Trailrunner im Interview: Kristin Berglund

Kristin Berglund © Philipp Reiter

Kristin Berglund ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten Trailrunnerinnen im deutschsprachigen Raum. Die Schwedin lebt als „Wahl-Tirolerin“ in den Alpen und hatte nach ihrem starken Jahr 2016 mit Siegen beim Großglockner Ultratrail oder dem Zugspitz Ultratrail mit einer längeren Verletzung zu kämpfen. 2018 kam sie bärenstark zurück und möchte nach vier Wochen nach ihrem Sieg beim Stubai Ultratrail erneut die Krone am Großglockner. Wir reden mit Kristin über Laufen, Verletzungen, Comebacks und Kinder:

Kristin Berglund

Kristin, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Saisonstart 2018. Es scheint du bist nach deiner Verletzung so stark wie eh und je. Fühlst du dich inzwischen so fit wie vorher?

Kristin: Danke! Ja, beim ZUT und Stubai habe ich mich richtig gut gefühlt und sowohl beim ZUT als auch in Schwarzach bin ich ja schneller gewesen als 2016; also ja, ich bin wohl inzwischen so fit wie vorher. Aber auch schwierig einzuschätzen …es ist ja alles auch Tagesverfassung und bei mir hängt es immer viel vom Kopf ab. Aber momentan fühle ich mich körperlich und auch mental recht gut. Ich habe keine Schmerzen und ich habe mich vor den letzten Rennen immer sehr darauf gefreut. Nach dem GGUT brauche ich aber etwas Pause und auch ein bisschen Zeit zum Trainieren für mein letztes Rennen für heuer (UTAT in Marokko in Oktober).

Wie lange hast du anschließend gebraucht an deinen alten Leistungsstand heranzukommen? Wie sah dein Trainingsaufbau aus?

Kristin: Ich habe Monate gebraucht. Viel Zeit. Viel mehr Zeit als ich mir gedacht hatte. Letztes Jahr war für mich privat und beruflich auch sehr stressig, und ich hatte nicht genug Zeit für mich, nicht genug Zeit, um mich um meinen Körper zu kümmern. Die Therapie und Reha ist definitiv zu kurz gekommen und deswegen hat es auch viel länger gedauert. Mein Trainingsaufbau war, einfach viel Zeit in den Bergen zu sein. Viel Skitourgehen und auch Laufen, mehr dehnen und blackrollen, Massage, mehr schlafen usw.

Ich bin mir sicher, dir hat der Sport wahnsinnig gefehlt. Hast du Tipps für uns, wie man Verletzungspausen am besten überstehen kann?

Kristin: Wenn man zuhause ist kann man ja immer was anderes sportliches tun. Fitnessstudio, Stabiübungen, Yoga, Schwimmen, Radfahren….es ist ja eher selten, dass man so verletzt ist dass man gar nichts machen kann. Es ist immer viel schwieriger wenn man viel reist und nicht zuhause ist. Letztes Jahr bin ich ja aufgrund der Arbeit viel gereist, das war dann oft schwierig ein Alternativtraining zu machen. Sonst denke ich ist es wichtig, die Verletzung einfach zu akzeptieren, dass es ist wie es ist. Das beste daraus machen. Das ist natürlich schwieriger gesagt als getan. Aber heilen tut man schneller, wenn man es akzeptiert. Wichtig sind auch Therapien und Rehatraining zu machen. Egal wie langweilig es ist, auszahlen tut es sich immer.

Laufen ist deine große Leidenschaft. Was genau bedeutet Trailrunning für dich?

Kristin: Trailrunning bedeutet mir extrem viel. Das ist meine Leidenschaft. Eine Sportart die perfekt zu mir passt. Eine Sportart, die mich glücklich macht. In den Bergen laufen zu gehen macht, dass ich mich total frei und lebendig fühle. Ich mag auch die Trailrunning-Community sehr gern und hab da viele Freunde, die die gleichen Leidenschaft teilen wie ich.

Im Winter sieht man dich häufig auf Bildern mit Tourenski unter den Füßen. Gehst du das ähnlich ambitioniert an, wie das Laufen oder siehst du es eher als gutes Alternativtraining?

Kristin: Nein, das ist ein gutes Alternativtraining. Ich habe keine Ambitionen mit Tourenski. Aber ich liebe Schnee und ich liebe Berge, und dann passt ja Skitourgehen ganz gut.

2018 kehrst du nach deinem Sieg zur Premiere 2016 zurück an den Großglockner. Warum hat der GGUT so eine enorme Anziehungskraft?

Kristin: Es ist wirklich eine wunderschöne Runde! Und die Veranstalter sind sehr nett und die Organisation spitze. Ausserdem sind viele von meinen Freunden da, und die mag ich auch gern treffen.

Du hast dich für die 110k entschieden. Siehst du dein größtes Potential über die ganz langen Strecken?

Kristin: Mm…das weiss ich nicht, aber wenn schon denn schon. Ich mag eigentlich alle Distanzen, aber momentan haben die längeren Läufe eine grössere Anziehungskraft auf mich. Es ist wie ein langes Abenteuer und es spielt sich so viel ab, in mir und auch in der Natur rund um mich. Wie eine lange Reise.

Was genau machst du eigentlich beruflich und wie schaffst du es Arbeit und Leistungssport zu kombinieren?

Kristin: Ich bin Physiotherapeutin. Ja, das mit der Zeit ist halt so eine Sache. Man muss wählen. In meiner Freizeit bin ich meist draussen, in den Berge. Aber auch viel mit Freunden, und ich lese auch gerne oder höre Musik. Aber ich tue z.B. nicht viel putzen oder andere Dinge die mir weniger wichtig sind ?

Hast du drei ganz spezielle Trainingstipps für uns?

Kristin: Jeder muss so trainieren wie es für denjenigen passt. Aber für mich ist das wichtigste, immer das zu trainieren worauf ich Lust habe. Viel Grundlagentraining, Dehnen, Stabiübungen und genügend Zeit zum Regenerieren und Schlafen.

Als zweifacher, sehr glücklicher Familienvater würde mich noch eine persönliche Frage interessieren, die für eine so ambitionierte Sportlerin wohl deutlich schwieriger ist als für einen Mann: Wünscht du dir eine Familie mit Kindern oder hast du dein Leben dem Sport verschrieben?

Kristin: Das stimmt. Das ist für eine Frau sicherlich viel schwieriger, nicht nur für Sportlerinnen. Ich habe mein Leben für gar nichts verschrieben, ausser für die Natur. Ich lebe mein Leben nach einem schwedischen Motto „Es ist wie es ist und es kommt wie es kommt“. Also mal schauen wie das dann kommt, aber ein klassisches Schwedisches-Svensson-Leben mit Kindern, Haus, Hund und Volvo habe ich mir eigentlich bis jetzt nie gewünscht.

Vielen Dank für dieses sympathische Interview Kristin. Wir sehen uns am Großglockner…