Das Tromsø Skyrace ist Geschichte. Zum zehnten Geburtstag findet 2023 die finale Austragung des legendären Rennens statt, das von Kilian Jornet und Emelie Forsberg initiiert wurde. Unsere Team-Athletin Lisa Risch war dabei und absolvierte die 57km lange Strecke mit 4.800hm bereits zum zweiten Mal.
this is SKYrunning
Ich sitze im Flugzeug zurück nach München, doch die Gedanken sind noch im Norden Norwegens, in Tromsø. Das wars. Das letzte Tromsø Skyrace. Vielleicht das letzte Mal, dass ich den legendären und atemberaubenden Grat des Hamperokken entlanggelaufen bin.
Mir kommt der finale Anstieg dort hinauf in den Kopf. Dort hörte ich einen Mann sagen „and this is called running?“ Ich konnte mir ein Lachen und eine kurze Antwort nicht verkneifen „this is SKYrunning“. Diese letzte Kletterpassage zum Gipfel hatte ich noch vom Vorjahr gut in Erinnerung: Kletternd werden die letzten Meter überwunden, am Gipfel warten Finn (für mich ‚Mr. Hamperokken‘ der für die Sicherheit am Berg verantwortlich ist) und einige Helfer*innen. Nach einem kurzen Abklatschen geht es gleich wieder hinab in den steilen, felsigen Downhill.
Vom Tromsø Skyrace hatte ich zum ersten Mal vor vier Jahren erfahren. Damals hatte ich das Traillaufen gerade für mich entdeckt und meine Mittwochabende waren für einen Lauftreff im Berliner Grunewald reserviert. Ein Mitläufer, mit dem ich wenig später sogar noch spontan den Transalpine Run gelaufen bin, erzählte mir von seinem jüngsten Abenteuer: dem Tromsø Skyrace. Die Schilderung war faszinierend und zugleich beängstigend.
Vier Jahre später stehe ich selbst an der Startlinie in Tromsø. Zum zweiten Mal. Für mich verkörpert dieses Rennen Skyrunning in seiner reinsten Form. Hier gibt es kein Rundum-Sorglos-Paket. Keine große Expo im Vorfeld, keine Finisher-Medaille und auch keine riesigen Buffetstände während des Rennens. Stattdessen warten rauer Fels, Geröll, Steinplatten, steile Anstiege und Downhills, der spektakuläre Grat des Hamperokken und tiefe Abgründe. All das in unfassbar schöner Natur. Selten ist man beim Laufen der Natur näher als hier.
Flach ist hier fast nichts. Immer wieder muss ich an das Racebriefing und Finns Worte denken „if you are a fast runner, this is your moment to shine“. Dabei bezieht er sich auf eine kurze Flachpassage durch Blaubeersträucher, welche im Rennen zweimal gelaufen wird. Mit Sicherheit nicht mein „moment to shine“. Die nächsten Höhenmeter lassen aber nie lange auf sich warten.
Ich bin auf dem Rückweg und klettere erneut auf den Tromsdalstinden. Schon am Hamperokken wehte dieses Jahr starker Wind bei kühlen Temperaturen. Nun wird es richtig ungemütlich. Der Wind wächst zu einem Sturm an, der einsetzende Regen lässt die Temperaturen noch weitaus kälter erscheinen. Meine Handschuhe sind nass, meine Hände bereits so klamm, dass ich die Handschuhe nicht mehr anbekomme. Also einfach weiter, so zügig wie möglich den Steilhang des Tromsdalstinden hinauf. Oben angekommen muss mir ein Helfer die Stöcke zusammenfalten und verstauen, meine Hände sind dafür nicht mehr zu gebrauchen. Der Fels ist nass und rutschig, Beine und Hände steif und ohne Gefühl.
Obwohl ich die technischen Downhills liebe, bin ich froh, als ich den Tromsdalstinden hinter mir lasse. Von jetzt an geht es Richtung Ziel. Doch wenngleich die Sicht auf Tromsø das Ziel nahe erscheinen lässt, ist das Rennen noch nicht vorbei. Nach einem sachten Downhill geht es in einem stetigen Auf und Ab nochmals zum Fjellheisen, bevor die letzten Meter über die Brücke zurück nach Tromsø warten. Ins Ziel.
Sehr gerne würde ich schreiben „bis zum nächsten Jahr“. Stattdessen sage ich ein ganz großes „Dankeschön“ an die Organisator*innen und Helfer*innen für dieses wunderbare und für mich einzigartige Rennen! Die Erinnerungen daran werden weiterleben.