Die perfekte Rennvorbereitung am Beispiel Kaitersberg Trail

Markus Mingo, Team XC-RUN.DE siegt beim Kaitersbergtrail 2024 © sportograf / david reichl

Die letzten Wochen vor dem Wettkampf sind ein Mysterium. Oft beschrieben mit zahlreichen Tipps versehen – und dennoch extrem individuell. Beim Kaitersberg Trail 2024 konnte ich nicht nur gewinnen, sondern eine für mich überdurchschnittlich starke Leistung abrufen. Es scheint ich habe in der letzten Vorbereitungsphase einiges richtig gemacht. Anstatt euch also wie gewohnt mit einer Rennreportage zu langweilen, werfen wir dieses Mal einen Blick hinter die Kulissen: Auf die letzte Traininingsphase, die Materialwahl und die Rennstrategie.

Training: Die letzten beiden Trainingswochen vor dem Wettkampf

Die vorletzte Woche

Rennvorbereitung: Vorletzte Woche vor dem Wettkampf © Markus Mingo

Die Rennvorbereitung beim „Heimrennen“ kann natürlich noch einmal spezifischer erfolgen. So absolviere ich in den letzten beiden Wochen noch zwei wichtige Einheiten auf (Teilen) der Originalstrecke am Kaitersberg.

Wir befinden uns zwei Wochen vor dem großen Rennen und nach einer harten Trainings- und fordernden Arbeitsphase fühle ich mich schlapp und ausgebrannt. Trotzdem stehen am Wochenende noch einmal zwei Schlüsseleinheiten auf dem Programm:

  • Samstag geht es zusammen mit Andi auf die original Wettkampfstrecke des Kaitersberg Trail (30 km und 1500 hm: Strava-Aktivität) wobei ich die Anstiege im Schwellentempo (Racepace) bewältige und den Rest sehr locker laufe. Die Intervalle waren ok und ich bin hinterher gut bedient.
  • Sonntag habe ich den Kötztinger Stadtlauf auf dem Programm: 10k Tempolauf mit enormer Vorbelastung und extrem schweren Beinen. Wie ein angeschossener Hund stehe ich an der Startlinie und versuche mein Tempo zu finden. Die Performance ist unterirdisch, trotzdem verbuche ich es als gutes Training, das ich ohne Wettkampfatmosphäre in dieser Form nicht durchgezogen hätte. Ich bin enttäuscht, aber für größere Saisonziele muss man auch mal einstecken können.
  • Montag und Dienstag Pause: Im Trainingstagebuch stehen 45 Minuten Radfahren und etwas Spazierengehen.
  • Mittwoch: Langer, lockerer Trailrun
  • Freitag: 200er Intervalle auf der Bahn. Die Performance ist immer noch nicht gut, aber die Geschwindigkeit fühlt sich von Mal zu Mal besser an und die zweiten 10 gehen besser als die ersten 10.
  • Samstag: Lockerer Dauerlauf über zwei Stunden. Hier spüre ich langsam die Kraft zurückkommen. Die schnellen, kurzen Intervalle am Vortag haben mir definitiv gut getan.

Die letzte Woche

Trainingsplan: Letzte Woche vor dem Wettkampf © Markus Mingo

  • Sonntag: Die Schlüsseleinheit schlechthin. Zusammen mit Andi beziehe ich mein „Basecamp“ am Reitenberg. Bergintervalle im Schwellentempo a 12-15 Minuten (Strava-Aktivität) stehen auf dem Programm. Dabei laufen wir auf der original Wettkampfstrecke je zweimal über die Räuber-Heigl-Höhle (1. Anstieg kbt24) und den Postbotensteig (letzter Anstieg kbt24). Die Besonderheit – wir trainieren auch den Übergang von Uphill zu Downhill, das heißt, unsere Intervalle enden erst 200m unterhalb des Gipfels und ich laufe je einmal mit und ohne Stöcke und mit unterschiedlichen Schuhen. Die Einheit läuft nicht nur ausgezeichnet sondern klärt auch die Materialfrage. Zudem habe ich 2x trainiert die Stöcke im Wettkampftempo zu verstauen.
  • Ich spüre immer noch die hohe Trainingsbelastung der letzten Wochen, deshalb gebe ich Montag und Donnerstag komplett Ruhe
  • Dienstag: 6 x 30 / 30 Intervalle – 3 Durchgänge mit maximal 90 % zum Durchpusten (zum Workout)
  • Mittwoch: 4 x 4 Minuten im welligen Gelände (meine typische letzte Einheit vor Wettkämpfen)
  • Freitag: 45 Minuten mit kurzem Fahrtspiel

