Die Infinite Trails sind keine Veranstaltung wie jede andere – das hat sich in der Trailrunning-Szene längst herumgesprochen: Brutale Anstiege, Instagram-Panorama, unglaubliche Stimmung und die Afterrace-Party in der Therme einzigartig. Die adidas Runners feiern den Sport – und sich selbst.
800 Meter vor dem Ziel. Wir laufen zu zweit um den kleinen Teich. Nach 43 Kilometern und gut 3.000 Höhenmetern ist unsere Laufform in etwa so elegant, wie Rocky Balboas erster Sandsack. Ich halte mein Tempo, mein temporärer Laufkollege muss abreißen lassen. Ich biege in die Zielgerade ein – und mache mich beinahe nass. Kaum um die Kurve kommend, steht das Publikum Spalier, hämmert auf die Absperrungen als stünde das jüngste Gericht vor der Tür. Die beiden Typen von heute morgen sind mit ihrer Kuhglocken-Stalinorgel am Start und lärmen aus jeweils drei Glocken gleichzeitig, während über dem Zielbogen mein Name steht. So einen Alarm habe ich noch nie, nie, nie bei einem Zieleinlauf erlebt. Gefühlt tanze ich den Schwanensee auf die letzten 50 Meter – a new level of geil.
Das Glück ist mit den Mutigen
Dabei war der ganze Tag schon unerwartet bilderbuchgroßartig. Freitag regnete es sich noch richtig schön ein, Sonntag wird es ebenfalls nur regnen. Der Wetterbericht für Samstag war zeitweise so oll, dass es mehr Gerüchte als in einem Schwesternwohnheim gab: Wird das Event abgesagt? Gehen wir auf die Schlechtwetterroute? Nichts da. Klare Ansage von Race Director Mike Hamel: Wir starten auf den normalen Routen, da nichts wirklich absehbar ist. Und es wird die komplette, warme Pflichtausrüstung mitgenommen. Keine Diskussion, safety first. Ein Windbreaker ist halt keine Regenjacke. Und manchmal werden eben doch die Mutigen belohnt: Wir starten trocken, laufen in Sonnenschein und haben die schönsten Ausblicke.
Ab 6:30 laufe ich mit rund 100 Startenden die 45k-Individual-Route. Es geht über Forstwege nach oben und über noch leicht matschige Trails wieder runter. Immer wieder sind Leute an der Strecke und grüßen, jubeln, klatschen. Die erste VP heißt uns lauthals willkommen – die Stimmung an der ganzen Strecke ist unglaublich. Da schmelzen die Kilometer und Höhenmeter nur so dahin.
Der Berg fordert Opfer
Interessant ist, wie viele hier die ersten Anstiege laufen. Wissen die, dass es insgesamt 3.000 Höhenmeter sind, die fast alle in die ersten 30 Kilometer gesteckt sind? Und warum laufen hier manche ohne Stöcke? Ich frage mich ohnehin, wie das Leistungslevel am Hang werden wird. Es sind extrem viele adidas Runners Gruppen hier – aus dem deutschsprachigen Raum aber auch großflächig eingeflogene. Aber die meisten adidas Runners sind vor allem für ihre Straßenleistungen bekannt – nicht als Trailruner*innen.
Mit diesen Gedanken geht es in den harten, zentralen Anstieg. Und der fordert Opfer. Auf rund 6 Kilometern geht es 1.300 Meter weit hoch. Erst über Wirtschaftswege, dann endlich über kleine Pfade. Immer mehr Läufer brechen ein, bleiben öfter und öfter stehen, ringen nach Luft und Laktatabbau. Der Aufstieg zum 2409 Meter hohen Tischkogel ist ein Brocken. Und kaum oben, geht es schon wieder runter. Über einen feuchten Graswiesenskihang, der bestimmt nur hier steht um unsere Oberschenkel zu ruinieren, und anschließend über Asphalt.
Während sich das Wetter langsam wieder zuzieht, geht für mich das ziemlich kompakte Rennen im Endorphinrausch der Zieleinlaufs zuende. Eine schöne Distanz, die die Höhenmeter eines amtlichen Ultras in die Distanz eines Marathons steckt. Mit den diversen Distanzen ist bei den infinite Trails für fast alle etwas passendes am Start. Allerdings sollte man trotz ein paar wirklich schöner Trail-Passagen nicht von einem reinrassigen Trail-Event mit Fokus auf Singletrails ausgehen. Dafür waren dann doch etwas viele Forstwege und Asphaltverbindungen am Start. Dem Spaß tut das keinen Abbruch , aber man sollte es wissen. Und man sollte sich darauf einlassen können, dass die Infinite Trails eine Veranstaltung mit vollem Fokus auf adidas und die adidas Runners ist. Angefangen bei den adidas Terrex Waffeln, den unzähligen, stolzen adidas Runners, dem omnipräsenten Branding auf Laufklamotten und vor Ort, sowie der Übermacht an adidas Teams. Hier wird nicht nur in der Orga groß aufgefahren, sondern auch bei den adidas Terrex Profis.
Pool Party Eskalation
Absolut einmalig ist die Afterparty. Alle Teilnehmenden haben direkt nach ihrem Finish Zugang zur Therme, die heute nur für das Event gebucht ist. Was anfangs noch angenehm skurril ist, wird sukzessive seltsamer. Athletinnen und Athleten loungen mit Badehose, Bikini und Bier in den Pools oder legen auf den Liegen die Füße hoch. Die Siegerehrung um 20:30 wird mit einer adidas-Ehrung eingeleitet, die jegliche Vorstellungskraft sprengt. Der Pool ist brechend voll, die Musik ist laut, die Leute gröhlen – vor allem wenn wieder die adidas Runners genannt werden. Die Siegerehrung erinnert an Spring Break Videos, wenn die Sieger-Teams überdimensionierte Bierkrüge übereinander ausleeren. Auch so etwas habe ich noch nie erlebt. Ob man steil geht oder ins Hotel geht, entscheidet dann halt jeder selbst.
Bilder von den adidas Infinite Trails: