Aus der Idee zweier enthusiastischer junger Bergsteiger wurde im Jahre 1966 die Marke The North Face geboren. Deren kleines Fachgeschäft für Hochleistungskletterer in San Francisco etablierte sich schnell zu einem immer größer werdenden Unternehmen. Unter Abendteurern sind die Worte „North Face“ nicht unbekannt, denn sie bezeichnen die kälteste, unversöhnlichste Seite eines Berges. Mit dem Erfolg kam schließlich die Auslehnung der Outdoormarke in immer weitreichendere Kreise. Das stetige Interesse des Herstellers Expeditionen in den entlegensten Teilen der Welt zu sponsern trug ihren Teil dazu bei auch im Trailrunningbereich Fuß zu fassen. Als es aufs neue Jahrtausend zuging, brachte die Marke ihre erste eigene Linie für Trekking- und Traillaufschuhe heraus, um von Kopf bis Fuß den Bedürfnissen all derer zu entsprechen, die ständig nach neuen Horizonten streben. Die daraus entstandene Vectiv Serie besteht aus drei Modellen mit jeweils unterschiedlichen Einsatzbereichen. Dem Flight Vectiv, schnell, aggressiv und mit einer Carbonplatte verstärkt. Dem Vectiv Infinite, welcher eher gemäßigt und als Allrounder unterwegs ist. Und nun hier im Test, die Zweitauflauge des Enduris, der auf gute Dämpfung und Ultras ausgelegt ist.
Erster Eindruck
Schon auf den ersten Blick ist klar ersichtlich, dass es sich bei dem Vectiv Enduris um einen Langstreckenläufer handelt. Nicht umsonst der Name welcher sich in Ausdauer oder Abhärtung übersetzten lässt. Der Sohlenaufbau drängt sich bereits optisch in den Vordergrund. Relativ hoch mit einer schon von außen erkennbar vielschichtigen Dämpfung. The North Face kombiniert hier eine 3D-Fußplate mit zwei Härtegraden, die Zwischensohle mit Rocker-Aufbiegung und eine SurfaceCTRL Laufsohle. Die Stollen haben eine Profiltiefe von 3,5mm und sind laut Hersteller auf dynamisches Abrollen ausgelegt. Die Außensohle ist verhältnismäßig schmal geformt und wirkt nicht zu ausladend im Vorfußbereich. Das Overlay ist aus atmungsaktivem Netzgewebe produziert und kommt für Weiblein und Männlein in jeweils drei knalligen Farbkombis daher. Wir halten den „Pink Panther“ in Händen, und schon optisch gefällt das Obermaterial und seine Verarbeitung. Aber wie immer ist dies natürlich absolute Geschmacksache. Doch es lässt sich nicht abstreiten, dass Pink im Trailrunningbereich mittlerweile geschlechterübergreifend dazu gehört. Nahtlose TPU-Verstärkungen sind im Zehenbereich und Ferse sowie an der Seite angebracht. Bei den Zehen ist diese noch zusätzlich verdoppelt und wirkt äußerst stabil. Die Zunge des Vectiv Enduris II ist nicht mit dem Obermaterial verbunden sondern eigenständig und kann hin und her bewegt werden. Diese ist ausgiebig gepolstert, genauso wie der obere Schaftbereich und Ferse. Laut Hersteller ist eine 3D geformte Fersenstütze integriert. Zum leichteren Anziehen gibt es eine Lasche. Die Schnürung erscheint unspektakulär, herkömmliches System und leider keine Möglichkeit zum Verstauen der Senkel.
