XC-RUN Goldsteig Nonstop Race: Der Drache ist gelandet

XC-RUN.de Goldsteig Staffel © Michael Rackl / Marco Felgenhauer

Was für ein Rennen! 230 Kilometer, 8800 Höhenmeter über Stock und Stein und das nonstop binnen 24 Stunden. Das XC-RUN Team hat alles gegeben, gejubelt, gekämpft, gelitten und am Ende die Zielzeit in einem Husarenritt um 1:15h unterboten. Die Zahlen sind beeindruckend – das Projekt war es auch. Da war das Heimspiel für Markus, die totale Erschöpfung bei Martin, der beherzte Auftritt von Basilia, der allzeit bereite Pfeffersen, der bärenstarke Dauerbrenner Thomas, der niemals aufgebende Christian und der knallharte Leistungssportler Konrad, der beim Zieleinlauf mit den Tränen kämpft.

Ein Ultratrail ist immer eine emotionale Achterbahnfahrt, auf der man binnen Minuten vom Himmel in die Hölle stürzt und in wenigen Stunden die komplette Bandbreite menschlicher Gefühlsregungen durchläuft. Im Team ist dieses Gefühlschaos noch einen Tick größer: Geteiltes Leid ist halbes Leid – geteilte Freude ist doppelte Freude.

Hiobsbotschaften im Vorfeld

Der Aufwand für ein Projekt dieser Größenordnung war enorm: Es galt die Strecke zu planen, das Team zu instruieren, Rennpläne aufzustellen, die Medien zu versorgen und natürlich sieben gesunde Läufer zur richtigen Zeit am richtigen Ort topfit an den Start zu stellen. Drei Hiobsbotschaften erschütterten in der Woche vor dem Start die Mannschaft: Ein noch nicht ganz verheilter Ermüdungsbruch bei Christian eine hartnäckige Wadenverhärtung bei Sabine und eine Mail des Nationalparks Bayerischer Wald, dass es uns nicht gestattet ist bei Dunkelheit vom Großen Rachel zum Lusen zu laufen. Wir warfen also noch einmal alles um, schmiedeten Plan B, C und D, verschoben letztendlich die Startzeit, fanden einen Ersatz für Bine und verschoben intern die Etappen. Zudem stellten wir einen offiziellen Antrag, um das zu tun, was ich seit zehn Jahren, sechs Mal die Woche tue: Alleine und bei Tageslicht durch den schönen Bayerischen Wald laufen.

Perfekter Auftakt

Beim Lauf selbst hatte ich die denkbar einfachste Aufgabe: Moderate Startzeit, bestes Wetter, Heimstrecke. Die Drachenstichstadt Furth im Wald ist nicht nur Arbeitsdestination, sondern auch Ausgangspunkt vieler Trainingsläufe in Richtung Hoher Bogen und Gibacht und ich kenne hier jeden Millimeter Trail. Tourismuschef Uwe Neumann und der ortsansässige Skiclub bereiteten einen tollen Startbereich und Punkt 8:00 Uhr ging es los über den Hohen Bogen zum Kaitersberg bis zur Wechselzone am Eck. Angefeuert von Familie, Freunden, Bekannten und zahlreichen Wanderern lief es so rund, dass es fast unspektakulär war. 31 Kilometer, 1500 Höhenmeter in 2:33h. Ich hatte vorgelegt.

Durch den Glutofen in Richtung Großer Arber

35 Minuten vor der Zeit schicke ich Martin auf die Reise zum Großen Arber. Die Sonne glüht ab diesem Zeitpunkt auf den Goldsteig. Ich mache mir dennoch keine Sorgen, dass der Exskiprofi und bärenstarke Läufer aus Blaibach hier sein Ding macht. Martin zimmert eine Bombenzeit bis zum Arbergipfel auf die Trails und fliegt auch am Arbersee regelrecht an mir vorbei. „Die Hitze ist als ehemaliger Skifahrer nicht gerade mein allerbester Freund.  Schon beim Downhill zum Gr. Arbersee bemerke ich den körperlichen Verfall, den die Sonne bei mir angerichtet hatte. Mein Akku leerte sich und in Bayerisch Eisenstein zog es mir dann komplett den Stecker, nichts ging mehr. Völlig dehydriert taumelte ich Richtung Schwellhäusl und musste mir eingestehen, dass hier für mich am heutigen Tag Ende war. Ich benachrichtigte Mario, um Basilia 2 km vorzuschicken und nicht allzu viel Zeit zu verlieren. Diese kam mir dann freudestrahlend entgegen und zauberte mir, völlig im Eimer doch noch ein Lächeln ins Gesicht. Eine wahre Frohnatur!“

Über den Falkenstein auf den Großen Rachel – Basilias Rennbericht

Die Mittagssonne steht hoch am Himmel. Unerbittlich brennt sie auf der Haut. Latente Gewitterstimmung sorgt für zusätzliche Schwüle…..

