Das Laufen mit Watt wurde von Experten als Revolution im Laufsport propagiert und entsprechend groß war meine Neugierde auf das Training mit Powermeter. Den Vorbericht (Laufen mit Watt: Basiswissen) hatte ich im Januar 2017, also genau vor einem Jahr, verfasst und muss nun etwas schmunzeln wenn ich meine Vorfreude und Erwartungshaltung lese. Mittlerweile ist etwas Ernüchterung eingekehrt: Trainieren nach Leistung ist eine tolle Sache und macht absolut Sinn – solange es funktioniert. Auf Straße und Schotter klappt das Ganze sehr gut, auch im ansteigenden Gelände. Auf Trails ist es leider nur bedingt einsetzbar – hier das Fazit:
Bedingung / Nutzerfreundlichkeit
Hier gilt: Man muss sich in die Materie einarbeiten wollen um die Daten auch nutzen zu können. Wer schon keine Lust hat seine Herzfrequenzdaten auszuwerten wird an der Wattmessung keine Freude haben. Ein regelmäßiger FTP Test ist zwingend erforderlich und auch das Nutzen einer Trainingssoftware ist obligatorisch. Auch die eine oder andere Lektüre über Wattmessung im Ausdauersport macht Sinn. Ansonsten hat man zwar eine Wattanzeige am Handgelenk, aber keine Ahnung was die Daten nun bedeuten.
Für mich im Nachhinein die größte Bereicherung nach dem Testjahr: Ich war gezwungen mich in die Materie einzuarbeiten, habe zahlreiche Bücher zu dem Thema verschlungen und konnte mir dadurch ein fundiertes Wissen über Trainingslehre (vor allem auch aus dem Radsport und Triathlon, wo die Wattmessung ja schon seit Jahren eingesetzt wird) aneignen.
Straßenlauf
Für Bestzeiten auf der Straße trainierte ich vorher ausschließlich nach Pace, was ja auch Sinn macht. Man überlegt sich, welche Geschwindigkeit man über 10, 21 oder 42 Kilometer laufen kann und versucht den Körper darauf vorzubereiten genau diese Geschwindigkeit über die gewünschte Distanz zu halten. Läuft man nach Watt benötigt man nicht mehr zwingend eine ebene Strecke oder Bahn, sondern kann auch im welligen Gelände Intervalle nach konstanter Wattzahl machen. Man benötigt dazu lediglich das Wissen, welcher Wattwert welcher Pace entspricht. Nicht oder fehlerhaft berücksichtigt wird leider Gegen- oder Rückenwind.
Laufeffizienz
Hier liegt laut Hersteller und Expertenrat das größte Potential des Powermeters. Man verbessert sich nicht nur, wenn man schneller wird, sondern auch wenn man für dieselbe Geschwindigkeit weniger Watt benötigt. Sprich: Man läuft effizienter und kann diese Geschwindigkeit länger durchhalten. Hier habe ich gemerkt, dass bei mir der natürliche Laufstil auch der effizienteste ist. Je mehr ich mich auf Körperspannung, Vorfußlauf, etc. konzentriert habe, umso mehr stieg die Wattzahl bei gleicher Geschwindigkeit. Außerdem fühlte sich das irgendwie mehr nach Arbeit als nach Spaß am Training an, weshalb ich diese „Spielereien“ auch wieder schnell eingestellt habe.
Berglauf
Hier macht Wattmessung für mich am meisten Sinn: Bei Bergintervallen oder Fahrtspielen am Berg hat man nun eine Messgröße (zusätzlich zum Puls) an der man sich orientieren und nach der man trainieren kann. So versuche ich z. B. in einer Laufrunde mit drei Anstiegen jeden der Anstiege konstant über 320 Watt hochzulaufen, was in etwa meiner Schwellenleistung entspricht.
Technisches Gelände / Downhill
Hier offenbart der Powermeter ganz klare Schwächen. Bei Schnee, Schlamm, Sand oder technisch sehr anspruchsvollem Gelände stimmen die Werte nicht. Das Gleiche gilt für den Downhill: Um eine ordentliche Wattleistung zu erzeugen müsste ich den Berg mit 40 km/h und schneller „hinunterfliegen“, was auch für die meisten ambitionierten Läufer ein Ding der Unmöglichkeit sein sollte. Auch beim Wechsel ins Gehen oder bei leichten Kletterpassagen ist die Wattmessung gegenüber einer Überwachung der Herzfrequenz klar unterlegen.
Läufe mit konstanter Wattzahl
Die Theorie wäre folgende: Man läuft auch auf Trails, ähnlich wie beim Marathon, über das gesamte Rennen ein konstantes Tempo bzw. eine konstante Wattzahl, umso die maximale Gesamtleistung zu erbringen. Das wird wohl im Trailrunning ein Ding der Unmöglichkeit bleiben (siehe Technisches Gelände / Downhill) und könnte allerhöchstens beim Landschaftslauf funktionieren.
Preis / Leistung
Haha, Wortspiel J Die Anschaffungskosten von über 200 € für den Powermeter sind ganz schön knackig. Schließlich benötigt man ja auch noch eine Uhr, welche die Daten anzeigt. Zudem sollte man aufpassen, weil der kleine Sensor gerade im schnellen Downhill auch mal ausklickt und vom Schuh springen kann (ich habe meinen viermal verloren aber leider nur dreimal wiedergefunden). Für ambitionierte Läufer, die sich mit den Daten, der Auswertung und dem Einsatz des Powermeters beschäftigen wollen mit Sicherheit eine lohnende Investition. Für alle anderen gibt es wohl wichtigere Dinge, die man sich für 200 € leisten könnte.
Fazit
Ich habe den (mittlerweile zweiten) Powermeter immer noch im Einsatz und nutze ihn gerne und regelmäßig. Dabei lasse ich mir auf der Uhr meist Leistung, Puls und Pace gleichzeitig anzeigen und mache mir so mein eigenes Bild über die aktuelle Trainingsbelastung und meinen Leistungszustand. Dies erfordert allerdings doch etwas Erfahrung und vor allem Kenntnis des eigenen Körpers. Laufen mit Watt ist eine gute Richtung und definitiv eine Bereicherung für mein Training. Aber gerade auf Trails vertraue ich sehr viel meinem Gefühl und meiner Intuition. Wenn die Werte auf der Uhr dieses Gefühl noch bestätigen – umso besser.