Deutsche Skyrunning Nationalmannschaft formiert sich

Marcel Höche und Wendall Lorenzen kümmern sich in Zukunft um die Entsendung Deutscher Athleten zu internationalen Skyrunning Events © Marcel Höche / Wendall Lorenzen

Jährlich finden zahlreiche renommierte Veranstaltungen der Skyrunning Gemeinde statt. Darunter auch Welt- und Europameisterschaften. Neidisch blickten wir zuletzt nach Österreich, die stets ein Team zu den wichtigsten Veranstaltungen entsenden konnten und uns damit einen großen Schritt voraus waren. Deutschland stellte zwar eine Nationalmannschaft im Berglauf und eine im Ultratrail (HIER), für den Bereich Skyrunning fühlte sich aber bisher niemand verantwortlich. Schade, da dies mit großer Wahrscheinlichkeit die spektakulärsten und medienwirksamsten World Championships der Szene sind. Darüber hinaus waren es die einzigen, die im Pandemiejahr 2021 stattfanden (HIER).

Dies soll sich nun ändern: Marcel Höche und Wendall Lorenzen haben sich der Sache angenommen und einen Verband gegründet, der in Zukunft Athletinnen und Athleten für internationale Skyrunning Wettkämpfe nominieren und entsenden kann. Wir lassen die beiden Experten auf diesem Gebiet am besten selbst zu Wort kommen:

Interview Marcel Höche und Wendall Lorenzen

Hallo Macy, hallo Wendall. Könnt ihr euch unseren Lesern in drei Sätzen vorstellen?

Wendall: Ich heiße Wendall, bin 24 Jahre alt und bin halb Deutscher, halb US-Amerikaner der sich für Berg-/Traillauf begeistert und neben dem Sport auch Student der Sportwissenschaft ist. Ich habe meine Kindheit auf der Olympic Halbinsel verbringen dürfen und bin dort zu Skyrunning gekommen als ich mit Freunden von meinem Crosslauf Team nach der Schule in die Berge des Olympic Nationalparks gegangen bin. Dort konnte ich trainieren, um 2016 den dritten Platz bei der US Skyrunning VK Nationalmeisterschaft zu erzielen. Nach einer zweijährigen Laufpause bin ich hier in Deutschland wieder zum Laufsport gekommen und habe dieses Jahr bei dem Harz Gebirgslauf den zweiten Platz erzielt und wurde in die amerikanische Nationalmannschaft berufen, was mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass es kein deutsches Team im Bereich Skyrunning gab.

Macy: Mein Name ist Macy. 28-Jähriger Trailläufer mit Herz und Seele. Deswegen auch meinen Traumjob bei adidas terrex als Trail-Schuh-Entwickler aufgegeben und stattdessen lieber nach Grainau gezogen. Die Höhenmeter zeigen ihre Wirkung: Im November konnte ich mit einem Sieg beim Ultra Trail Cape Town mein wohl bisher stärkstes Ergebnis erzielen. Für die deutsche Trailrunning Community wünsche ich mir, dass jeder die Möglichkeit hat, frei zu wählen, bei welchen Rennen und Meisterschaften sie oder er starten möchte. 

Was hat euch dazu veranlasst das Thema Skyrunning World Championships selbst in die Hand zu nehmen?

Wir fanden es total unfair dass es wirklich niemanden aus Deutschland bei der WM gegeben hat und wollten jedem/jeder die Möglichkeit geben, an solchen Events teilzunehmen. Laufen ist auch ein Teamsport und es ist immer besser wenn man mit einer tollen Gruppe von gleichgesinnten Athleten unterwegs sein kann, aber es gab bisher weder einen Weg wodurch man als Deutscher in so ein Team kommen konnte noch einen Startplatz bekommen könnte. 2016 war ich ohne Team bei der VK WM aber seitdem haben sich die Regeln geändert, und jetzt kann man nicht ohne eine Nominierung von dem zuständigen Nationalverein bei Events der ISF starten – das bedeutete, wir mussten etwas dafür tun.

Wie aufwendig war das Ganze? Welche Wege musstet ihr beschreiten? 

Wendall: Im Sommer diesen Jahres habe ich sehr viele Leute kontaktiert wegen der Mannschaft und wollte feststellen, wer tatsächlich in Deutschland dafür verantwortlich war. Letztendlich stellte ich fest, niemand wollte etwas mit Skyrunning zu tun haben und wenn es ein Team von Deutschland geben sollte, musste ich was dafür tun. Ich habe dann die ISF mehrmals angeschrieben und Erlaubnis bekommen, den deutschen Verein zu gründen. Danach habe ich einfach Freunde und andere Läufer gefunden, die auch mit anpacken wollten und habe das Team Anfang Dezember ins Leben gerufen. Macy hat mich in derselben Woche kontaktiert und meinte, er wollte auch was dafür tun um deutschen Läufern/Läuferinnen den Start bei internationalen Skyrunning Wettkämpfen zu ermöglichen – dann ging alles richtig los. Mit Macys Connections und einem frisch gegründeten Nationalverein, konnten wir nach Sponsoren und Athleten suchen.

