Erlebnisbericht: Von Null auf Skimarathon

Langlaufzentrum Passo Lavaze © Felgenhauer / xc-ski.de

Matthias Schwarze ist Vielen von uns als Trailrunner, Weltenbummler und kunterbunter Spaßvogel bekannt. Diesmal versucht sich der Polizist aus dem Harz als Langläufer..

Vom lange laufen zum Langlaufen, in 5 Tagen…

oder „Von Null auf Skimarathon“, das ist der Slogan eines Langlaufcamps von Peter Schlickenrieder, im schönen Trentino. Null, bin ich, Skimarathon, will ich, passt also alles. Nachdem sich im letzten Jahr bereits xc-run.de Chefredakteur und Trailrunner Markus Mingo in 90 Tagen zum Langlauf-Ass ausbilden ließ, wollte ich dies noch viel schneller tun, und zwar in rund 5 % dieser Zeit.

Meine Ausgangslage:

  • Kondition=top;
  • Muskulatur=top;
  • Koordination=geht so;
  • Nordic-, Klassisch- oder XC-Skiing-Skills=3von 10 möglichen Punkten;
  • Skating-Skills=0von 10 möglichen Punkten (Ich kann weder Schlittschuhlaufen noch Rollerskating, in dieser Hinsicht also eher Minuspunkte).

Langlaufcamp am Passo Lavazè

Mittwochmittag startet das Camp und bis Sonntagmittag soll es dauern. Wir sind rund 40 Teilnehmer, die sich auf dem wunderschönen und schneesicheren Passo Lavazè, im Trentino, direkt an der Grenze nach Südtirol, zusammengefunden haben. Im Schatten des Latemar, auf rund 1800m, wird durchgehend beschneit und eine große Loipenanlage jeden Tag aufs Neue perfekt präpariert. Die Strecke bietet eine Klassische- und eine Skatingloipe, mit verschiedensten Schwierigkeitsgraden, in einem großen Areal. Das Terrain ist perfekt gemischt und groß genug, um auch mehrere solcher Gruppen aufzunehmen, wobei außer uns zu dieser Zeit kaum jemand da ist. Das sollte sich zum Wochenende ändern, da dann auch die Italiener auf einem ihrer Hausberge diese perfekten Bedingungen zum Training nutzen.

Geballte Kompetenz um Peter Schlickenrieder

Peter, seine Frau Andrea, sowie auch die drei anderen Top-Trainer Sigrun, Remo und Thomas stellen sich vor und schon jetzt bin ich beeindruckt, welch geballtes Fachwissen und Können uns hier zur Verfügung stehen wird. Als ich mir den Rest der Teilnehmer so ansehe bin ich mir auf jeden Fall gar nicht so sicher, dass hier noch mehr „Null auf Skimarathon“-Typen dabei sind, die sehen fast genauso professionell aus, wie das Trainerteam. Es geht vor allem um Techniktraining, in beiden Disziplinen. Entgegen meiner Vorstellung werden wir alle in beiden Disziplinen trainiert. Rosinenpickerei gibt es hier nicht. Das Team und auch Peter werden nicht müde zu erklären, dass sich Training in einem Bereich immer auch positiv auf den anderen Bereich auswirkt. Das klingt plausibel, ist ja auch beim Laufen so, auch wenn das viele Trailrunner nicht wahrhaben wollen, dass Bahn und Straße sie auch auf dem Trail besser werden lassen. Beim Techniktraining handelt es sich um die Gangschaltung des Skilangläufers, um seine Technik an Gelände und Geschwindigkeit anpassen zu können.

