Charlotte Dewilde: Eine Belgierin erobert Tirol - xc-run.de Trailrunning

Charlotte Dewilde: Eine Belgierin erobert Tirol

Charlotte Dewilde © Charlotte Dewilde

Sie ist die Erin Brockovich des Trailrunning: Für ihre Leidenschaft, den Umweltschutz zog die Belgierin Charlotte Dewilde nach Tirol, um dort als Nachhaltigkeitsmanagerin zu arbeiten. Gut – eine weitere Passion, die Berge und das Laufen spielten mindestens eine ebenso große Rolle. Dewilde war die Senkrechtstarterin der Saison 2021: Bei ihrem Trailrunning-Debüt im Rahmen des Tschirgant Sky Run (K26) holte sie sich in beeindruckender Manier den Sieg, distanzierte Konkurrentinnen wie Edith Zell oder Johanna Hiemer um über 20 Minuten und lief in die Top 10 des stark besetzten Männerfeldes. Es folgten Siege beim IATF, dem Ötztaler Gletscher Trail oder der Tour de Tirol. Nach langer Verletzungspause trafen wir Charlotte beim Stuiben Trailrun 2022 wo sie „nur so zum Spaß“ mitlief, weil sie es „so sehr vermisst“ – und dabei die 24k gewann:

Interview Charlotte Dewilde

Charlotte Dewilde © Charlotte Dewilde

Eine Einstiegsfrage für die Nachhaltigkeitsmanagerin: Wie bist du angereist?

Ich muss dich leider enttäuschen, aber ich bin gemeinsam mit meinem Freund mit unserem Wagen angereist. Der Grund: der Start ist um 9 Uhr in Umhausen (Ötztal) und mit den Öffis bin ich von Steinach 2 Stunden und 20 Minuten unterwegs. Das ist leider mehr als doppelt so lang… Eine gute Lösung wäre die Einrichtung einer Fahrgemeinschaftplattform auf der Veranstaltungswebsite. So können Läufer sich vernetzen und gemeinsam anreisen. Bei mir wären noch 2 Plätze frei!

Eine Belgierin mit Hauptwohnsitz in Tirol ist eine ungewöhnliche Geschichte. Fühlst du dich nach zwei Jahren schon als „Tiroler Madl“?

Hahaha, nein. Ich fühle mich jetzt „zu Hause“ in Tirol und verstehe zum Glück die meisten Tiroler. Aber ich sage „hinauf“ und noch nicht „aui/auffi“. 😉

Du hast die ersten Monate in der „neuen Heimat“ auf einer Alm verbracht. Wie kam es dazu und wie empfandest du dieses Leben?

Ich konnte von Belgien aus keinen „nachhaltigen“ Job in Tirol bekommen, weil ich einfach kein Deutsch sprach. Nach ein paar Wochen Abendkurs Deutsch in Belgien, wobei die Motivation eher niedrig war, habe ich mich entschieden spontan umzuziehen. Eine Sprache lernt man am besten „all doing“. Und ja, ich war die Büroarbeit einfach auch müde. Über die Organisation WWOOF (weltweites Netzwerk von Bio-Bauernhöfen) habe ich die Peeralm im schönen Navistal gefunden. Für meine Hilfe beim Melken und bei der Herstellung von Butter/Käse habe ich freie Unterkunft und Verpflegung bekommen und natürlich gratis die Sprache gelernt.

Charlotte Dewilde © Charlotte Dewilde

Inzwischen sprichst du fließend Deutsch, bist voll integriert und hast einen großen Freundeskreis in der Region. Welche Rolle spielte der Sport bei der Integration im neuen Land?

Der Sport war für mich einfach der „Türoffner“ um andere sportliche Menschen kennenlernen zu können. In Innsbruck gibt es sehr viele Laufgruppen und Trailrunning-Wettkämpfe haben eine freundliche Atmosphäre wo ich immer wieder neue Trailrunner:innen getroffen habe. Die perfekten Zutaten für abenteuerliche Freundschaften. Und einer meine ersten Freunde war Lukas Kocher, der Veranstalter von Tschirgant Sky Run. Er hat ein sehr großes Netzwerk und war so nett gemeinsam mit mir mein Laufbahntraining zu machen.

Du bist belgische Meisterin im Berglauf und warst auch in der dortigen Crosslauf-Szene sehr aktiv. Wie kann man sich Berglaufmeisterschaften in Belgien vorstellen?
Eine gute Frage. Belgien hat genau keine Berge, aber trotzdem sind wir stolz auf unsere Hügel. Und das mehrmalige Hinauflaufen eines Hügels macht ja viele Höhenmeter.

Lass uns nochmal die Themen Trailrunning und Nachhaltigkeit zusammenbringen: Empfindest du Trailrunning als nachhaltigen Sport und die Community als nachhaltige Sportler?

Ja, ich denke, Trailrunner:innen sind schon mehr verbunden mit der Natur und dadurch mehr intrinsisch motiviert für das Thema Nachhaltigkeit. Die Veranstaltungen finden meistens in geschützten Naturgebieten statt und die Labestationen machen dies immer sehr deutlich: Müllmitnahme (oder in der Mülltonne) und eigene komprimierbare Trinkbecher! Natürlich ist die Anreise dafür immer etwas schwieriger, weil die Startorte nicht immer gut mit den Öffis zu erreichen sind. Aber die Förderung der Fahrgemeinschaften ist eine gute Alternative.

Tipps vom Profi

Welche drei Tipps hast du für uns, um Lauf-Passion und Nachhaltigkeit gut zu kombinieren?

  1. Suchen Sie nach Rennen in Ihrer Umgebung. Prüfen Sie die Öffiverbindungen oder starten Sie einer Fahrtgemeinschaft.
  2. Entscheiden Sie sich nach dem Rennen für eine vegetarische Mahlzeit. Kaspressknödel enthalten ebenfalls viele Proteine für die Regeneration der Muskeln. 😉
  3. Nehmen Sie keine Goodie Bags an, wenn Sie sie die Inhalte etwas später wegwerfen. Das ist ein gutes Signal an den Veranstalter dass Goodie Bags nicht erwünscht sind.
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