Scarpa Golden Gate Kima RT

Scarpa Golden Gate Kima RT © xc-run.de

Nach mehr als zweijähriger Entwicklungs- und Forschungsarbeit unter der Leitung von Marco De Gasperi liefert uns Scarpa den Golden Gate Kima RT. Der Name ist inspiriert von der Kima Trophy: 52 Kilometer auf einem massiv technischen Trail, der sich zwischen sieben Bergpässen mit insgesamt 8.400 m Höhenunterschied sowie Moränen, Schneefeldern und exponierten Graten schlängelt. Der erste Schuh des Herstellers der speziell für das Skyrunning entwickelt wurde. Ziel des Projekts war es, eine neue Technologie in den Trailschuh zu integrieren. Eine in die Sohlen eingebettete Carbonplatte, die den Rebound verbessert, den Gang beschleunigt und sogar Geschwindigkeitsrekorde brechen soll. Scarpa wirbt mit einer Einsparung des Energieverbrauchs um 2,1 %. Dies wurde im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie über die Auswirkung von Carbon Laufschuhen auf die Leistung speziell im Trailrunningbereich nachgewiesen. Natürlich muss man den Schuh als Ganzes betrachten.

Dazu gehören neben der V-förmigen Carbonplatte auch der Sohlenaufbau sowie verwendete Materialen für das Obermaterial. Im Hauseigenen Test hat der Golden Gate Kima RT bereits zwei Rekorde gebrochen, an den Füßen des spanischen Läufers Manuel Merillas. Dieser unterbot die Zeit von De Gasperis von Courmayeur zum Gipfel des Mont Blanc und zurück um fast 9 Minuten. (49,6 Kilometer/3.750 Höhenmeter). Und auch auf den Gipfel des Monte Rosa und wieder herunter flog Merillas mit dem Schuh um mehr als eine halbe Stunde schneller als der bisherige Rekordhalter Franco Colle. Ob der Golden Gate Kima RT wirklich hält was uns der Hersteller hier groß anpreist, wollen wir mit diesem Test genauer in Erfahrung bringen.

Erster Eindruck

Scarpa hat den Golden Gate Kima RT entworfen für Läufe in schroffem, alpinen Gelände. Ehrlich gesagt sieht er zunächst weniger danach aus. Er kommt grazil und schlank daher. Wirkt im ersten Moment eher wie ein minimalistischer Schuh für kurze Speed Einheiten. Doch bei genauer Betrachtung kann man die viele Forschungsarbeit Scarpas im Detail erkennen. Die Sohle ist mit ihrer teilweisen Carbonverstärkung natürlich erst einmal sehr stabil, hart und starr. Die Höhe und Anordnung der Stollen versprechen gute Traktion im Gelände und auch die Haptik des verwendeten Gummimaterials der Sohle überzeugt. Scarpa hat hier noch im Bereich des Fersenaufsatzes ein spezielles Material verwendet, welches auch im Downhill besonderen Grip verspricht. Durch den geringen Aufbau der Zwischensohle aus „Active-Foam-EVA“ entsteht eine gewisse Symbiose und so vergisst man schnell einen Carbontreter unter den Füßen zu haben. Die Passform ist wie vermutet schmal aber mit bombastischen Sitz. Der Schuh hat ein Sock-Fit-System und die gut gepolsterte Zunge ist damit fest verbunden. Die sehr hochgezogene Ferse erinnert ein wenig an ein Modell aus der Straßenszene von New Balance. Beim Obermaterial wurde nicht an abriebfesten Verstärkungen gespart. Es besteht sozusagen bis auf ein paar Aussparungen mit netzartigem Mesh ein durchgängiger Rundumschutz. Sinnvoll für einen Skyracer. Bei dem herkömmlichen Schnürsystem sind die Senkel zwar super griffig und elastisch, könnten aber für unseren Geschmack etwas kürzer sein zumal keine Lasche zum verstauen vorhanden ist.