Testen wie die Profis

Langlaufzentrum Passo Lavaze © Felgenhauer / xc-ski.de

Material habe ich nur für das klassische Fahren, ist aber kein Problem, selbst das kann ich getrost im Auto lassen. Salomon Österreich stattet alle Teilnehmer, die das wünschen, mit dem aktuellsten Testmaterial aus. Bestes S-Lab-Material , für beide Disziplinen, mit Top-Beratung, ein Traum. Stecken gibt es von Leki ebenfalls dazu. Auch hier hat man ganz oben angesetzt und den besten Skistock als Testmaterial mitgeschickt. Es gibt einen Goodie-Bag für jeden Teilnehmer, in welchem die Firma Togu Trainingstipps für ihre Tools gibt, Rabatte bei den beiden oben schon genannten Herstellern und auch noch ein paar Windstopper-Handschuhe der Firma Roeckl. Die Versorgung an der Strecke übernimmt die Firma Xenofit, mit Riegeln und kohlenhydratreichen warmen und kalten Getränken. Wenn man jetzt noch auf der Anfahrt den Besuch eines Werksverkaufes eines bekannten italienischen Sportartikelherstellers im Val di Fiemme vorm Passo Lavazè mit einplant, ist man mehr als perfekt ausgestattet und kann quasi ohne jegliches Gepäck anreisen.

Ausbildung vom Bundestrainer persönlich

Peter Schlickenrieder © Felgenhauer / xc-ski.de

Vor der ersten Einheit, bei der vor allem die ersten Schritte, technische Feinheiten und der aktuelle Stand der Teilnehmer beim Skating, Skigefühl und Balance im Vordergrund stehen, werden wir in drei Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1 ist sehr fortgeschritten und sicher, Gruppe 2 ebenfalls fortgeschritten, noch nicht viel gefahren in diesem Jahr und daher mehr auf Techniktraining aus und Gruppe 3, die Einsteiger oder wahlweise einfach gemütliche Fahrer. Jeder der Trainer schnappt sich eine Gruppe. Ich befinde mich natürlich in Gruppe 3, wie ich bereits oben schon erwähnte, habe ich noch nie auf Skating-Ski gestanden. Schon auf den ersten Metern stelle ich fest, dass selbst diese Cappuccino-Gruppe deutlich zu stark für mich ist. Ich werde herausgenommen und bekomme die „Chefarztbehandlung“ vom Bundestrainer persönlich. Nach rund 45 Minuten werde ich für die nächste Stunde zum Rest der Gruppe entlassen und habe die ersten Schritte auf Skating-Ski überlebt. Es fühlt sich noch lange nicht gut an aber ich komme voran. Den sportlichen Abschluss des Tages bietet heute und jeden weiteren Tag eine Yoga-Einheit, welche der perfekte Ausklang der vorherigen Aktivität ist. Dehnende und kraftvolle Übungen mit der ganzen Gruppe motivieren und regenerieren jeden Teilnehmer. Wer jetzt noch möchte, kann die hoteleigene Sauna vor dem üppigen Abendessen nutzen. Abends folgt ein Vortrag von Sabine über perfekte Regeneration. Das kann ich gut gebrauchen, da morgen früh bereits wieder eine Runde Skating ansteht und mir bereits jetzt die ungewohnt angesprochene Muskulatur wehtut.

