Pitz Alpine Glacier Trail 2018: Trailrunning am Dach Tirols mit Pfeffersen

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Freitagmittag, 03.08.2018, die Tour ins Pitztal nach Tirol in Österreich beginnt. Mit ca. 400km Anreise, ein langer & heißer Ritt über die viel befahrene Alpenstraße ins südliche Seitental des Inntals, welches bei Imst im Bundesland Tirol abzweigt. Ziel der Fahrt war die Trailcity in dem 1675m hoch gelegenen Ort Mandarfen,  in der Gemeinde St. Leonhard. Für mich persönlich war es bereits die dritte und bestimmt nicht letzte Tour dorthin.

Das äußerst beliebte Pitztal ist auch für weitere Sommer- und Wintersportler ein Highlight-Reiseziel und hebt sich vor allem durch landschaftliche Glanzpunkte in der Gletscherregion hervor. Eines der vielen besonderen Attraktionen der Gegend fand dabei am besagten Wochenende vom 03. bis 05. August statt. Das Pitz Alpine Glacier Trail Event 2018. 

Durchdachte Organisation eines Megaevents

Zu verdanken, dass diese Veranstaltung mehr und mehr an Bekannt- sowie Beliebtheit gewinnt, ist es dem OK-Team um die Laufwerkstatt, den vielen Helfern, den Bergrettern sowie nicht zu vergessen, den regionalen Pitztalern. Einen großen Anteil dabei hat auch Mag. Gerhard Gstettner (Geschäftsführer TVB Pitztal), der sich mit dem kompletten Team, vom Ersten Augenblick an um die Trailläufer-Community herzlich kümmerte. 

Nach Ankunft im Austragungsort Mandarfen, beschnupperte ich vor der (berechtigt) strengen Equipmentkontrolle sowie der anschließenden Nummernausgabe, erstmal die bereits sehr gut belaufene Expo-Area. Neben vielen Aus- und Herstellern fiel mir vor allem die kulinarische Umrahmung ins Auge. Mit feinsten Street Food, verteilt auf 4 Trucks, wurden die Gaumen eines jeden Läufers auf die atemberaubenden Strecken am Folgetag vorbereitet. 

Nach vollzogener Gaumenextase, kam es zum nächsten obligatorischen Programmpunkt, das Streckenbriefing. Für meine zu bewältigende Strecke P42G Glacier Compressport-Marahton (Der höchste Marathon der Alpen) waren viele bekannte Gesichter gemeldet und es entwickelte sich neben den referierten Sicherheitaspekten von Gerhard Gstettner, mehrere Taktik-Diskussionen in kleineren Gruppen des Publikums. Der mir bereits bekannte Track zeichnet sich vor allem durch 4 besondere „Knack“-Punkte aus:

  • ersten Anstieg zur „Scharte Mittagskogel“ (3070m, 7km) nicht zu scharf angehen und den Sonnenaufgang genießen
  • zweiten Anstieg Richtung „Sunna Alm“ (2300m, 20km)) fokussiert beackern und Blick nach Mandarfen (Ziellinie) im Kopf abspeichern
  • Kraftreserven vom Riffelsee (2232m, 24km) bis hin zum Taschachhaus (2430m, 35km) kontinuierlich im technisch laufbaren Geröll leicht steigernd auf die Piste bringen
  • auf den letzten Kilometer im Downhill vom Taschachhaus bis nach Mandarfen (1675m, 47km) alles noch auf die Piste bringen, was möglich ist

Nach dem „Gaschaftlhuaban“ mit den Trailläufern suchte ich meine Unterkunft im 15min entfernten Piösmes auf, in welcher bereits mehrere Läufer an der Rezeption zum Einchecken bereitstanden. In der Warteschlange machte ich dabei Bekanntschaft mit einem Laufkollegen (P100, Der Salomon Ultra, die Königsdistanz), mit dem ich noch eine abendliche Plausch- & Lockerungsrunde drehte. Gut gelockert und voller Vorfreude auf die anstehenden Kilo- bzw. Höhenmeter war nun das Ende des Tages erreicht. 

Gletscherquerung als Abkühlung

Pünktlich zum Race-Samstag, um 04:15Uhr schrillte der Wecker und vollgepackt ging es erneut auf dem Weg in die Trailcity Mandarfen, zum Start des P42G Marathons. Anstoß 05:00Uhr. Vor dem Start musste ich noch eine kriegsentscheidende Angelegenheit klären, die ich bis dahin noch immer nicht entschieden hatte:

  1. zusätzliche Wasserflasche gegen die anstehende Hitzeschlacht
  2. unterstützende Stöcke zur für das Höhenmetermassaker

Das Ergebnis viel spontan auf die 0,5l Trinkflasche am Arm, welche ich im Verlaufe des Rennens nicht bereute, jedoch wären Stöcke entlastender für manche Muskelpartien gewesen.