Laufeigenschaften
Ein ausgewiesener Ultratrailschuh sollte in jedem Gelände klar kommen, daher beginnt eine der vielen Testrunden weg von der Haustür direkt auf Asphalt. Hier kann der TNF bereits Punkte sammeln. Aufgrund seiner Zwischensohle die wie bereits erwähnt aus mehreren Komponenten besteht, ist die Dämpfung angenehm spürbar, bietet aber guten Vortrieb. Vor allem auf hartem Untergrund. Die geringe Stollentiefe trägt ebenfalls ihren Teil dazu bei nicht zu wackelig auf der Straße unterwegs zu sein. Die Rockeraufbiegung ist erst einmal gewöhnungsbedürftig, doch schnell stellt sich ein gutes Laufgefühl und dynamisches Abrollen ein. Mit seinen 530g pro Paar ist der TNF auch sehr leicht für einen Langstreckenschuh mit solch hohem Aufbau. Sicherlich kein Nachteil. Biegen wir ab in den Wald, laufen wir gefühlt auf Wolken. Im Unterbewusstsein formiert sich langsam das allseits bekannte, fast schon abgenutzte Wort „Flow“. Ja es macht richtig Spaß den Schuh zu laufen. Der Bodenkontakt ist zwar nicht direkt aber spürbar, und auf leicht laufbarem Terrain sind wir mit dem TNF sehr gut aufgehoben. Allerdings machen sich auch gewisse Grenzen bemerkbar. Wird der Untergrund zu technisch und wild, müssen wir erst einmal stehen bleiben und nachschnüren. Ein „no-go“ im Wettkampf. Hilft jedoch nur bedingt. Bergauf bietet die Fersenkappe guten Halt und polstert auch auf langen Einheiten angemessen. Stürzen wir uns in den Downhill kommt leichte Unsicherheit auf. Hier bietet der Enduris II einfach zu wenig Stabilität und Strammheit in seiner Passform. Die Laufsohle SurfaceCTRL fühlt sich gut an. Die haptisch weiche Gummimischung arbeitet tadellos. Selbst auf losen und nassen Untergründen ist eine gute Traktion spürbar.
Einsatzbereich
Mit seiner Vectiv Serie deckt TNF den gesamten Trailbereich und dessen Distanzen ab. Der Enduris II eignet sich dabei am besten für lange Einheiten und Ultras. Diese sollten nicht zu alpin und anspruchsvoll sein, da der Schuh hier schnell an seine Grenzen stößt. Idealerweise führt man den TNF auf leichtem Terrain aus. Dennoch führt er auch sicher über wurzeldurchzogene Singletrails und matschigen Waldboden. Selbst kurze Abschnitte auf Asphalt sind absolut laufbar. Wettkämpfe in Marathondistanz sind genauso denkbar wie ausgedehnte Genussläufe mit den lieben Trailbuddies.
Für wen?
Läufer die einen bequemen, gut gedämpften und leichten Ultraschuh suchen, sind hier genau richtig. Ein Schuh bei dem man nicht lange überlegen muss, sofern der Ausflug ins Gelände jenseits der 10 Kilometer liegt. Darunter gibt es sinnvollere Alternativen. Beachten sollte man jedoch, besonders vor der ersten Tour, den Schuh einmal von vorne nach hinten komplett stramm durchzuschnüren. Sonst sitzt er einfach zu locker. Ist man bei warmem Wetter sehr lange damit unterwegs, empfiehlt es sich den Enduris II eine halbe Nummer größer als gewohnt zu wählen. Schwellen die Füße an, kann er in seiner Passform zu knapp werden. Der TNF eignet sich gut für schwere Läufer, aber aufgrund seiner leichten Bauweise macht er auch Fliegengewichten Spaß.
Weitere Informationen
Zur Übersicht der Trailschuhmodelle 2022
Daten | |
Hersteller: | TNF |
Modell: | Vectic Enduris II |
Gewicht: | 310 g (EU 43) |
Sprengung: | 6 Millimeter |
Empf. Verkaufspreis: | 140 € |
Kaufen: | xc-run.de Shop |
Testergebnis
Verarbeitung | |
Schnürung | |
Protektion | |
Grip | |
Lauffreude | |
Fersenhalt | |
Gesamtnote | |
Ein Schuh für lange Touren mit gutem Grip, ausgeglichener Dynamik und softem Laufgefühl. Optisch wie praktisch ein Modell welches für Langstreckenläufer sicherlich eine gute Option ist. |