Neben maximal gedämpften und Carbon-gestärkten Superschuhen, kommt auch immer mehr Bewegung in die exakte Gegenbewegung: die Barfußschuhe. Mit dem Primus Trail FG 3.5 schicken Vivobarefoot einen spannenden Schuh in die Trail-Community, der auch von einem wunderbaren Nachhaltigkeitskonzept unterstützt wird.
Vivobarefoot sind im Barfußsektor längst bekannt. Auf Trails hingegen, sieht man ihre Schuhe selten. Dabei sollte gerade der Nachhaltigkeitsgedanke uns Outdoor-Enthusiasten ansprechen: Das Unternehmen ist nicht nur B-Corp-zertifiziert, sondern sieht den für die Trails konzipierten Primus Trail FG 3.5 als wichtigen Schritt zu einer echten Kreislaufwirtschaft. Performen muss der Schuh aber trotzdem. Wir haben uns beides genauer angesehen – Nachhaltigkeit und Trail-Festigkeit.
Erster Eindruck
Die beiden flachen, weißen Schuhe liegen in einem schlichten Karton. Die Farbe ist ungewöhnlich für einen Trailschuh, aber schön sieht es schon aus. Die Sohle hat eine Stärke von gerade mal 3mm – also rund 90% weniger als mancher maximal gepolsterte Schuh. Die Profiltiefe sieht amtlich aus – sind aber auch nur 2,5mm. Wobei das immerhin fast nochmal so viel ist, wie die eigentliche Sohle.
Wie es sich für einen Barfußschuh gehört, fühlt sich der Fuß direkt wohl im Schuh. Die Zehen haben Luft, die Schnürung schafft guten Halt am Mittelfuß, und mit 330 Gramm hat man mittelmäßig viel Gewicht am Fuß. Kenner werden im Primus Trail FG 3.5 auch gleich die Vorlage sehen – den etablierten Primus III.
Laufeigenschaften
An Barfußschuhen teilen sich die Geister. Natürliche Haltung und Abrollen, gesünderes Fußklima – da ist eine Menge dran. Aber wer von einem dick gepolsterten Carbonschuh – um hier mal das Extrem heranzuziehen – auf einen Barfußschuh umsteigt, wird sich nicht nur mächtig umsehen, sondern auch einen unerwarteten Muskelkater einfahren und schlimmstenfalls sogar Muskelprobleme bekommen. Wir sind es schlicht nicht mehr gewohnt, jedes einzelne Aufsetzen des Fußes komplett selber abfedern zu müssen. Und jeden Vortrieb selber zu erarbeiten, anstatt reaktiven Schaum und dergleichen zu nutzen, ist ebenfalls massiv anstrengend.
Auf einer ersten Runde im Park mit nur 11km ist der harte Untergrund sehr spürbar, jeder Schritt auf Asphalt scheint zur Qual zu werden – bis sich der Körper nach den ersten 1-2 Kilometern an den Schuh gewöhnt. Anstrengender als normal ist es, aber es fühlt sich gut an. Auf weiteren Läufen zeigt die Sohle, dass sie auch spannende Trails gut meistert. Es fehlt einiges an Protektion – und auch spitzere Steine unter der Sohle sind kein Spaß – aber z. B. ein flowiger Waldboden wird zum reinen Genuss. Lediglich vom frischen Weiß des neuen Schuhs sollte man sich schnell verabschieden. Das war schon nach der ersten Parkrunde versaut.
Nachhaltigkeit
„Unseren nächsten kleinen Schritt zur Kreislaufwirtschaft” nennen Vivobarefoot den Primus Trail FG 3.5. Denn genau das ist das Ziel: die komplette Kreislaufwirtschaft. Das heißt, dass im Gegensatz zu eher schwachen Nachhaltigkeitsbemühungen manch anderer Marken bei Vivobarefoot tatsächlich Sinn, Verstand und Vision am Start sind.
Los geht es damit, dass der Schuh 100 Tage lang getestet werden kann. Kein Witz. Wem der Schuh in dieser Zeit doch nicht gefällt, kann ihn laut Hersteller-Versprechen einfach zurückgeben. Sollte der Schuh mal Schaden genommen haben, gibt es einen Reparatur-Service.
Das Obermaterial ist zu 100 % recyceltes Polyester-Mesh, der Überzug 95 % recyceltes Polyester und 5 % recyceltes Elastan. Beim Futter ist der Maschenstoff 100 % recyceltes Polyester, die Mikrofaser besteht aus 80 % recyceltem Polyester und 20 % Polyurethan. Die Schnürsenkel sind 100% recyceltes Polyester, die Einlegesohle Ortholite Performance besteht aus 98 % recyceltem Polyurethanschaum und 2% wasserbasiertem Bindemittel, die Laufsohle aus 90 % Synthetikgummi und 10 % Naturgummi.
„Wir sind auf einer Mission, um einen vollständig zirkulären Schuh zu schaffen – einen neuen Vivo, der aus einem alten Schuh hergestellt wird, der wiederum zu einem anderen gemacht werden kann. Der Primus 3.5 ist ein großer Schritt vorwärts auf diesem Weg,“ sagt der Hersteller.
Einsatzbereich
Vivobarefoot sieht den Primus Trail FG 3.5 nicht nur in der Natur, sondern auch durchaus auf felsigem Untergrund. Dafür muss man sich allerdings sehr sicher fühlen mit Barfußschuhen, da jegliche Stabilität und Agilität aus dem eigenen Körper kommen muss. Die größtenteils fehlende Protektion setzt die Läuferinnen und Läufer noch mehr ihrer Umgebung aus. Was alpin eine Herausforderung ist, ist im Wald eine Wohltat. Hier spielt sich die ganze Naturnähe des Schuhs aus – wenn der Körper wieder dran gewöhnt ist.
Für wen
Der Schuh ist spannend für leichte und flinke Personen, die mindestens über den Mittelfuß laufen, idealerweise sogar über den Vorderfuß. Der Primus Trail FG 3.5 ist ein Schuh, den seine Träger oder Trägerin trainiert. Für die meisten von uns ist er allerdings keine Langstreckenbegleitung.
Weitere Informationen
Zur Übersicht der Trailschuhmodelle 2024
Technische Daten
Hersteller: | Vivobarefoot |
Einsatzgebiet: | Natural Running |
Preis: | 160 € |
Sprengung: | 0 mm |
Gewicht: | 330 g |
Schnürsystem: | Schnellschnürsystem |
Fußtyp: | normal, breit |
Körpergewicht: | leicht, mittel |
Dämpfung: | keine |
Gelände: | Waldboden |
Modelljahr: | 2024 |
Protektion: | keine |
Testergebnis
Verarbeitung | |
Schnürung | |
Protektion | |
Grip | |
Lauffreude | |
Fersenhalt | |
Gesamtnote | |
Ein toller nachhaltiger Schuh, der seine Träger oder Trägerin trainiert. Für die meisten von uns ist er allerdings keine Langstreckenbegleitung. |