Bereits zum Startschuss konnte ich mich, mit gutem gemäßigten Tempo, im vorderen Teilnehmerfeld über die engen Trails über Stock, Asst und Stein den Mittagskogel entgegenwinden. Zum Teil auf allen vieren und mit Kopflampe unterwegs Richtung Gipfel, bemerkte ich von Zeit zu Zeit, dass meine ehemalige Achillessehnenverletzung kurze Ansagen in besonders steilen Passagen machte und ich ein paar Kollegen vorbeiziehen lassen musste. Mithilfe auflockender Pläuschen mit den umliegenden Mitstreitern konnte ich die Stimmung bei dem sonst äußerst steifen Höhenmetererklimmens extrem anheben und letztlich mit Gänsehaut den Sonnenaufgang am Dach Tirols bestaunen. 

Ab der höchsten Stelle, der „Scharte Mittagskogel“ (3070m, 6km) war nun wieder Tempo machen im Angesagt. Im ersten Downhill zur Verpflegungsstation „Gletscherexpress“ (2800m, 8km) konnte ich meine Geschwindigkeit der technischen Strecke stetig steigern und den Motor auf Betriebstemperatur bringen. Angekommen bei VP1, füllte ich meine Handtrinkflasche und verstaute meine „Hirnbirn“ im Rucksack. Außerdem checkte ich, ob meine Spikes für die anstehende Gletscherüberquerung gut greifbar waren. Wenige Minuten nach der VP1 war bereits das nächste Highlight der Strecke greifbar. Die erwähnte Gletscherüberquerung stand an. Fix waren die „Grödel“, für das kleine Abendteuer, angezogen und nach Überquerung wieder ausgezogen. Im Geiste wurde mir hier der dramatische Wandel des Klimas und der Schwund des Gletschers bewusst. Gefüllt von diesen Gedanken, war nun eine kleinere Bergetappe über Fels und Stein zur Braunschweigerhütte in Angriff zu nehmen. Dabei wurde mir ein Sturz aufs linke Schienbein zum Verhängnis. Mit Schwung schlug ich auf einen der spitzen Steinbrocken auf. Die restlichen Meter zur Braunschweiger Hütte (2759m, 10km) ging ich unrund und versuchte die Blutung etwas zu stillen. Auf diesen schmerzhaften Metern dachte ich sogar kurz an die Option „aufhören“. Jedoch blieb mir nichts anders übrig, als nach Mandarfen zu laufen und dort mal zu sehen, was passiert bzw. wie es weiter geht. In diese fünf downhill Kilometern fasste ich bei einem kleinen spaßigen und erfolgreich gestalteten „Duell“ wieder positive Gedanken und entschied mich bei überqueren der VP2 Mandarfen (Start/Zwischenstopp/Ziel) weiter zu laufen. 

Hitzeschlacht und andere Kämpfe

Die Schmerzen waren auch schon größten Teils wieder verflogen, als es bei dem zweiten härteren Anstieg Richtung Sunna Alm serpentinenmäßig in engen Trails den Berg hinauf auf 2300m ging. Hier befindet sich auf halber Distanz der kompletten Strecke auch der Riffelsee. Ein atemberaubendes Panorama mit vielen leidenschaftlich anfeuernden Zuschauern diente dabei für jeden einzelnen Läufer zum Power Tanken, für die noch ausstehenden Kilometer. 

Der im Gebirge eingebettete Riffelsee durfte nun bei erdrückender Hitze passiert werden. Von nun an ging es leicht, aber kontinuierlich, durch vereinzelte Geröllblöcke bergauf Richtung Taschachhaus. Eine 12km lange und technisch anspruchsvolle Stecke, die mit dosierten Trinken und starker Sonneneinstrahlung passiert werden durfte. Auf diesem Teil des P42G Trails, kam es vereinzelt immer wieder zu gewagten Überholmanöver. Sei es P26er von hinten oder P100er von vorne. Richtig Dampf auf die Strecke konnte ich letztendlich dann bringen, als ich den Entschluss fasste, einen amerikanisch stämmigen Trail Läufer aus dem P26 Feld „nicht überholen zu lassen“, sondern ihm zu zeigen, was in meinen bayerisch stämmigen Wadln steckt. Ab diesem Zeitpunkt (ca. 18km vor Ziellinie), kam ich mehr und mehr in die Party. Nach nur wenigen Wortwechseln konnte ich den Kollegen abhängen und bereits an der letzten Verpflegungsstation Taschachhaus (2430m, 36km) war ich in meinem Tunnelblick. Von nun an konnte ich Kilometer mit 3er bzw. 4er Pace auf meiner schicken Suunto Uhr belächeln und sogar noch 3 Positionen gut machen. 

Fazit:

Mein bisher dritter und sicherlich nicht letzter Besuch im Pitztal beim Glacier Trail war wiedermal ein Spektakel für Körper, Seele und Geist. Die Strecke beinhaltet viele unbeschreibliche Erlebnisse, die man als Trailrunner miterlebt haben sollte (muss). Mit 47km und mehr als 3000 Höhenmeter auch ein sehr anspruchsvoller und äußerst technisch laufbarer Trail. Es ist auch eine große Freude zu sehen, wie sich das Event von Jahr zu Jahr steigert und sich in vielen Punkten zumal übertrifft. 

Herzlich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei den Veranstaltern, den vielen hilfsbereiten Helfern, den unzähligen anfeuernden Zuschauern, den lustigen aber auch ehrgeizigen Teilnehmerfeld sowie bei meiner Unterkunft Grani Romantika in Piösmes.

Es war mir ein Fest

Peace, Love & Shake your Ass euer Pfeffersen

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