Laufeigenschaften

Reingeschlüpft und wohlgefühlt. So kann man es sicher beschreiben, hat man die richtige Größe gewählt. Da sein vorrangiges Aufenthaltsgebiet bei Ausflügen eher im technischen Bereich liegen, und wir ihn auch beim testen auf knackigen Anstiegen und schnellen, richtungswechselnden Downhills ausführen, sollte man sich damit gut auseinandersetzen. Die Passform ist relativ schmal und spitz zulaufend. Ist der Schuh zu groß gewählt kann das Laufgefühl schnell negativ ausfallen wenn man immer wieder mit der Schuhfront irgendwo dagegen stößt. Bergab hilft eine halbe Nummer größer gerne und gut gegen blaue Zehennägel. Hier muss man seinen persönlichen Kompromiss finden. Ansonsten ist die schlanke Linie des Scarpas eine wahre Freude. Der Schuh sitzt bombenfest! Kein Rutschen und schwammiges Gefühl. Besonders aufgefallen ist uns der tiefliegende Schaft, welcher ideal ist bei zackigen Richtungswechseln und Sprüngen. Da stößt nichts unangenehm an die Knöchel. Durch die ausgiebigen Verstärkungselemente im Upper haben wir ein wunderbares Gefühl von Sicherheit und Stabilität. So macht Laufen richtig Spaß. In Sachen Sohlenaufbau können sich die Geister schnell scheiden. Es gibt ja die absoluten Carbon Gegner und Verfechter dieses Werkstoffes. Beim Laufen vergisst man aber sehr schnell, dass hier eine V-förmige Platte eingebaut wurde. Der Begriff „Rollen“ wäre übertrieben, aber er lässt sich angenehm laufen und die mit EVA Schaum aufgebaute Zwischensohle überzeugt uns mit guter Dämpfung. Durch den geringen Sohlenaufbau und den 6mm Sprengung sind wir gefühlt nahe und mit direkten Kontakt am Boden unterwegs was uns durchaus überzeugt und auch zu schnellerem Tempo animiert. Allerdings könnten wir uns gut vorstellen den Untergrund noch besser zu spüren. Nur so fürs Gefühl…Carbon hin oder her. Doch das ist fast schon jammern auf hohem Niveau. Dafür macht die griffige, widerstandsfähige Gummi Außensohle wieder Punkte gut. Das Profil gräbt sich richtig in den Untergrund, und Sprünge auf nassen Steinen kann man durchaus wagen. Als Manko sehen wir das Gewicht: In Größe 45 bringt der Golden Gate Kima RT satte 360 Gramm auf die Waage, was für einen Racer doch sehr viel ist.

Einsatzbereich

Ganz klar, auf flachen gemäßigten Waldwegen hat der Golden Gate Kima RT nichts zu suchen. Er will hoch hinaus. Am besten in alpines Gelände, gerne oberhalb der Baumgrenze. Durch den optimalen Rundumschutz können ihm Steine und Geröll wenig anhaben. Auch im schnellen Downhill den Hügel herunter überzeugt uns der Schuh in ganzer Linie. Wer kennt es nicht? Tempo stabilisiert. Und es macht auch richtig Spaß mit dem Teil bergab zu fetzen.

Für wen?

Ambitionierte Läufer die mit schmalen Schuhen und einer Carbonplatte gut zurecht kommen und die für mehr Laufeffizienz bereit sind etwas mehr Geld auf den Tisch zu legen. Wir sehen den Schuh idealerweise an einem Trailläufer, der mit gewissen Ambitionen einen schnellen Berglauf mit vielen Höhenmetern erklimmt und auch wieder auf eigenen Beinen ins Tal rennen will. Ein ideales Race-Modell. Für lange und weniger technische Trainingseinheiten bieten sich aus der Scarpa-Familie der Spin Infinity oder Ribelle Run an.

Weitere Informationen

Zur Klassifizierung

Trailschuh-ABC (Glossar)

Scarpa Golden Gate Kima RT © xc-run.de
Daten
Hersteller: Scarpa
Modell: Golden Gate Kima RT
Gewicht: 340 g (EU 44)
Sprengung: 6 Millimeter
Empf. Verkaufspreis: 199 €
Kaufen: xc-run.de Shop

Testergebnis

Verarbeitung 14 von 15
Schnürung 10 von 15
Protektion 13 von 15
Grip 14 von 15
Lauffreude 8 von 15
Fersenhalt 14 von 15
Gesamtnote
Ein eher hochpreisiger Schuh der uns jedoch sehr überzeugt hat. Man merkt hier die ausgiebige Forschungsarbeit des Herstellers in Sachen Material und Verarbeitung. Besonders ambitionierte Skyrunner und Bergläufer werden ihren Spaß damit haben.