Vergangenes Wochenende fand der Ultra Trail Vipava Valley (UTVV) im wunderschönen Vipava Valley statt. 6 Distanzen (10/15/30/60/110/160km) standen für die Läufer zur Auswahl. Bine war auf der Strecke „Gladiator“ 61km, 2500Hm unterwegs. Hier erzählt sie, was sie bei diesem Lauf alles erlebte und wie es ihr ergangen ist.
Ultra Trail Vipava Valley: They call us warriors!
Seit ich letztes Jahr beim Julian Alps Trail“ (zum Artikel) zum ersten Mal in Slowenien gelaufen bin, bin ich von diesem Land begeistert. Deshalb freute ich mich sehr auf den UTVV. Leider wurde meine Vorfreude etwas getrübt, als ich 5 Tage vorher eine Reizung am linken vorderen Schienbeinmuskel bekam. Kurzzeitig hatte ich Angst, dass mein Abenteuer Slowenien“ auf der Kippe steht. Doch mein Physio gab mir grünes Licht, warnte mich aber mit den Worten: „Du kannst laufen, du kannst dir da jetzt nichts brechen, aber du wirst es bei jedem Schritt spüren, je länger du unterwegs bist, desto schlimmer wird es“. Ich wollte unbedingt hin, also habe ich in der Woche davor brav eine Laufpause eingelegt und gehofft, dass es besser wird. Die erzwungene Laufpause vor dem Wettkampf und das Wissen, 61 km lang bei jedem Schritt Schmerzen zu spüren, waren nicht gerade Balsam für die Seele. Trotzdem wollte ich es versuchen.
So stand ich am Samstag um 7 Uhr morgens an der Startlinie. Die ersten 4 km waren flach, dementsprechend hoch war das Tempo. Ich war mit zwei anderen Mädels an der Spitze und fühlte mich gut. Doch als ich auf die Uhr schaute, sagte ich mir „Bine, runter vom Gas, sonst wird das heute nichts mit den 61km“. Und so ließ ich die beiden Mädels ziehen. Dann kam der erste Anstieg mit ca. 300Hm und ich war froh, dass ich bergauf meinen Fuß nicht spürte. Oben angekommen ging es gleich wieder bergab, kurz nochmal bergauf und schon war ich bei VP1 (13km). Die Zeit verging wie im Flug und bis jetzt lief alles super. Nach einem flachen Stück kam der nächste Anstieg auf den ‚Sveti Socerb‘, ca. 400Hm waren hier zu bewältigen. Die Landschaft war wirklich wunderschön, grüne Berge wohin das Auge blickte. Wir kamen durch viele nette, kleine Dörfer, wo uns die Einheimischen anfeuerten und zujubelten. Ich war glücklich. Die nächste Abfahrt stand an und ich merkte, dass mein Fuß nicht so wollte wie ich. Bei jedem Schritt ein Stich. So musste ich leider Tempo rausnehmen und langsamer laufen. Plötzlich, bei ca. km 20, schoss wie aus dem Nichts Dame Nummer vier an mir vorbei und katapultierte mich auf den vierten Platz. Schade, dachte ich, Podestplatz weg. Ich wusste, was ich bergab verliere, kann ich bergauf – was meine Stärke ist – leider nicht wieder gut machen.
„Bine, Arsch zammzwicken, des geht scho“
Also konzentrierte ich mich darauf, einfach gut durchzukommen und zu schauen, dass mein Fuß bis zum Schluss hält. Nach der 2. VP (km 22) folgte der steilste Anstieg, 1.100Hm auf 9km lagen vor uns. Der Weg hinauf zum höchsten Punkt, dem ‚Nanos‘ (1.225m), war wirklich schön. Obwohl man nur auf ca. 1.000m unterwegs ist, hat man das Gefühl irgendwo in den Alpen auf über 2.000m oberhalb der Baumgrenze zu sein, denn genau so sah es hier aus, wirklich verrückt. Ich fühlte mich gut und konnte bergauf noch ein paar Leute einholen. Aber ab da habe ich niemanden mehr gesehen… Oben an der VP auf dem Nanos (km 31) war ich der einzige Läufer weit und breit und auch die nächsten 30km war ich allein auf weiter Flur, niemand vor mir und auch niemand hinter mir. Ich fühlte mich wie der „lonesome rider“. Auf dem Nanos begrüßte uns erst einmal der Winter. Es lag Schnee, es war neblig und ein eisiger Wind blies uns entgegen. Aber im Wettkampfmodus stört das ja bekanntlich nicht. Die folgenden 18km bis zum nächsten VP waren extrem zach und eine Tortur für mein Schienbein. Los ging es mit einem Downhill auf einer Forststraße, es fühlte sich bei jedem Schritt wie ein Messerstich im Schienbein an. „Bine, Arsch zammzwicken, des geht scho, über die Hälfte hast du scho gschafft“. Die Forststraße verwandelte sich in matschige, rutschige Wald- und Wiesenwege, der Schlamm spritzte nur so – mud run lässt grüßen. Es folgten wieder „never ending forest roads“ und es zog sich wie Kaugummi.
Inzwischen sind auch die flachen Abschnitte kein Highlight mehr für meinen Fuß. Genau wie es mein Physio angekündigt hatte. So war ich überglücklich, als ich den letzten VP (km 49) erreichte. Nach ein paar flachen Kilometern folgte der letzte Anstieg (ca. 400Hm), über den sich mein Bein sehr freute, kurze Erholung vom Schmerz. Die letzten 6km ging es bergab und teilweise wellig, hauptsächlich wieder auf Forststraßen hinunter nach Ajdovscina. Glücklich, aber mit Schmerzen lief ich nach 6h 41min als 4. Frau (2. AK) über die Ziellinie. Nicht ganz zufrieden und etwas enttäuscht über den verpassten Podestplatz ist leistungsmäßig für die nächsten Wettkämpfe definitiv noch Luft nach oben. Dennoch denke ich, dass ich froh und auch ein wenig stolz sein kann, die 61km trotz des lädierten Beines durchgehalten zu haben. Alles in allem war es ein guter Vorbereitungslauf für meinen bevorstehenden 100er am Eiger Ultra Trail.
Zum Artikel: Einen 100er laufe ich in diesem Leben NIEMALS…
Der UTVV ist eine Veranstaltung, die ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann. Top organisiert, super Stimmung und im Start-/Zielbereich ist immer viel los, da macht der Zieleinlauf richtig Spaß. Besonders hervorheben möchte ich die perfekte Streckenmarkierung, das war wirklich TOP! Hier konnte sich selbst ich nicht verlaufen 🙂 Wer die traumhafte Landschaft Sloweniens kennenlernen möchte, ist hier auf jeden Fall richtig.