Bevor ein Trainer das Training planen und ein Sportler dieses realisieren kann, müssen die Trainingsbereiche bestimmt werden. Der gängigste Parameter, über den das Training im Trailrunning gesteuert wird, ist die Herzfrequenz. Mittlerweile ist es schon möglich mit Hilfe einer Pulsuhr, zum Beispiel über die Maximal- oder Ruheherzfrequenz, die Trainingsbereiche zu bestimmen. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um errechnete Werte. Viel genauer ist die Bestimmung mittels einer entsprechenden Leistungsdiagnostik. Die gängigsten Methoden der Leistungsdiagnostik für Ausdauersportler sind Spiroergometrie- und Laktatstufentests.
Trainingszonen selbst bestimmen
Neben diesen professionellen Möglichkeiten die Traingszonen zu bestimmen, gibt es Tests, die man selbst durchführen kann und die sich über viele Jahre bewährt haben. Sie sind natürlich nicht so exakt wie eine Spiroergometrie- und ein Laktatstufentest, können aber unter Anleitung und Auswertung eines erfahrenen Trainers relativ exakte Werte liefern. Da wir in unseren Plänen mit dem 3-Zonen-System arbeiten (weitere Infos), reichen die folgenden Methoden meistens aus.
6-Minuten-Test
Dieser Test dient der Bestimmung der Geschwindigkeit an der VO²max. Die VO²max ist die maximale Sauerstoffaufnahme. Also wie viel Milliliter Sauerstoff du pro Minute pro Kilogramm Körpergewicht maximal aufnehmen kannst. Am besten wählst du eine flache, sehr gut laufbare Strecke (idealerweise Bahn oder Laufband) und läufst nach ausgiebigem Warm-Up für sechs Minuten so schnell du kannst. Unterschätze die Zeit nicht, versuche dich nicht auf den ersten Metern abzuschießen und laufe konstant schnell.
Am Ende ermittelst du die gelaufenen Meter in sechs Minuten, die maximale und die durchschnittliche Herzfrequenz.
Herzfrequenz:
Zone 1: 72-83%
Zone 2: 84-92%
Zone 3: 93%-HRMax
45-Minuten-Test
Wähle eine flache, sehr gut laufbare Strecke (idealerweise Bahn oder Laufband) und laufe nach ausgiebigem Warm-Up für 45 Minuten in möglichst gleichmäßigem Tempo so schnell und weit dich die Beine tragen.
Anschließend ermittelst du deinen Durchschnittspuls und Durchschnittspace zwischen Minute 10 und 30 und erhältst so deine Threshold Werte. Das ist die Herzfrequenz und Geschwindigkeit die gut trainierte Sportler maximal eine Stunde als Ausbelastung durchhalten können. Deine Zonen kannst du anschließend ausgehend vom ermittelten Threshold mit diesen Werten berechnen:
Herzfrequenz:
Zone 1: 70-88%
Zone 2: 89-95%
Zone 3: 96-110%
Pace:
Zone 1: 60-86%
Zone 2: 87-93%
Zone 3:94-115%
MAF-Test
Der Test der maximalen aeroben Funktion (MAF) ist eine denkbar einfache Methode, die Anfang der 1980er Jahre von Dr. Phil Maffetone entwickelt wurde und in der Welt des amerikanischen Ultralaufsports große Anerkennung fand. Die Formel ist simpel:
Wenn man die letzten beiden Jahre ohne große Rückschläge trainieren konnte zieht man von 180 das Lebensalter ab und erhält so die aerobe Schwelle, also die HR-Obergrenze für Zone 1. Wer lange verletzt war oder erst mit dem Ausdauertraining begonnen hat, zieht vom ermittelten Wert 5 Schläge ab. Konnte man hingegen zwei Jahre und länge kontinuierlich trainieren und hat dabei regelmäßig Fortschritte erzielt addiert man 5 Schläge.
Die Formel ist natürlich nicht ganz korrekt und setzt unserer Erfahrung nach die Obergrenze für Zone 1 etwas zu niedrig an. Da viele Sportler dazu neigen im Grundlagenbereich eher zu schnell zu trainieren ist dieser Höchstwert oftmals genau richtig.
Vielen Dank für diesen Artikel!
Ich finde euer 3-Zonen-System sehr passend und habe, seitdem ich mich im Training danach orientiere, auch sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Eine mit einfachen „Hausmitteln“ umsetzbare Methodik zur Bestimmung der Zonen hat mir persönlich aber noch gefehlt – bisher habe ich dafür mit einer Kombination aus Gefühl, Erfahrungswerten und den Daten, die die Uhr liefert (maxHF, LSHF), gearbeitet.
Da ich am Wochenende zufällig genau einen solchen 45min-Lauf absolviert habe, habe ich heute gleich mal den Taschenrechner rausgeholt und die Zonen wie oben beschrieben abgeleitet 😉
Die Schwelle Z2->Z3 ist dabei nahezu 1:1 identisch mit meinem bisher verwendeten Wert, die aerobe Schwelle kommt mir dagegen mit 164bpm etwas sehr hoch vor(?); gefühlt hätte, bzw. habe ich diese bei ~155bpm gesetzt.
Wie sind dazu deine Erfahrungen?
Würdest du im Zweifel eher beim Gefühl bleiben oder auf die nackten Zahlen vertrauen?
Hallo Benjamin,
vielen Dank für das Lob und deinen Kommentar. Um das genau zu sagen, müsste ich deine Pulswerte kennen, aber bei 164 als Grenzwert für Zone 1 hättest du beim 45-Minuten-Lauf einen Durchschnittspuls von 186!!! gehabt. Das hört sich für mich fast nach Kolibri an 🙂
Grundsätzlich solltest du diesen Maximalwert als absolute Obergrenze für Zone 1 Trainings sehen, den du niemals überschreiten (auch nicht am Anstieg) solltest. Also im Schnitt deutlich ruhiger – was für dein „Gefühl“ spricht…
Ich habe gerade von fünf (eigentlich vier) auf drei Zonen reduziert und denke, daß wird für mich genau passend für meine Mischung aus Laufen nach Gefühl und nach HF-Zonen sein.
Ich habe jetzt drei verschiedene Tests gemacht: Den Laktatschwellentest der Fenix 7, den Test für die aerobe Schwelle aus dem Buch Uphill Athlete (welches ist der höchste Puls, den man mindestens zehn Minuten mit reiner Nasenatmung laufen kann) und den 6-Minutentest.
Die Ergebnisse der drei Tests liegen alle im Bereich von 1-2 Schlägen. (Und so genau kommt es nun wirklich nicht drauf an. Zone 3 laufe ich eh nach RPE und bei Zone 1 bin ich selten am oberen Ende.)
Damit kann man doch arbeiten. 🙂
Danke Hendrik für den Input. Mir geht es ehrlich gesagt genauso. Eigentlich unfassbar, dass man mit so einfachen, verschiedenen und völlig voneinander unabhängigen Methoden so genaue und fast identische Ergebnisse bekommt. Ich hab dazu natürlich auch schon öfters eine Leistungsdiagnostik gemacht, die in Sachen Puls wiederum die gleichen Ergebnisse liefert…