Coaching: Zielsetzung und Periodisierung

Trainingsplanung und Periodisierung mit Andreas Weishäupl und Markus Mingo © xc-run.de

Was wäre ein Leben ohne Ziele? Bereits Dreijährige wissen was sie einmal werden wollen. Jeder Personalchef stellt beim Vorstellungsgespräch die Frage nach den beruflichen Zielen. Jede Beziehung kommt an den Punkt, an dem sich die Frage nach den Zielen im Leben stellt und auch im Sport sind sie das A und O.

„Nur wer sein Ziel kennt findet den Weg“ (Laotse).

Sportlich können diese Ziele gänzlich unterschiedlich ausfallen: Das kann eine Steigerung der körperlichen Fitness und des Wohlbefindens sein, eine neue Bestzeit über 10 Kilometer oder – wie in unserem Fall sehr häufig – ein Wettkampf im (Ultra-)trail. Ist das sportliche Highlight des Jahres erst einmal fix, beginnt die Saisonplanung – und hier kommt der Trainer ins Spiel:

Erste Schritte der Periodisierung

Genau diese konkrete Zielsetzung ist für den Trainer unabdingbar, da nur so ein im wahrsten Sinne des Wortes zielgerichtetes Training realisierbar ist. Natürlich kann der Trainer an der Zielfindung beteiligt sein und beratend zur Seite stehen. Im professionellen Sport wird die Planung oft über mehrere Jahre auf ein übergeordnetes Ziel, zum Beispiel auf eine Olympiade, abgestimmt. Man spricht dann von einem Olympiazyklus, also einer Mehrjahresplanung. Im Amateursport ist es prototypisch, im Rahmen eines Jahrestrainingsplan eine Saison zu planen, wobei auf das Training der vorherigen Saisonen aufgebaut und natürlich die langfristige Entwicklung im Auge behalten werden muss. Intensitäts- und Umfangsteigerungen können nämlich nur in einem gewissen Maße durchgeführt werden, ohne beim Athleten nachteilige Effekt hervorzurufen. Als ersten Schritt der Jahresplanung vermerkt der Trainer die eingangs erwähnten Zielwettkämpfe im Jahrestrainingsplan. Dann werden passende Vorbereitungswettkämpfe und Leistungskontrollen festgesetzt. Anschließend werden Trainingslager, aber auch feststehende berufliche (Messebesuche, Geschäftsreisen, Auslandsaufenthalte, etc.) oder familiäre Verpflichtungen (Geburtstage, Familienfeste, Urlaube, etc.) terminiert, die den Trainingsalltag maßgeblich beeinflussen. Dies bildet das Gerüst der Jahrestrainingsplanung, anhand dessen Trainingsperioden mit unterschiedlichen Trainingsschwerpunkten geplant werden können. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie nachfolgen aufgezeigt wird.

Einfach-Periodisierung

Die erste Möglichkeit ist die Einfach-Periodisierung, welche die gängigste Art im Ausdauersport darstellt. Diese Form kommt zur Anwendung, wenn es eine durchgängige Wettkampfsaison oder ein klares Saisonhighlight mit eventuell zugehörigen Vorbereitungswettkämpfen gibt. Zweitgenanntes trifft auf einen Großteil der Trailrunner zu, weshalb dieser Fall am konkreten Beispiel erläutert wird: Gehen wir davon aus, dass unser gesetzter Zielwettkampf Ende September stattfindet.

Einfach-Periodisierung © Andreas Weishäupl

Vorbereitungsperiode

Die Vorbereitungsperiode wäre dann von November bis einschließlich August. Da dies ein enorm langer Zeitraum ist, kann die Vorbereitungsperiode nochmals in Vorbereitungsperiode 1 (VP 1), Vorbereitungsperiode 2 (VP 2) und Vorbereitungsperiode 3 (VP3) unterteilt werden, in denen wiederum unterschiedliche Trainingsschwerpunkte gesetzt werden.

Die Vorbereitungsperiode 1 entspricht dem Zeitraum von November bis einschließlich März. Hier findet das klassische Wintertraining statt, bei dem mit viel Grundlagentraining die Basis für den Sommer geschaffen wird. Diese Phase ist auch durch alternative Trainingsmittel, wie zum Beispiel Skitour, Skilanglauf oder Krafttraining gekennzeichnet.

In der Vorbereitungsperiode 2 (April bis Mitte Juni) werden dann vermehrt wieder Laufkilometer abgespult. Dabei soll mit kurzen intensiven Einheiten, die unter anderem auf der Bahn absolviert werden, die Grundgeschwindigkeit erhöht werden. Als Kontrastprogramm dazu werden aber auch zahlreiche lange, extrem ruhige Einheiten trainiert.

