
Trailrunning in alpinem Gelände bedeutet nicht nur atemberaubende Ausblicke, sondern auch dünnere Luft – und genau das macht Höhenrennen so besonders. Für viele ist der Gedanke daran erst einmal abschreckend. Doch wer sich darauf einlässt und gut vorbereitet ist, kann körperlich und mental über sich hinauswachsen. Mit der richtigen Vorbereitung, Einstellung und Strategie kannst du auch in großen Höhen stark performen.
Warum ist Laufen in der Höhe so herausfordernd?
Sobald du dich in größere Höhen begibst, reagiert dein Körper auf verschiedene Weise:
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Du atmest schneller
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Dein Puls ist erhöht
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Du musst häufiger zur Toilette
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Dein Grundumsatz steigt
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Dein Appetit nimmt ab
Besonders der gesteigerte Energieverbrauch in Kombination mit weniger Hunger kann kurz vor dem Wettkampf zur echten Herausforderung werden – achte also genau auf deine Ernährung, vor allem wenn du erst kurz vor dem Rennen anreist.
In den ersten 24–72 Stunden können zudem Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit oder Schlafprobleme auftreten. Danach beginnt der Körper sich langsam zu akklimatisieren.
Was bringt Erfahrung mit Höhenlage?
Wie bei Hitze, hilft auch hier regelmäßige Exposition: Je öfter du dich in großen Höhen bewegst, desto besser kann dein Körper damit umgehen. Wer regelmäßig im Gebirge trainiert oder lebt, hat einen klaren Vorteil – aber auch Höhenluft verlangsamt alle Läufer:innen.
Zur Orientierung: So verändert sich dein Tempo bei einfachem, flachem Terrain je nach Höhe:
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3000 m: +25 Sek./km
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4000 m: +36 Sek./km
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5000 m: +47 Sek./km
Aber: Auch Läufer:innen vom Meeresspiegel können bei Höhenrennen stark performen – mit der richtigen Strategie.
Wie bereitest du dich vor?
1. Höhentrainingslager oder Vorbereitungsrennen
Ein Aufenthalt in der Höhe regt die Bildung roter Blutkörperchen an und verbessert deine Sauerstoffaufnahme sowie Ausdauer. Du lernst zudem, wie dein Körper mit langen Anstiegen, dem Energiehaushalt und dem Pacing umgeht – unbezahlbares Wissen für den Wettkampftag.
2. Vorbereitung im Alltag (auch ohne Höhenluft)
Wenn ein Höhencamp nicht drin ist, kannst du trotzdem einiges tun:
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Fit und ausgeruht anreisen
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Eisenwerte rechtzeitig (mind. 6 Wochen vorher) checken
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Kohlenhydrate und Kalorienzufuhr im Blick behalten
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Pacing und Intensität bewusst anpassen
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Flexibel bleiben und auf Körpersignale achten
3. Kann Hitzetraining helfen?
Ja! Hitzetraining ist quasi das „Höhentraining für alle“. Sowohl Hitze als auch Höhe fördern Anpassungen, die die Sauerstoffversorgung verbessern – der Unterschied: Hitze wirkt schneller.
So funktioniert’s:
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Passiv: Sauna, heißes Bad oder Whirlpool (20–30 Min.)
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Aktiv: Training mit mehreren Kleidungsschichten oder bei hohen Temperaturen
Zwei bis drei Sessions pro Woche reichen. Wichtig: Nicht übertreiben, genug trinken, Elektrolyte auffüllen. Bonus: Du bist gleichzeitig besser auf Hitzerennen vorbereitet.
Wettkampftag: Was ist wichtig?
Hydration
In der Höhe atmest du mehr und die Luft ist trockener – das bedeutet: mehr Flüssigkeitsverlust, oft unbemerkt. Dehydration erhöht das Risiko für Höhenkrankheit. Also: von Anfang an regelmäßig trinken und Elektrolyte zuführen.
Energiezufuhr
Dein Kalorienbedarf ist erhöht, aber dein Magen vielleicht sensibler. Deshalb: Rennverpflegung schon im Training testen, was funktioniert, was nicht – und das dann auch durchziehen.
Pacing
Das A und O beim Höhenrennen. Wenn du zu schnell startest, bekommst du sprichwörtlich den „Bären auf den Rücken“ – und der lässt dich garantiert nicht mehr los. Also: konservativ starten, den Körper reinkommen lassen, dann Druck machen. Ziel: Du willst durchs Ziel fliegen, nicht kriechen.
Wann solltest du anreisen?
Es gibt zwei Strategien, die laut Studien gut funktionieren:
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< 24 Stunden vor dem Rennen – bevor die Symptome zuschlagen
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4–5 Tage (oder mehr) vorher – um dich anzupassen
Wenn du früh anreist: Nicht übertreiben! Keine Gipfeljagden oder langen Trainingseinheiten – Energie sparen für den großen Tag.
Und wenn du den Anreisetag nicht selbst wählen kannst? Kein Stress. Plane gut, bleib ruhig und kontrolliere, was du kontrollieren kannst.
Wann besser nicht starten?
In diesen Fällen solltest du ein Höhenrennen überdenken:
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Eisenmangel oder Anämie
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Infekt oder Krankheit
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Geschwächtes Immunsystem
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Vorgeschichte mit Höhenkrankheit
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Schlafmangel oder chronische Erschöpfung
Fazit: Keine Angst vor der Höhe
Höhenrennen sind wie jedes andere Bergabenteuer – fordernd, aber machbar. Mit kluger Vorbereitung, einer gesunden Portion Respekt und Neugier auf das, was kommt, kannst du über dich hinauswachsen. Jeder Lauf auf über 3000 m bringt dir wertvolle Erfahrung und mentale Stärke.
Und vergiss nicht: Deine Fitness ist und bleibt dein größter Trumpf. Egal in welcher Höhe – ein gut trainierter Körper kommt klar.
Text: Alicia Vargo für die Skyrunners World Series