Coaching: Leistungsdiagnostik und Trainingszonen

Blutentnahme für den Laktattest © xc-run.de

„GA 1 – GA 1 / 2 – GA 2 – WSA“, „I 1 – I 2 – I 3 – I 4 – I 5“, „KB – SB – EB – GB – WK“, „Zone 1 – Zone 2 – Zone 3 – Zone 4 – Zone 5“.

Es gibt die verschiedensten Arten, wie Sportwissenschaftler, Trainer, Verbände oder auch Uhrenhersteller ihre Trainingsbereiche angeben und definieren. Teilweise werden die Bereiche synonym verwendet, teilweise liegen ihnen aber auch völlig unterschiedliche Prozentzahlen und Kenngrößen zu Grunde. Für einen Trainer ist es jedoch von großer Bedeutung, dass die Trainingsbereiche eines Sportlers klar bestimmt werden und der Sportler damit auch umzugehen weiß. Nur so ist es möglich, das Training von außen zu steuern. Deshalb sollen mit diesem Artikel zunächst die physiologischen Hintergründe geklärt werden um dann für etwas Klarheit im Durcheinander der Trainingsbereiche zu sorgen.

Grundlagen der Leistungsdiagnostik und Energiebereitstellung

Bevor ein Trainer das Training planen und ein Sportler dieses realisieren kann, müssen die Trainingsbereiche bestimmt werden. Der gängigste Parameter, über den das Training im Trailrunning gesteuert wird, ist die Herzfrequenz. Mittlerweile ist es schon möglich mit Hilfe einer Pulsuhr, zum Beispiel über die Maximal- oder Ruheherzfrequenz, die Trainingsbereiche zu bestimmen. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um errechnete Werte. Viel genauer ist die Bestimmung mittels einer entsprechenden Leistungsdiagnostik. Die gängigsten Methoden der Leistungsdiagnostik für Ausdauersportler sind Spiroergometrie- und Laktatstufentests. Mit diesen wird auch am Sportzentrum der Universität Passau gearbeitet. Um die Hintergründe dieser Diagnostikmethoden genau erklären zu können, bräuchte es eine eigene Artikelserie. Ein Hauptziel, nämlich die Schwellenbestimmung, wird dennoch genauer betrachtet, da dies für die nachfolgende Bestimmung der Trainingsbereiche von großer Bedeutung ist.

Dazu müssen die absoluten Grundlagen der Energiebereitstellung betrachtet werden. Grundsätzlich muss für Verbrennungen immer genügend Sauerstoff zur Verfügung stehen. Auch im menschlichen Körper ist Sauerstoff der leistungslimitierende Faktor. Steht sehr vereinfacht ausgedrückt genügend Sauerstoff zur Verfügung, läuft die Energiebereitstellung „aerob“ ab. Das ist bei langen, niedrigintensiven Belastungen der Fall. Steht hingegen nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung, läuft die Energiebereitstellung „anaerob“ ab. Nach kurzer Zeit fällt dann das Stoffwechselprodukt Laktat an. Anaerobe Belastungen sind pauschalisiert kurze, hochintensive Belastungen.

Abbildung: Vereinfacht Übersicht Energiebereitstellung © Andreas Weishäupl

Ein Ziel der Leistungsdiagnostik ist es, die aerobe und die anaerobe Schwelle zu bestimmen. Die aerobe Schwelle liegt, wie aus der Abbildung ersichtlich wird, bei ca. 2 mmol Laktat pro Liter Blut. Ab dieser Schwelle muss die benötigte Energie durch zusätzliche Energiegewinnung aus anaerob-laktaziden Stoffwechselprozessen bereitgestellt werden, der Laktatspiegel beginnt zu steigen. Bei Belastungsintensitäten unterhalb dieser Schwelle erfolgt die Energiegewinnung fast ausschließlich aerob. Der Laktatspiegel bleibt in der Nähe des Ruhewertes.

Die anaerobe Schwelle liegt etwa bei 4 mmol Laktat pro Liter Blut, sie ist jedoch abhängig vom Trainingszustand. Bei Belastungsintensitäten an dieser Schwelle liegt ein maximales Laktatgleichgewicht vor, d.h. Laktatbildung und Laktatelimination stehen gerade noch im Gleichgewicht. Man nennt diesen Zustand auch Laktat-Steady-State.

Eine höhere Belastungsintensität führt zu einem starken Anstieg des Laktatspiegels. Die Sauerstoffaufnahme reicht nicht mehr aus, den Gesamtenergiebedarf zu decken, es kommt zur schnellen Erschöpfung durch Übersäuerung.

