Vergangenes Wochenende fand – wie immer ziemlich früh im Jahr – der Chiemgau Trail Run in Marquartstein statt. Auf vier verschiedenen Distanzen konnten sich die Läufer miteinander messen: Unsere beiden xc-run.de-Athletinnen Bine und Barbara waren auf der L- und der XL-Strecke unterwegs. Lest hier, was sie bei diesem anspruchsvollen Event erlebt haben.
Bine auf der XL-Strecke
Schon zwei Wochen vor dem Rennen hatte ich ein komisches Gefühl. Keine Ahnung warum, aber irgendetwas in mir fühlte sich unsicher an. Und so kam es, wie es kommen musste: Ein paar Tage vor dem Rennen bekam ich einen Hexenschuss und konnte mich kaum noch bewegen.
„Na prima, das war’s dann wohl,“ dachte ich.
Doch dank der Wunderhände meines Physios – und vielleicht auch unseres Trailrunning-Gottes, der es gut mit mir meinte – stand ich am Samstagmorgen um 6 Uhr tatsächlich an der Startlinie.
Kalt, aber motiviert

Bei zapfigen 3 Grad, in Hotpants, T-Shirt und Ärmlingen, war es ordentlich frisch. Doch die Wettervorhersage versprach bestes Laufwetter mit viel Sonnenschein – und tatsächlich fühlte ich mich ab dem ersten Schritt erstaunlich gut. Schon auf den ersten Metern konnte ich mich an die Spitze der Damenwertung setzen. Zwar wusste ich, dass zwei starke Konkurrentinnen dabei waren, gegen die ich normalerweise keine Chance habe, aber ich genoss einfach den Moment.
Nach dem ersten Anstieg zur VP1 auf der Vorderalm und weiter zur Schnappenbergkirche folgte bei Kilometer 12 der erste längere Downhill. Dort zogen die beiden Favoritinnen an mir vorbei – kein Problem, ich fühlte mich gut und mein Rücken machte keine Schwierigkeiten.
Die erste Runde
Es folgte ein Anstieg mit über 600 Höhenmetern zum Großen Rechenberg. Nach dem Downhill und den gefühlt endlosen, welligen 5 Kilometern mit fiesen Gegenanstiegen erreichten wir wieder den Startbereich in Marquartstein – und damit die dritte VP. Runde eins war geschafft.
In die zweite Hälfte: Die Herausforderung beginnt
Jetzt ging es auf die gegenüberliegende Bergseite – und damit in die deutlich härtere zweite Hälfte. Gleich zu Beginn wartete ein echter Brocken: ein 1.000-Höhenmeter-Anstieg auf nicht einmal 8 Kilometern zur Hochplatte. Oben angekommen, entschädigte ein herrlicher 360°-Panoramablick auf die umliegenden Berge und den Chiemsee für alle Mühen.
Doch der folgende Downhill war alles andere als ein Genuss: extrem steil, felsig, rutschig – eine reine Schlammschlacht. Weiter ging es zum nächsten Highlight: dem Ostgipfel der Kampenwand. Ich hatte mit einem steilen Anstieg gerechnet, aber was kam, war ein brutaler, aber großartiger Abschnitt mit Seilsicherung und Kletterpassagen. Genau mein Element!
Der Endspurt
Nach rund 45 km und über 3.000 hm hatte ich immer noch gute Beine und lag auf Platz 3 der Damenwertung. Die letzten 17 km bestanden aus abwechselnden Downhills und Gegenanstiegen, vorbei an wunderschönen Almen mit applaudierendem Publikum. Die letzten Kilometer ging es dann nur noch bergab – zurück nach Marquartstein.
Superglücklich lief ich nach 61,5 km und 3.514 hm mit einem Platz auf dem Podium ins Ziel.
Barbara auf der L-Strecke
Zum Genießen gezwungen – dieser Satz hat sich mir während des Laufs in die Seele gebrannt. Ursprünglich hatte ich mich für die M-Distanz angemeldet, da ich mich auf kürzeren Strecken wohler fühle. Doch zwei Wochen vor dem Event habe ich spontan auf die L-Strecke umgemeldet – knapp 40 Kilometer. Schon auf der Hinfahrt bereute ich es: Ein Magen-Darm-Infekt hatte mich noch fest im Griff.
Mit Plan B an den Start
Ich hatte einen Plan B: Sollte es mir schlecht gehen, würde ich nach der ersten Schleife aussteigen. Wenn es gut läuft – durchziehen! Um 7:30 Uhr stand ich bei Sonnenschein und kühlen Temperaturen am Start. Schon auf den ersten flowigen Kilometern durch gigantische Bärlauchfelder wurde mir schlecht. Der Geruch war heftig.
An der ersten VP auf der Vorderalm gönnte ich mir – untypisch für mich – eine Pause. Trotz Übelkeit versuchte ich, etwas zu essen, zu genießen und neue Energie zu tanken.
Zäh, aber machbar
Der Downhill war – entgegen der Vorwarnung „technisch“ – gut laufbar. Nach einer weiteren ausgiebigen VP ging es in die zweite Schleife. Der Anstieg zur Hochplatte war „zach“. Ich war froh, meine Stöcke dabei zu haben, obwohl ich sie sonst ungern nutze. Beim Aufstieg wurde es plötzlich ganz still um mich. Jeder war hochkonzentriert – ich auch, denn meine Übelkeit wurde stärker.
Doch der Ausblick auf dem Gipfel war die Mühe wert. Zum ersten Mal nahm ich mir bei einem Rennen Zeit für ein Foto und genoss wirklich den Moment. Danach vergingen die letzten Kilometer wie im Flug. Bis auf einen kurzen Gegenanstieg ging es fast nur noch bergab.
Der Zieleinlauf in Marquartstein war emotional: viele Zuschauer, Applaus und eine unglaubliche Stimmung.
Mein persönliches Fazit
Auf der Hinfahrt war ich noch frustriert, weil ich wusste, dass ich nicht in Bestform war. Im Rückblick war es jedoch ein besonderes Erlebnis. Ich habe noch nie einen Lauf so bewusst erlebt:
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Gespräche an den VPs
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kurze Fotopause am Gipfel
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kein Muskelkater
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und mit einem Lächeln ins Ziel.
Ein Saisonstart, der Lust auf mehr macht – auch wenn noch Luft nach oben ist.
Gesamtfazit: Anspruchsvoll, emotional, wunderschön
Der Chiemgau Trail Run ist ein Lauf, der definitiv nicht unterschätzt werden sollte: Steile, teils sehr technische An- und Abstiege bringen die Oberschenkel zum Brennen. Landschaftlich ist die Strecke absolut spektakulär – ein echtes Trailrunning-Highlight! Ein großes Lob an die Veranstalter: top organisiert, liebevoll gestaltet und mit einem wunderschönen Start-/Zielbereich, der zum Verweilen nach dem Rennen einlädt.
Text und Bilder: Bine & Barbara