicht das Beste aus mir bzw. für uns rauszuholen – und das kann eben auch nur ein ausgeglichener zufriedener Papa sein der heim kommt. Falls ich das vergesse (wie kurz vor Champex-Lac) erinnert mich meine Frau auch ganz liebevoll am Telefon daran…
Wow! Eine starke Frau! Du hast zwei kleine Kinder zuhause, wie beeinflusst das dein Training und deine Vorbereitung zum UTMB?
Der Schlafentzug hat mich sicherlich gut vorbereitet. Im Nachhinein betrachtet hat die Trainingsumstellung mit Hauptaugenmerk auf mehr Qualität statt Quantität sicher auch einiges gebracht.
Eine letzte Frage noch, wird deine diesjähriges Ergebnis etwas an deiner Vorbereitung fürs nächste Jahr ändern?
Das kann ich ehrlich gesagt noch nicht beantworten. Aktuell hält noch die Tiefe innere Zufriedenheit an – aber womöglich weicht diese schon bald wieder dem leicht aufflackernden Feuer, dass da noch mehr geht…
Auf dieses Feuer freuen wir uns schon sehr!
Wir danken dir lieber Florian für das nette Interview und wünschen dir eine gute restliche Saison und vor allem viel Spaß mit deinen Zwillingen und deiner bewundernswerten Frau!