Trainingsspass bei -15 Grad

Langlaufzentrum Passo Lavaze © Felgenhauer / xc-ski.de

Schon vor dem Frühstück beginnt Tag zwei mit der morgendlichen Sporteinheit, mit Anleihen aus dem Nordic-Walking und Skigymnastik. Natürlich wieder bestens von Leki ausgestattet. Die morgendliche Stimmung ist schwer zu beschreiben. Es herrschen Temperaturn von rund -15 Grad Celsius, es ist noch dunkel, durch den Vollmond, den wolkenlosen Himmel und die weißen Schneemassen um uns herum fühlt es sich jedoch eher wie in einer Polarnacht am Polarkreis an. Einfach wahnsinnig schön. Nach rund 45 Minuten wird die hochmotivierte Gruppe nach Sprungtraining, leichtem Joggen, Rumpfaktivierung und viel Spaß zum Frühstück entlassen. Es gibt alles was das Herz begehrt. Man merkt, dass man hier auf Sportler eingestellt ist. Die erste Skieinheit des Tages ist wieder auf Skating-Ski, mit dem Thema „Der Pendelschritt“. Die Gruppen sind wie schon an Tag eins gebildet. Für mich heißt es zunächst wieder, diesmal mit einem anderen Trainer, kurzes Grundlagentraining in Balance und Skigefühl. Nach kurzer Zeit darf ich mich dann aber der Gruppe 3 anschließen und mich ebenfalls mit der Pendelschritttechnik befassen. Nach gut 90 Minuten fühle ich mich auf den Skatern schon fast ein bisschen wie ein richtiger Sportler. Das tägliche Mittagessen ist gesund und kohlenhydratreich. Wie bereits beim Frühstück merkt man auch hier, dass dieses Hotel weiß, was Ausdauersportler brauchen. Gegen 14 Uhr startet die zweite Skieinheit des Tages, diesmal auf klassischen Brettern. Das kann ich schon und kann zumindest bei dieser Disziplin locker in Gruppe 3 mitfahren. Das Thema dieser Einheit ist „Doppelstock“. Hier kommt mir zudem meine gute Rumpf- und Armmuskulatur entgegen. Trotzdem gibt es, wie vor jeder Einheit, eine kurze Zeit Training ohne Stock. Dabei komme ich mir ziemlich verloren vor und merke deutlich, dass auch beim klassischen Langlaufen einige Technik aus den Beinen kommt und die Arme nur unterstützen. Über 90 Minuten geballtes Techniktraining lassen uns im Anschluss, nach kurzer Pause, gern zum regenerierenden Yoga-Workout im Gruppenraum und anschließend in die Sauna marschieren. Der abendliche Vortag von Peter über Trailrunning, Abenteuer und Training ist sehr inspirierend und lässt den Tag perfekt ausklingen.

Ganz ohne Trailrun geht nicht

Matthias Schwarze büchst aus dem Langlaufcamp aus.. © Matthias Schwarze

Der dritte Tag startet wieder mit Frühsport. Es ist noch etwas kälter, als am Tag zuvor, aber die Stimmung hat sich nicht verändert. Nach dem Frühstück geht es in unseren Gruppen und neuem Trainer in die klassische Loipe, zum Thema „Doppelstock mit Zwischenschritt“. Das ist im Classic für mich etwas völlig neues und macht richtig Spaß. Nach dem Mittagessen steht jedoch wieder Skating auf dem Plan. Mit wieder neuem Coach startet unsere Gruppe gemeinsam zum Thema „1:1 Technik“. Wieder werden ein paar herausgenommen, ich nenne uns gerne die Gruppe 4, und bekommen ein extra Training. Nach kurzer Zeit aber schon dürfen wir zum Rest der Gruppe 3 zurück und mit ihnen gemeinsam arbeiten. Die anderen beiden Gruppen machen jeweils übrigens immer das gleiche Training, allerdings in deutlich anderer Intensität. Wichtig ist jedoch allen der gemeinsame Beginn und das gemeinsame Ende des Trainings. Hier tauscht man sich kurz über das Training in den anderen Gruppen aus, klopft sich auf die Schulter, dass man wohl in der richtigen Gruppe war und auch das ein oder andere Pärchen sieht sich jetzt wieder. Wieder einmal ruft das Yoga-Training, die Sauna, das üppige Abendessen und ein gemeinsames Beisammensein, bei einem tollen Vortrag über das Leben das Skilanglaufprofi, von Remo. Heute habe ich jedoch Yoga geschwänzt und bin auf einen der zwei Hausberge gelaufen. Hier stehen das Weisshorn und das Schwarzhorn. Die 7 km rauf auf das Weisshorn ließen für mich den Blick auf die südlichen Dolomiten, die Gardaseeberge und einen perfekten Sonnenuntergang zu. Auf der Nordseite ist es mit rund -15 Grad Celsius und frischem Wind auf rund 2350m jedoch empfindlich kalt, so dass ich nicht viel länger dort oben verweilen kann. Ganz ohne laufen geht es dann irgendwie doch nicht und nach rund 2,5 Stunden und 16 km bin ich dann pünktlich, ausgehungert und mächtig durchgefroren zum Abendessen im Hotel Dolomiti.