Material

Eigentlich laufe ich erst Wettkämpfe jenseits der 50 Kilometer mit Stöcken. Bei der Sonntagseinheit sprach mein Bauchgefühl dafür. Ich war damit nicht schneller, aber es fühlte sich deutlich besser an – sodass ich mich für den LEKI Ultratrail Superlite entschied. Dazu ein Laufgürtel – in meinem Fall das Modell von Salomon. Hier konnte ich in der hinteren Reißverschlusstasche die Pflichtausrüstung inklusive Handy verstauen, die Stockhalterung funktioniert gut und in den drei vorderen Taschen ist Platz für Gels und eine Flask. Am Tag vor dem Wettkampf schnalle ich mir den Gürtel um und trainiere etwa zehn Minuten vor dem Spiegel: Stöcke rein, raus, rein, raus. Bei den Schuhen setzte ich auf den S/LAB Pulsar 2. Ein leichter Racer, der zugleich eng am Fuß sitzt und perfekten Fersenhalt für die technischen, verwinkelten Trails und die steilen Downhills bietet. Bei trockenen Bedingungen ist da Profil ausreichend. Bei Nässe hätte ich auf den Brooks Catamount Agil gesetzt. Dazu natürlich die XC-RUN.DE Teamkleidung von UYN mit den Runner`s Five Socken und die Julbo Ultimate Brille. Als Uhr die Coros Apex 2 mit Pulsmessung am Oberarm (Test folgt).

Verpflegung und Rennstrategie

Kaitersbergtrail 2024

Verpflegen wollte ich mich bei sommerlichen Temperaturen und der relativ kurzen Laufdauer überwiegend flüssig. Ich gehe mit gefüllten Speichern an den Start (Basiswissen Sportnahrung) und kalkuliere mit etwa 2,5h Renndauer bei hoher Belastung. Durch die eher kurze Belastungszeit sah ich keinen Sinn darin, die Kohlenhydrataufnahme zu maximieren (etwa 100 – 120g/h). Ich begnüge mich mit zwei Gels und isotonischen Getränken, die ich jeweils (supportet durch meinen Sohn Paul) an der VP Reitenberg zu mir nehme. An der VP Kötztinger Hütte fülle ich die 250ml Flask auf dem Hin- und Rückweg jeweils mit Wasser auf. So komme ich auf ca. 120 Gramm Kohlenhydrate während des gesamten Rennens und kam damit energetisch sehr gut durch.

Kaitersbergtrail 2024

Die Rennstrategie war einfach: Gas geben aber das eigene Rennen laufen. Dabei die Kraft so einteilen, dass ich beim letzten Anstieg noch einmal „All-In“ gehen könnte. Wenn ich es mir recht überlege habe ich dabei kein einziges Mal auf Puls oder Wattwerte geschaut, sondern bin einfach komplett nach Gefühl gelaufen. Die anschließende Auswertung hat mich selbst überrascht: Ein Durchschnittspuls von 160 bedeutet bei mir exakt Schwellentempo, dass ich 2,5 Stunden durchgelaufen bin. Dabei blieb der Puls auch auf den technischen, steilen und extrem schnellen Downhills hoch und bildet eine konstante Gerade – krass eigentlich. Mit einer „Effort Pace“ (um Höhenmeter bereinigte Geschwindigkeit) von 3:30 über eine Renndauer von gut 2,5 h habe ich eine für mich überdurchschnittlich starke Leistung abgerufen und kann mit dem Rennen mehr als zufrieden sein (Strava-Aktivität). Ebenfalls gut an der Pulskurve zu sehen: Ich hatte keinen Einbruch und der Puls schnellt auf den letzten Kilometern nicht nach oben (oder unten), was bedeutet, dass ich bis zum Ende kontrolliert gelaufen bin und vielleicht noch einen Tick länger (nicht schneller) gekonnt hätte. Das alles stimmt positiv für die neue Saison – auf gehts!