In der Vorbereitungsperiode 3 (Mitte Juni bis einschließlich August) soll dann das gesteigerte Grundtempo ins Gelände übertragen werden. Die Wettkampfspezifik nimmt zu: Das Training findet vermehrt im kupierten Gelände statt, bei den intensiven Einheiten werden die Belastungszeiten erhöht und es wird vermehrt in Intensitätsbereichen trainiert, die den Wettkampfanforderungen entsprechen.

Wettkampfperiode

In der Wettkampfperiode ist das eigentliche Training bereits absolviert. Hier stehen die Umfangreduktion und somit die Erholung im Zentrum. In der Woche des Wettkampfes selbst können über das sogenannte Tapern noch die letzten Prozente aktiviert werden. Ein Testwettkampf ist im Vergleich zum Zielwettkampf eher eine Unterdistanz und wird im Idealfall zwei bis drei Wochen davor durchgeführt. Die Wettkampfperiode ist für unser Beispiel also der September. Wird eine ganz Wettkampfsaison ohne längere Pausen absolviert, kann die Wettkampfperiode auch mehrere Monate dauern. Funktioniert der Formaufbau, kann es durchaus Sinn machen, einen regelrechten Wettkampfblock mit mehreren Wettkämpfen hintereinander durchzuführen.

Übergangsperiode

Genauso wichtig wie das Training ist die Regeneration. Es kann nicht ganzjährig mit höchstem Einsatz trainiert werden. Es müssen dem Körper auch Phasen der Erholung gegönnt werden. Dies ist in der Übergangsperiode der Fall, die meist nach dem letzten Wettkampf beginnt und ungefähr vier Wochen dauert. In unserem Beispiel ist das der Monat Oktober. In dieser Zeit findet ein gezielter Formverlust statt und es können neue Ziele für die kommende Saison gefunden werden.

Zweifach-Periodisierung

Zahlreiche Trailrunner setzen sich nicht nur ein Saisonziel, sondern häufig ein Highlight zu Beginn und ein zweites Highlight am Ende der Saison. Gehen wir daher exemplarisch von zwei Zielwettkämpfen im Juni und September aus. Die Saison wird in diesem Fall zweigeteilt, weshalb man von einer sogenannten Zweifach-Periodisierung spricht. Die einzelnen Trainingsperioden sind bereits aus dem ersten Beispiel der Einfach-Periodisierung bekannt, allerdings werden alle Perioden nun zweimal in der Saison durchlaufen und sind dementsprechend kürzer. Wie die Abbildung zeigt wird nach der ersten Wettkampfperiode im Juni eine Übergangsperiode im Juli geplant, bei der die Regeneration von der ersten Wettkampfperiode im Fokus steht. Mittels einer zweiten Vorbereitungsperiode erfolgt dann der Neuaufbau hin zum zweiten Zielwettkampf im September.

Zweifach-Periodisierung © Andreas Weishäupl

Natürlich kann ein Trainer auch kürzere Trainingsphasen, wie zum Beispiel einen 12-Wochen-Zyklus hin zu einem Wettkampf zielgerichtet planen. Ein Beispiel dafür wird im Laufe der Artikelserie noch ausführlich beschrieben. Am erfolgversprechendsten sind jedoch die genannten langfristigen Planungsansätze, da die biologischen Adaptationserscheinungen im Ausdauersport stets einige Zeit dauern.

 

Persönliche Erfahrung Markus Mingo:

Als erfahrener Sportler fallen mir persönlich die Wettkampfperioden am leichtesten zu planen. Steht ein Wettkampfblock an, verfällt man in den Rhythmus aus Spannung und Entspannung und für den gezielten Aufbau dazwischen fehlt meist die Zeit. Jeder hat in der Woche vor dem Wettkampf seine Vorgehensweisen, Macken oder auch Vorlieben, die bereits funktioniert haben – und hier lässt man sich auch von einem Trainer zwar gerne beraten, aber nichts „aufzwingen“.

Besonders spannend und vielversprechend ist für mich persönlich die Zusammenarbeit mit einem Coach während der Übergangs- und Vorbereitungsperiode. Hier braucht man jemanden mit Weitblick, der die wichtigen Saisonziele im Blick hat und die richtigen Grundlagen in Form von Kraft, Schnelligkeit und Grundlagenausdauer schafft. Man selbst neigt dazu immer den nächsten Wettkampf als den wichtigsten zu sehen – ein guter Coach hat die Saisonhighlights im Blick und sollte auch mal „bremsen“ wenn man es in der Übergangsperiode mit dem Laufen übertreibt.

Kontakt

Infos und Kontakt zu Andreas Weishäupl findet ihr unter:

training-planung.de

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