Trainingserfolge auch bei „Gruppe 4“

Gemeinsames Aufwärmen © Felgenhauer / xc-ski.de

Auch der vierte Tag startet wie die anderen mit Frühsport. Es ist tatsächlich noch kälter geworden. Das ist Ausfluss der stabilen Hochdruckwetterlage in den Dolomiten. Nach dem Frühstück tauchen bereits die ersten Einheimischen auf, um ebenfalls ihr Training zu absolvieren. Der Pass ist von drei Seiten aus perfekt zu erreichen. Trotz der vielen Leute ist es hier oben noch lange nicht zu voll. Heute steht zunächst wieder Skating, mit dem Thema „Der Bergschritt“ auf dem Programm. Da Andrea nichts besseres vorhat, übernimmt sie dankenswerterweise die „Gruppe 4“ und macht mit uns 90 Minuten Einzeltraining. Nach dieser Einheit fühle ich mich als Skater und traue mir zu, auf jedem Terrain einigermaßen fahren zu können. Stolz fahre ich, wie nach jeder Trainingseinheit, eine Extrarunde, heute jedoch deutlich schneller als in den letzten Tagen. Nach dem Mittag geht es wieder auf die Klassiker. Das Thema lautet „Der Diagonalschritt“. Auch das liegt mir sehr und diese rund 100 Minuten laufen wie im Flug vorbei. Yoga, Essen und dann noch ein interessanter Vortrag von Thomas über Traingssteuerung runden den Tag ab. Letzter Tag im Camp, Tag fünf. Heute sollte eigentlich ein Rennen anstehen „Race-Day“. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre wissen die Trainer allerdings, dass das bei vielen Leuten in der Loipe und so differierenden Leistungsklassen nicht so viel Spaß macht. Also wird flux umdisponiert und noch einmal ein „Alles was du sonst noch von uns lernen kannst“-Training eingebaut und viele Details und Skills aus den vorangegangenen Tagen verfeinert und geübt. Nach einem letzten gemeinsamen Mittagessen steht dann am Sonntagmittag die Heimreise für nahezu alle an.

Mein Fazit:

Das Ziel des Camps, ökonomischer, entspannter und vor allem auch schneller durch die Loipen gleiten zu können, wurde bei allen Teilnehmern mehr als erreicht. Viele nutzen dieses Camp, um zum Einstieg der Saison noch einmal so richtig auf die technischen Details der beiden Disziplinen getrimmt zu werden. Das beherrscht dieses Trainerteam perfekt. Im Anschluss kann die Langlaufsaison dann starten. Für mich sollte es ein Alternativtraining für den Winter sein, den ich nun mal auch gern mit anderen Sportarten als nur dem laufen verbringen möchte, jedoch auf Natur, Kraft und Ausdauer nicht verzichten möchte. Hier bietet sich das Langlaufen, in all seinen Varianten, geradezu an. Das Versprechen „Von Null auf Skimarathon“ nehme ich den Trainern voll ab. Hier wird sich um jeden (und ich hatte es nötig) sehr individuell gekümmert und das Leistungsniveau jedes einzelnen erfasst und von dort aus aufgebaut. Diese 4,5 Tage, und damit nur rund 5% des Aufwandes von Markus, machen mich zwar lange nicht so gut wie ihn, aber ich traue mir nach diesen paar Tagen nahezu jede Herausforderung auf Langlaufski zu. Ein perfekter Start in die Skisaison, ein perfekter Ausklang einer tollen Trailrunningsaison im Schnee, klasse Alternativtraining oder auch einfach nur eine unglaubliche schöne Zeit sportliche Zeit in den Bergen. Wie und wofür immer man dieses Camp nutzen mag, es ist perfekt geeignet, auch wenn die Voraussetzung „NUR EIN LÄUFER“ ist. Danke an alle, die diese Woche unvergesslich und so toll gemacht haben. Ein tolles Trainerteam und tolle megasportliche Teilnehmer. Ich komme sicher wieder.

Matthias Schwarze für xc-run.de / xc-ski.de