Joe Nimble Trail Addict Pro-R

Joe Nimble Trail Addict Pro-R © xc-run.de

Ein Jahr Entwicklungszeit investierte der schwäbische Laufschuhhersteller Joe Nimble, um ein Modell zu entwickeln, das die Kraft des großen Zehs in der Abstoßphase maximal nutzt. Mit dem neuen Trail Addict Pro-R präsentiert die Marke eine Weltneuheit in einem Bereich, der ausgereizt schien. Eine Pilotstudie am renommierten Progressive Sports Technology Institut zeigt: Durch eine 13 Prozent längere Flugphase sparen Läufer auf Marathondistanz 1.000 Schritte ein. Vor der offiziellen Markteinführung im März 2024 hat Joe Nimble sein neues Top-Modell für Trail Runner bereits mit Läufern seines “Team Run Above Reason” weltweit auf Herz und Nieren getestet. Dazu gehören unter anderem der Extrem-Trailrunner Lord Jens Kramer sowie die Ultramarathonläufer Rainer Predl, Vitor Rodrigues und Roger Darrigrand. Ihr Urteil ist einstimmig. Der neue Trail Addict Pro-R soll ein Game-Changer auf allen Distanzen sein. Ob dem wirklich so ist und für wen der Schuh am besten geeignet ist, haben wir für euch getestet.    

Erster Eindruck

Erster Eye-Catcher:  Die Form des Schuhs. Hier grenzt er sich bewusst von anderen Laufschuhen ab.  Joe Nimble ist bekanntlich ein Pionier auf dem Gebiet “Toefreedom”.  Firmengründer Sebastian Bär verfolgt dabei die Mission: Läufer sollen ihren Sport dauerhaft schmerzfrei ausüben können. Dazu gehört seiner Meinung nach ein revolutionäres Schuhdesign mit maximaler Zehenfreiheit. Dies hat natürlich zur Folge, dass das Äußere des Schuhs in manchen Augen nicht dem entspricht, was wir allgemein mit Schnelligkeit und Spritzigkeit in unserem Sport verbinden. Beim Trail Addict Pro sticht besonders die sehr voluminöse Zwischensohle ins Auge. Mehr als 1.000 lose eTPU-Kügelchen pro Mittelsohle bilden winzige, perfekt konstruierte Kissen, die unabhängig voneinander ihre leichte und elastische Dämpfungswirkung entfalten können. Einzigartigkeit verspricht der Hersteller auch im Bereich der Laufsohle. In Zusammenarbeit mit Vibram und unter Berücksichtigung von Feedback einiger Athleten, entwickelte Joe Nimble auf Basis der Megaggrip Gummimischung eine extrem strapazierfähige Laufsohle, die bei geringem Abrieb und ein hohes Maß an Rutschfestigkeit, Stabilität und Komfort bieten soll. Mit seinem Konzept der vergrößerten Stollenoberfläche ist mehr Kontakt auf dem Boden was die Traktion um 25% steigern soll.  Im Allgemeinen wirkt der Schuh äußerst bullig, daher überrascht es auch nicht, dass er sich gewichtsmäßig im oberen Bereich befindet. Auch optisch hat er nichts mit einem Racer gemeinsam. Im Vergleich zum Vorgänger, bzw. der normalen Version des Trail Addict, hat Nimble wieder zu einem herkömmlichen Schnürsystem mit breiten elastischen Senkeln zurückgefunden. Erfreulich, denn die Bänder sind nun wieder um einiges griffiger. Die Zunge ist so gut wie nicht gepolstert, dafür umso mehr der Bereich um die Ferse sowie der gesamte Schaft.  Das Obermaterial wirkt äußerst robust. Fast schon zu steif.  Auch wenn Nimble hier ein atmungsaktives Mesh verarbeitet hat, scheint dies erst einmal nicht sonderlich luftig. Könnte spannend werden bei sommerlichen Hitzeschlachten.