 

Die allzeit bereite, laufende Ananas

Pfeffersen ist uns fremdgegangen, doch mit diesem Auftritt zeigt er Teamgeist und meldet sich „gschmeidig“ zurück. Eine Wildkatze hatte ihm den Kopf verdreht, doch er ist da, wenn man ihn braucht und springt nicht nur kurz entschlossen für Bine ein, um über den Gipfel des Lusen die 34 Kilometer und 1300 Höhenmeter durch den Nationalpark nach Philippsreut zu absolvieren, sondern supportet im Anschluss Tom durch eine wilde, feuchte Nacht. „Mir hat das Ganze noch mehr Spaß gemacht als ein regulärer Wettkampf: Als Teil eines Teams alles für den Gesamterfolg zu geben und dabei doch sein eigenes Rennen laufen zu können war legendär“.

Stille Wasser sind bekanntlich sehr, sehr tief

Unbeeindruckt von Regenschauern und Gewittern ließ es der Ausnahmeathlet aus Viechtach so richtig krachen: In knapp vier Stunden rockte Thomas Wanninger die 44 Kilometer seiner Etappe und sorgte damit schon fast für die Entscheidung in Sachen „SUB24“. Hier zeigte sich erneut der großartige Teamzusammenhalt: Trotz Sturm und Regen kämpften sich Martin und Bine als Betreuerteam sowie Marco und Stefanie Felgenhauer als Fotografen mit Tom durch die Nacht, versorgten den Läufer und beleuchteten notfalls die teils technischen Streckenabschnitte vom Dreisessel über das steinerne Meer hinunter nach Breitenberg. „Es war der erste lange Nachtlauf meines Lebens und ich wusste nicht wie ich damit zurechtkommen würde. Ein echtes Abenteuer mit einem großartigen Team, das mir alles abverlangt aber auch extrem viel Spaß gemacht hat.“

Im Biorhythmus

Um 2:00 Uhr nachts hieß es dann Start frei für Christian Mayer: Die Startzeit machte uns weniger Sorgen. Christian ist bekannt dafür sehr früh zu trainieren und blieb so wenigstens im Biorhythmus. Risikofaktor war sein Gesundheitszustand. Ein Ermüdungsbruch war gerade erst ausgeheilt und die Goldsteig-Staffel der erste Härtetest für das angeknackste Bein. Doch der Chamerauer zeigte keinerlei Schwächen und brachte seine 23 Kilometer nach Hauzenberg zuverlässig ins Ziel.

Grandioses Team „landet“ bei Sport Pauli

„Welcome home“ hieß es für den Schlussläufer Konrad Kufner. Er absolvierte die finale Etappe vorbei an seinem Elternhaus durch seinen Geburtsort und seinen Wohnort in Richtung Passau. Die letzten zehn Kilometer entlang am Passauer Anger Richtung Schanzlbrücke wurde er von Martin Mühlbauer und Markus Mingo begleitet, um am Ende mit dem kompletten Team triumphierend bei Sport Pauli einzulaufen. Die Uhr zeigte 6:46 Uhr. Nach 230 Kilometern, 8860 Höhenmetern und 22:46h war der Further Drache und ein spezielles Präsent der Bärwurzquelle Bad Kötzting, nach einem grandiosen Auftritt des XC-RUN Teams, in Passau gelandet. Kufner: „Es war ein sehr emotionaler Moment diesen langen Weg als Team erfolgreich zu Ende zu bringen. Ein Scheitern ist immer möglich und diesen Druck habe ich auch gespürt.“

XC-RUN Goldsteig Nonstop Staffel: Konrad Kufner, Thomas Wanninger, Markus Mingo, Martin Mühlbauer, Christian Mayer, Martin Pfeffer, Michael Rackl, Sabine Wurmsam, Basilia Förster © xc-run.de

Das Team hinter dem Laufteam

Den längsten Ultra des Wochenendes hatten zu diesem Zeitpunkt Michael Rackl und Mario Felgenhauer hinter sich. Punkt 7:15 Uhr standen sie in Furth im Wald an der Startlinie und begleiteten die Staffel als Fotografen und Rennkoordinatoren über den Hohen Bogen, Kaitersberg, Großen Arber, Falkenstein bis zum Lusen, um am nächsten Morgen bereits um 3:30 Uhr in Hauzenberg bereit zu stehen. Michael, selbst leidenschaftlicher Läufer, verzichtete dabei sauf den eigenen Start, da er das Team durch seinen Einsatz als Fotograf und Betreuer noch besser unterstützen konnte.

Ein Mammutprojekt geht erfolgreich zu Ende. Und es lief schon fast zu rund dieses Wochenende. Erst bei der Rückfahrt lande ich wieder in der Realität als mein VW Caddy auf der B85 seinen Dienst versagt. Heimlaufen wäre wohl doch die bessere Alternative gewesen…

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