Verdammt! Innerlich fluche ich. Ich bin eingekesselt – vor mir Läufer, hinter mir Läufer, alle bewegen sich den ersten steilen Anstieg hinauf. Stetig, aber langsam, zu langsam. Der Weg ist schmal. Zu schmal, um zu überholen? Ich überlege, ob ich mich ein paar Plätze nach vorne kämpfen kann. Aber ist es das wert? Schließlich kostet das Überholen hier viel Kraft. Und wenn ein Läufer überholt ist, wartet der nächste.
Irres Tempo
Eigentlich sollte ich es besser wissen. Vor zwei Jahren stand ich bereits beim Limone Xtreme Skyrace an der Startlinie. In Erinnerung geblieben ist ein schneller Start durch eine flache, enge Gasse entlang des Gardaseeufers, bevor es in den ersten Anstieg geht. Wer hier ein schnelles Rennen laufen möchte, muss sich am Anfang gut platzieren, bevor es steil und die Wege eng werden.
Als um 11 Uhr der Startschuss fällt, rennen alle um mich herum in einem irren Tempo los. Es wird gestoßen und gedrängt, schließlich ist die diesjährige Austragung des Limone Xtreme das Skymasters Finale – der letzte Lauf der Skyrunners World Series, bei welchem besonders viele Punkte für die Platzierung im Gesamtklassement vergeben werden. Die Gasse windet sich um Kurven, wird teilweise schmaler, um sich dann wieder etwas zu weiten, steigt etwas an und fällt wieder ab.
Nach jedem Downhill ein neuer Anstieg
Rund 2 Kilometer wird gerannt und gedrückt, dann endlich geht es auf den Trail des ersten Anstiegs. Hier wird aus der Menschentraube eine Menschenschlange, die sich den Trail hinaufwindet. Einige Läufer kann ich noch überholen, wirklich schneller werde ich dadurch aber nicht. Am Ende folge ich dem Rhythmus der Gruppe, wohlwissend, dass ich gerade ordentlich Zeit liegen lasse. Aber lieber Kraft sparen, als Energie in überflüssige Gedanken zu stecken. Energie, die im späteren Rennen noch gut gebraucht werden kann. Denn nach dem Anstieg beginnt ein langes Auf und Ab. Nach jedem Downhill wartet unmittelbar der nächste Anstieg. Das zehrt, aber ich mache Plätze gut. Es wird geflucht. ‘Putain‘. Der Franzose vor mir hat hörbar genug, als es nach dem schnellen Downhill wieder bergauf geht.
Irgendwann ist es geschafft – es geht in den finalen Downhill. Dieser Downhill macht einfach Spaß: eher technisch, aber trotzdem schnell und flowig geht es bergab zurück nach Limone. Wer denkt, jetzt geht es nur noch nach unten, irrt jedoch. Plötzlich bauen sich am Ende des Downhills noch einmal Gegenanstiege vor mir auf. Puh, die tauchten in meiner Erinnerung nicht auf. Wissend, dass die Ziellinie nicht mehr weit ist, trabe ich die letzten Anstiege hinauf. Am Wegrand verläuft ein Geländer – wen die Kräfte ganz verlassen, der findet hier eine Stütze. Wie viele dieser fiesen Gegenanstiege am Ende warten, habe ich schon wieder vergessen… oder verdrängt. Als ich endlich auf die Uferpromenade einbiege, weiß ich, es ist geschafft. Den letzten Kilometer genieße ich – obwohl es flach ist, lasse mich von den Anfeuerungsrufen tragen und komme schließlich ins Ziel.
Das Limone Xtreme Skyrace kommt mir vom Streckenverlauf wenig entgegen – zu schnell und flach sind die ersten zwei Kilometer, die letztlich entscheidend sind, um sich zu platzieren und im ersten, langen Anstieg keine Zeit zu verlieren. Trotzdem steht der Lauf definitiv auch 2024 wieder auf meiner Liste. Zu schön ist nicht nur die Landschaft, sondern auch das Zusammentreffen und Feiern mit so vielen bekannten und neuen Gesichtern. Für viele ist Limone das letzte Rennen der Saison. Und egal, ob die Beine bereits müde sind von vergangenen Rennen: Das Limone Xtreme Skyrace als Abschluss ist einfach ein Muss!
Ergebnisse vom Limone Xtreme Skyrace 2023