Laufeigenschaften

Wie erwartet, steht man im Trail Addict Pro sehr hoch. Die große Angriffsfläche der Außensohle vermittelt jedoch eine gewisse Stabilität. Auf wenig technischem Untergrund ist der Schuh  angenehm zu laufen. Durch die Formgebung der Mittelsohle tendiert man zu einem flächigen Fußaufsatz. Man spürt einen Unterschied zu anderen Modellen in der gesamten Abrollbewegung. Bei dem Schuh hat Joe Nimble seine zum Patent angemeldete Technologie “ToePilot”angewendet. Gemeinsam mit dem Biomechaniker Lee Saxby wurde an einem System für besseren Vortrieb gefeilt. Dabei hat Joe Nimble in in der Zwischensohle eingeschäumte ToePilot-Schiene verbaut. Diese unterstützt LäuferInnen ihre großen Zehen in der Vortriebsphase stärker einzusetzen und somit mehr natürliches Kraftpotential in dieser Phase auszuschöpfen. Auch bei Fehlstellungen wie dem Läufer-Hallux und einer übermäßigen Pronation oder Supination verspricht dieses Patent mehr Stabilität. Ein interessanter Ansatz, der jedoch für erfahrene Läufer erst einmal eine gewisse Anpassung an den Schuh verlangt. Werden hier aufgrund der enormen Zehenfreiheit ja ganz andere feine Fußmuskeln angesprochen. Ist man dies nicht gewöhnt, kommt es gerade anfangs schnell zu Ermüdungserscheinungen. Das fällt uns besonders auf längeren Distanzen auf. Der verwendete Schaum der Mittelsohle macht seine Sache gut. Laut Hersteller sind der Rückfederungswert, Rückstellvermögen nach Zusammendrücken und die Dämpfungsleistung erheblich effizienter als bei herkömmlichen Mittelsohlenschäumen.  Das können wir durchaus bestätigen. Allerdings funktioniert dies bei schweren Läufern sicherlich besser als bei Fliegengewichten. Da ist der Schaum fast zu fest, um sein Potential auszuschöpfen. Besonders gefällt uns die Verarbeitung der Vibram Aussensohle. Auf leichtem Terrain und feuchtem Untergrund ist diese Gummimischung extrem griffig und klebt regelrecht am Boden. Punktabzug gibt es allerdings bei der Verarbeitung des Schaftes und dem Einsatz der Verstärkungen am Obermaterial. Ein hoher Schuheinstieg und das hereinragende Schnürsystem engen den Fuß ziemlich ein. Da hilft auch die extreme Polsterung wenig. Lässt man die letzten beiden Löcher der herkömmlichen Schnürung aus, scheuert es weniger. Dennoch keine Ideallösung. Die starken Gummiverstärkungen an der Seite und um die Schnürlöcher herum sind zwar gut gemeint in Sachen Stabilität und Robustheit, bringen aber bei unserem Test ein weiteres unangenehme Problem auf. Dort, wo der Schuh  natürlicherweise “einknickt” beim normalen Abrollverhalten im Laufschritt, drückt eben diese Gummierung oben auf den Rist und die Zehen. Sicherlich auch ein individuelles Problem, aber weicheres Material wäre von Vorteil und passender zum Gesamtkonzept im Bereich Zehenfreiheit.

Einsatzbereich

Markenbotschafter Lord Jens Kramer preist den Trail Addict Pro-R an als einen “Schuh für unglaublich müheloses Laufgefühl” an. Dem können wir bedingt zustimmen, soweit der Einsatzbereich richtig gewählt ist. Flowige Pfade, schöne laufbare Singletrails, egal ob bergauf oder bergab machen mit dem Schuh richtig Spass. Wir sehen ihn weniger auf alpinen und verblockten Skyraces, die besonderes Tempo und Feingefühl für den Untergrund verlangen.

Für wen

Hat man Erfahrung mit Barfusslaufen, bzw. Laufschuhen die absolute Zehenfreiheit bieten, kann man hier gerne zugreifen. Dann macht der Trail Addict Pro-R auch auf langen Distanzen Spass. Ansonsten ist er eine gute Option für Abwechslung im Schuhschrank, und auch für gezieltes Training der sonst eher vernachlässigten Fuß- und Zehenmuskulatur. Die Mittelsohle eignet sich besser für schwere Läufer.

Weitere Informationen

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Trailschuh-ABC (Glossar)

Joe Nimble Trail Addict Pro-R © xc-run.de

Technische Daten

Hersteller:Joe Nimble
Einsatzgebiet:Allrounder
Preis:199 €
Sprengung:4 mm
Gewicht:367 g
Schnürsystem:Schuhbänder
Fußtyp:normal, breit
Körpergewicht:mittel, schwer
Dämpfung:üppig
Gelände:Schotter, Waldboden
Modelljahr:2024
Protektion:viel

Testergebnis

Verarbeitung 10 von 15
Schnürung 6 von 15
Protektion 12 von 15
Grip 13 von 15
Lauffreude 8 von 15
Fersenhalt 9 von 15
Gesamtnote
Viel Schuh. Viel innovative Technologie. Viele Gedanken, die sich Joe Nimble um die Gesundheit der Läuferfüße macht. Für Liebhaber von Zehenfreiheit und Komfort auf langen Strecken. Nur bedingt ein absoluter Game-Changer.