Tempotraining für Trailrunner: Einmal Hölle und zurück

Tempotraining für Trailrunner © xc-run.de

„Einmal Hölle und zurück, starre ich auf die Uhr: 1:16! Ich kann es nicht fassen – die Beine schmerzen, vom Laktat brennen sogar die Schultern, ich pumpe, wie ein Maikäfer und dennoch ist der Puls viel zu niedrig und die Zeit viel zu hoch. Vor ein paar Tagen bin ich doch noch 1:12 gerannt, dazwischen 1000er in 3:20 und dann wieder 400 in 1:12. War es der Schnee, die Kälte, der Wind oder bin ich einfach zu alt für den Sch…? Alles egal – die BAHN ist unbarmherzig – am Ende stehen 1:16 und ich bin einfach vier Sekunden zu langsam……“

XC-RUN Redakteur Markus Mingo möchte es wissen. Der ambitionierte Trailrunner strebt für unsere 10k Challenge eine neue Bestzeit über 10000 Meter an und möchte mit einem sechswöchigen Tempoblock ein bisschen Bums in die Beine bringen. In unserem Blog berichtet er, wie sich der ungewohnte Ausflug in die Welt des Straßenlaufs anfühlt.

Der Trainingsplan

Coach Andreas Weishäupl steht Markus dabei mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt ihn mittlerweile seit über einem Jahr in der der Trainingsplanung (siehe Artikelserie Coaching). Sein Vorschlag enthält drei Intervalleinheiten pro Woche und einen langen Lauf. Flankiert wird das Ganze von Alternativtraining und extrem lockeren Grundlageneinheiten.

Tempotraining für Trailrunner © xc-run.de

Beispieleinheiten für „Kurze Intervalle“:

  • 8x 400m ca. 70-75 Sek; 3 min Trabpause
  • 10x 1 min flach; 3 min Trabpause
  • 12x 200m ca. 35 Sek; 3 min Trabpause
  • Pyramide 200-400-600-800-1000-800-600-400-200 m gleichbleibend 40 Sek auf 200m; Pause = Belastungszeit

Beispieleinheit für „Lange Intervalle“

  • 6 bis 8x 1000 m; aktive Pause 3 min/ 500m Trabpause
  • 3x 3000 m; Pause 10 min
  • Pyramide 1000 – 2000 – 3000 – 2000 – 1000 m; 500m Trabpause
  • Steigerung Rückwärts 1500-1000-500-1000-1500; 500m Trabpause
  • Intermittierende Intervalle (30-30)

Erste Schritte: Trainingswochen eins bis drei

„Tempotraining ist nicht einfach in Zeiten wie diesen. Zum einen spielte das Wetter verrückt und nach den ersten Frühlingsgefühlen kam der Wintereinbruch, zum anderen spielt die ganze Welt verrückt und dieses Virus kollidiert stark mit meinem Trainingsplan. Es hat mich die letzten Jahre wenig auf die Laufbahnen meiner Umgebung gezogen, aber jetzt kenne ich sie alle. Auf – zu – auf – plötzlich abgesperrt – zufällig auf. Freizugängliche Bahnen sind Glückssache in diesen unsäglichen Zeiten und viel zu oft stehe ich vor verschlossenen Toren. Gut, eine 400 Meter Bahn vor meinen Aerosolen zu schützen macht natürlich Sinn. Trotzdem – will ich ernsthaft am Tempo feilen, brauche ich die Tartanbahn, denn sie ist besonders eines: Unglaublich ehrlich und unbarmherzig! Hier kann ich mich nicht auf Steigung, Untergrund und Wetter rausreden, nicht einmal auf Puls und Watt – hier zählen die Sekunden. 75 Sekunden auf 400m sind einfach 3 Sekunden langsamer als geplant und diese unmittelbare Rückmeldung tut weh – hilft aber auch die letzten Prozent aus dem Körper herauszuholen, damit am Ende eben doch die 72s stehen.

Ich weiß, ich bin keine Rakete, aber wenn ich etwas bin, dann unglaublich konstant. Wenn ich an der Startlinie eines Trails stehe, weiß ich was ich kann. Da gibt es keine guten und schlechten Tage – da kann ich genau abrufen, was eben gerade in mir steckt. Auf der Bahn ist das komischerweise anders. Die Zeitvorgaben sind die gleichen – aber Gefühl und Performance so unterschiedlich. Hier bin ich ungewohnt inkonstant: Manchmal fühle ich mich wie ein junges Rennpferd, an einem anderen Tag wie ein alter Mann. Die Intervalle und das vermehrte Training auf der Straße sind ziemlich fordernd für mich – sowohl orthopädisch als auch mental.

So habe ich den ambitionierten Trainingsentwurf auch ein bisschen an mich angepasst. Eine längere Intervalleinheit mache ich auf Trails – jenseits von Pace – einfach nach Gefühl und Laune. Den langen Lauf habe ich bis auf weiteres auch gestrichen. Zum einen fehlt die Power, zum anderen auch Zeit und Lust, um ihn wirklich genießen zu können.

Heute war wieder richtig gut: Freie Bahn, 8 x 1000 in je 3:19 – mit dem anschließenden Gefühl noch Reserven gehabt zu haben. Vielleicht adaptiert mein Körper doch und es bringt mich mit Sicherheit sportlich weiter, wenn ich mich aus der Komfortzone auf ungewohntes Terrain wage. Oder wie mein Trainer Andi sagt: „Am technischen Trail wirst du nicht mehr schneller – das meiste Potential sehe ich im flachen Gelände.“ Bisher hatte er immer recht…

Hier geht es zu Markus` Straßenschuhempfehlungen

https://xc-run.de/material/strassenlaufschuhe/

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