Die Ausgangslage ist so einfach, wie frustrierend: Wir Trailrunnerinnen und Trailrunner lieben es, draußen zu sein, die Berge und Wälder zu genießen, Ruhe und Kraft in der Natur zu finden. Was Nachhaltigkeit im Trailrunning bedeutet hat Tobias Gerber in seinem Hintergrundartikel bereits für uns definiert. Nun schreibt sich Christian Mayer seine „Aufreger“ zu diesem Thema von der Seele. Tut es ihm gerne gleich!
„Während sich Tobi wissenschaftlich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ auseinandergesetzt hat, beleuchte ich die emotionale Ebene zu diesem Thema. Dieser nicht ganz so ernst gemeinte Artikel soll Euch einerseits zum schmunzeln bringen, andererseits aber das eine oder andere fragwürdige Verhalten konkret ansprechen:
Mit offenen Augen durch die Natur
Gerade wir als Trailrunner verbringen in der freien Natur sehr viel Zeit und so kommt es, dass wir neben vielen unvergesslichen Momenten, auch auf bestimmte Situationen treffen, die uns persönlich extrem nerven. Dies staut sich oftmals über Jahre an und so bewerten wir manche Begebenheiten anders, als es „Otto Normalbürger“ machen würde. Mir, als Verfasser dieses Artikels, ist sehr wohl bewusst, dass die folgenden Punkte von den Verursachern teilweise in Unwissenheit oder aber auch aus Gedankenlosigkeit gemacht werden. Dieser Artikel soll aber in keinster Weise als anklagender Fingerzeig gesehen werden, sondern vielmehr zum Nachdenken anregen. Ich persönlich wäre schon sehr zufrieden, wenn wenigstens ein paar meiner Zeitgenossen sich folgende Zeilen zu Herzen nehmen würden.
Die Kotverpacker
Als Hundebesitzer kenne ich beide Seiten. Zum einen die des Läufers, der sich über die Hinterlassenschaften von so manchem Hund ärgern und die des Hundebesitzers, dem es aufgrund fehlender Entsorgungsmöglichkeit unangenehm ist, die Notdurft seines Vierbeiners mitzunehmen. Zu meiner Ehrenrettung muss ich allerdings sagen, dass ich immer mit einem gewissen Vorrat an Kotbeuteln das Haus verlasse, wenn mich mein Hund begleitet. Und jeder Mensch muss sich darüber im Klaren sein, dass bei aller Tierliebe auch die unangenehmen Dinge erledigt werden müssen. Wenn ich dann so mit meiner treuen Gefährtin unterwegs bin, dann ärger ich mich immer über so manchen Zeitgenossen, die trotz Vorhandensein einer Hundetoilette die Notdurft ihres Hundes unbeachtet liegen lassen. Aber es geht noch schlimmer! So ist es leider mittlerweile verbreitet, dass so mancher Tierhalter zwar den Kot ordnungsgemäß verpackt, das stinkende Tütchen dann aber in der weiten Flur entsorgt. Sorry, aber wie bescheuert kann man den eigentlich sein? Die Verrottungszeit von Hundekot unverpackt liegt bei ein paar wenigen Wochen. Eingepackt wird aber die Natur über mehrere Jahre durch das Plastiktütchen belastet. An dieser Stelle will ich niemanden zu nahe treten, aber um Himmels Willen, was geht in den Köpfen dieser Verursacher vor?
Harvester – Monster der Forstschneisen
Die Sonne scheint, wir haben an die 20 Grad, was gibt es dann Schöneres als über ausgedehnte Singletrails durch die heimischen Wälder zu laufen und den Vögeln zuzuhören? Doch was ist da? Eine monsterhafte Erscheinung namens Harvester verspricht nichts Gutes. An der Stelle, an der in der vergangenen Woche noch ein idyllischer Pfad verlief, klafft jetzt eine ca. 10 m breite und bis zum Horizont reichende Schneise. Daran schließen sich wieder ca. 50 m schönster Wald an um abermals von einer weiteren Schneise des gleichen Ausmaßes unterbrochen zu werden. Dies, meine lieben Freunde, nennt sich im Fachjargon Rückegasse und ist dazu bestimmt, den vormals paradiesischen Wald wirtschaftlich bearbeiten zu können um so auch noch den letzten Euro aus diesem Forstgebiet rauspressen zu können. Bitte versteht mich nicht falsch. In Zeiten des Klimawandels und der damit einhergehenden Belastungen durch Dürre und Pilz- und Käferbefall ist eine nachhaltige Forstbewirtschaftung dringend nötig. Aber muss dies in kleingliedrigen Gebieten der Privatwaldbesitzer durch diese Monster- Maschinen geschehen, die schon aufgrund der Unterhaltskosten nur im großen Maße eingesetzt werden können? Gerade bei uns im Bayerischen Wald besinnt man sich oftmals wieder zurück auf traditionelle Arten der Waldbewirtschaftung. Dabei werden die entfernten Bäume mit Hilfe von Rückepferden aus den betroffenen Waldgebieten gebracht. Diese Art ist kostengünstig und ressourcenschonend. Eines unserer liebsten Aussprüche in Bayern ist die „Rückbesinnung auf Traditionen“. Scheinbar findet dies aber nur dort statt, wo es den betroffenen Menschen gerade in den Kram passt.