Was sind die anstehenden Events im Jahr 2022?

Der Traum ist es, dass wir im kommenden Jahr bei allen Internationalen Meisterschaften vertreten sind: Der SkySnow World Championships, die diesen Februar zum ersten Mal stattfindet – und zwar in der spanischen Sierra Nevada mit den Disziplinen SkySnow (12km, 1000v+) und einem Vertical K, der Youth World Championship im Juli in Andorra mit den Disziplinen SKY und VK und der World Championship im September in Italien mit dem SKY, dem SKY Ultra und dem VK. Wir haben also gleich im ersten Jahr die Möglichkeit, richtig Gas zu geben.

Wie werden die Athletinnen und Athleten ausgewählt? Gibt es schon eine deutsche Teilnehmerliste für die SkySnow World Championships?

Wir wählen die Athletinnen und Athleten mit bestem Wissen und Gewissen. Hierzu haben wir mal eine lange Liste erstellt und nach und nach für die erste Meisterschaft das Team zusammengezogen. Ich möchte jeden Trailläufer, der aus seiner Sicht zu unrecht nicht bzgl. der SkySnow Weltmeisterschaft von uns kontaktiert worden ist, bitten sich bei uns zu melden. Gerade am Anfang möchte ich nicht abstreiten, dass man vielleicht auch mal einen Läufer vergisst. Dazu reden wir jetzt beim SkySnow auch von einer doch sehr untypischen Distanz (und auch Jahreszeit) und die “typischen Verdächtigen” der deutschen Trailrunning Szene sind vielleicht gar nicht die richtigen Athleten, sondern vielleicht eher die Leichtathleten? Die stehen vielleicht gerade auch mehr im Saft als die Trailrunner, die momentan wohl eher in der Saisonpause sind? Auch die Skibergsteiger, die natürlich die stärksten Kandidaten für den Vertical wären, sind keine Option, da der Ski Mountaineering Weltcup ihre volle Aufmerksamkeit bedarf. 

Fluch und Segen zugleich

Marcel Höche auf dem Weg zur SkySnow WM in Andalusien © Marcel Höche

Es ist also Fluch und Segen zugleich. Es macht Spaß, mit den Athleten in Kontakt zu treten und ein möglichst starkes Team zusammenzustellen, aber die Entscheidung, den einen/die eine oder den anderen/die andere nicht mitzunehmen, ist auch echt schwer. Wir haben für den Februar die Möglichkeit, 6 Läufer je Disziplin zu entsenden. Und grundsätzlich haben wir das auch vor. So kurz nach der Gründung können wir natürlich keinen finanziellen Support bieten, sodass wir keinen Grund sehen, nicht auch die maximale Anzahl an Läufern zu entsenden. Wenn doch jemand gerne laufen will, dann möchten wir ihm/ihr diese Chance auch gerne geben. Damit unterscheiden wir uns also etwas von anderen Verbänden. Jedenfalls  sind wir gerade kurz vor der finalen Nominierung. Wir müssen noch vor dem 1. Januar nennen. Vorher möchten wir auch noch keine Namen nennen. Sicher ist aber, dass Wendall mit seinen beiden Staatsbürgerschaften wohl für das amerikanische Team startet. Macy geht für Deutschland auf die SkySnow Strecke.

Was sind eure größten Ängste in Bezug auf die anstehenden World Championships? Was kann noch schiefgehen, bevor das erste deutsche Team bei einer Skyrunning WM startet?

Ob die Ängste begründet sind, kann ich zwar nicht einschätzen, aber etwas nervös sind wir schon. Der Nominierungsprozess ist neu für uns beiden. Auch nicht mit jedem der Athleten, den wir planen zu nominieren, hatten wir bisher persönlich Kontakt. Und jetzt versuchen wir, Flüge zu koordinieren und ein Ferienhaus zu finden, in dem alle Platz haben. Und das alles auf freiwilliger Basis, während die anderen sportlichen, privaten und beruflichen Verpflichtungen eigentlich schon unsere volle Aufmerksamkeit bedürfen. Wünscht uns also Glück. Wir sind aber guter Dinge, dass da bald Routine reinkommt und spätestens nach diesem Jahr die Kommunikation nicht immer von uns ausgeht, sondern Läufer, die bei diesem oder jenen Wettkampf dabei sein wollen, auch offen mit uns reden wollen und das auch tun.

Im Übrigen: Sollte einer der Leser noch Interesse haben, uns administrativ unter die Arme zu greifen, kann man darüber auch gerne reden.

Vielen Dank, dass ihr euch dieser Sache angenommen habt. Ich wünsche euch alles erdenklich Gute und viel Erfolg bei der SkySnow WM in Andalusien!