 

Trainingsbereiche

Genau diese beiden Schwellen, die durch die Leistungsdiagnostik bestimmt wurden, werden nun für die Einteilung der Trainingsbereiche genutzt. Wie die Abbildung zeigt, reicht die Trainingszone 1 exakt bis zur aeroben Schwelle (Pfeil T1) und Trainingszone 3 beginnt an der anaeroben Schwelle (Pfeil T2). Der Bereich zwischen den beiden Schwellen ist die Trainingszone 2.

Abbildung: Trainingsbereiche Markus Mingo © Andreas Weishäupl
 

Bei anderen Modellen werden die Trainingsbereiche viel kleinschrittiger unterteilt. Auch das hat seine Berechtigung, allerdings ist zu bedenken, dass die Herzfrequenz von vielen Faktoren, wie zum Beispiel der Witterung abhängig ist und von Tag zu Tag um mehrere Schläge variieren kann. Die aufgezeigte Einteilung folgt der Idee des polarisierten Trainings. Darunter versteht man vereinfacht ausgedrückt, dass Einheiten entweder sehr ruhig, also im aeroben Bereich in Trainingszone 1 durchgeführt werden, oder hochintensiv in Trainingszone 3. Dabei ist zu betonen, dass die angegebenen Werte in Zone 1 bei lockeren Einheiten als Spitzenwerte verstanden werden müssen, die vielleicht kurzzeitig am Berg erreicht werden dürfen, jedoch nicht als Durchschnittswerte. Trainingszone 2 beschreibt den Bereich, in dem sich der Trailrunner bei sehr langen Wettkämpfen oder dem spezifischen Training in der direkten Wettkampfvorbereitung bewegt. Fälschlicherweise trainieren die meisten Hobbysportler jedoch den Großteil der Trainingszeit in Trainingszone 2. Bei diesem aerob-anaeroben „Mischtempo“ kann zwar ein gewisses Niveau erreicht werden, jedoch stagniert dann die Leistung schnell und kann nicht mehr wesentlich weiterentwickelt werden.

Wie die drei Trainingszonen in der Trainingspraxis angewandt und das polarisierte Training realisiert werden kann, erfährst du in den nächsten Artikeln, in denen ein konkreter 12-Wochen-Plan vorgestellt wird.

Text: Andreas Weishäupl

Fazit Markus Mingo

Ich habe die letzten Jahre so einiges versucht: Training nach Puls, Pace oder Watt (siehe auch „Wattmessung im Trailrunning„). Die Trainingsbereiche hatte ich dabei in fünf oder sogar sieben Zonen eingeteilt. Am Ende landete ich dann meist doch bei einer Mischung aus Allem oder beim guten alten Gefühl. Zu komplex waren dabei oft die Anforderungen beim Trailrunning, zu unterschiedlich der Untergrund oder auch die „Tagesform“. Gerade auf Trails ist es durch das ständig wechselnde Gelände äußerst schwierig einen engen Korridor (egal ob Puls, Pace oder Watt) konstant zu laufen. Andis Vorschlag das Ganze lediglich in drei Zonen einzuteilen erscheint mir einleuchtend und vor allem praktikabel: Um aus Zone 1 (Puls bis 150) herauszukommen müsste ich deutlich aus dem „Wohlfühlbereich“ gehen und um mich in Zone 3 zu bewegen (Puls > 165) muss ich alles raushauen. Das gibt mir klare Trainingsbereiche vor, die man mit ein wenig Übung sogar ohne Uhr hinbekommt – wo wir wieder beim guten alten Gefühl wären…

Wichtig bei Ultraläufen ist mit Sicherheit noch der Kohlenhydratverbrauch, der nur mittels einer Spiroergometrie festzustellen ist. Damit kann ermittelt werden, bei welcher Intensität der Körper wieviele Gramm Kohlenhydrate pro Stunde benötigt. Gerade bei langen Wettkämpfen ist genau das der limitierende Faktor.

Mehr dazu findet ihr hier

Weitere Informationen:

www.sportzentrum.uni-passau.de/leistungsdiagnostik/

www.training-planung.de

Bisher erschienene Serienteile „Coaching“

  1. Interview mit dem Trainer Andreas Weishäupl
  2. Zielsetzung und Periodisierung
  3. Leistungsdiagnostik und Trainingssteuerung
  4. 12-Wochen-Plan für ambitionierte Trailrunner
  5. Krafttraining für Trailrunner

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