Erinnerungskultur und Märchenwald
Vor ein paar Jahren lief ich kurz vor Weihnachten durch unseren heimischen Wald und erfreute mich des Anblicks eines geschmückten Christbaumes. Hier hatte sich ein Unbekannter die Mühe gemacht und in liebevoller Arbeit eine Fichte geschmückt. Dies begeisterte mich so, dass ich die folgenden Wochen immer wieder die gleiche Route lief. Pünktlich mit Ende der Weihnachtszeit holte der Unbekannte seinen Weihnachtsschmuck wieder ab und so hatte der Wald wieder seine Ruhe. Auch andere fanden an dieser Idee Gefallen und so kam es, wie es kommen musste. Ich möchte an dieser Stelle nicht als pietätlos gelten, aber es kann nicht sein, dass sich scheinbar Einheimische in der freien Natur Bäume aussuchen, an denen diese ihre eigene Erinnerungsstätte an verstorbene Mitmenschen errichten. Ebenso befremdlich finde ich den Umstand, dass man an vielen Ecken mittlerweile von dumm grinsenden Gartenzwergen unter dem Schutz von großen Findlingen begrüßt wird. Oftmals könnte man den Eindruck bekommen, dass manche an ihren Zwergen und Puppen hängen und diese nicht über den normalen Hausmüll entsorgen möchten. Aber in der Natur hat dieser persönliche Krimskrams auch nicht zu suchen. Auch das Anbringen von Devotionalien an dickstämmigen Buchen ist für mich nicht erklärbar.
Freier Naturgenuss
Der freie Naturgenuss steht jedem Menschen zu und ist sogar in der bayerischen Verfassung verankert. Man sollte dabei aber auch immer bedenken, dass der persönliche Naturgenuss nur soweit gehen darf, bis diese die Rechte eines anderen einschränkt. Leider ist dies scheinbar einigen Besitzern von E- Mountainbikes nicht bewusst. Während die meisten Wege noch vor ein paar Jahren den wirklich hartgesottenen MTB- Fahren vorbehalten waren, ist dies durch die Motorunterstützung kein Hindernis mehr. Umweltschützer, Wanderer und auch wir Trailrunner sind nicht begeistert von diesem Trend. Gerade an engen und unübersichtlichen Stellen kann es sehr schnell zu einer Gefahrensituation kommen, wenn vollkommen unerwartet ein Pedelec um die Kurve biegt. Doch anstatt die Geschwindigkeit zu reduzieren, haben viele Fahrer Schwierigkeiten sich im Sattel zu halten, so dass man als unterlegener Läufer schnell zur Seite springen muss. Im Hinblick auf diese Situationen ist es nicht verwunderlich, dass das eine oder andere Bundesland für Radfahrer im allgemeinen eine verschärfte Gesetzeslage vorsieht. So dürfen in den Wäldern Baden-Württembergs Wege nur dann befahren werden, wenn diese breiter als 2 Meter sind.
Respekt vor der schützenswerten Natur
Gerade seit der Pandemie kann man bei vielen Menschen die Rückbesinnung auf die Natur feststellen. Besonders in den vergangenen Jahren wird die Bewegung an der frischen Luft wieder geschätzt und Waldgebiete für ausgedehnte Spaziergänge oder einfache Wanderungen aufgesucht. Diese lieben es gute sauerstoffhaltige Luft einzuatmen und den Alltag hinter sich zu lassen. Aber genau diese saubere Luft wird bereits bei der An- und auch Abreise immens belastet, da viele Zeitgenossen mit ihren fahrbaren Untersätzen möglichst bis kurz vor das Gipfelkreuz oder den Aussichtspunkt fahren. So sieht aber kein fairer Umgang mit der Natur aus.
Nun seid Ihr an der Reihe
Wenn ich jetzt gefragt werde, wie es mir geht, dann kann ich mit einem zufriedenen „gut“ antworten. Denn ich habe die Gelegenheit genutzt und mir meine lang angestauten Aufreger von der Seele geschrieben. Habt auch Ihr etwas auf der Seele? Dann nutzt jetzt die Gelegenheit und schreibt uns, was Euch aufregt!