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U.TLW 2025: 10 Jahre auf Trails Dahoam

Ein Jahrzehnt Trailrunning, ein Rennen, das alles bedeutet: Beim Jubiläum des U.TLW krönt sich Markus Mingo zum Sieger – begleitet von Emotionen, Familie und einer ganzen Region, die mitfiebert. Ein Laufbericht, der unter die Haut geht.

Ein Jahrzehnt Trailrunning – und ein ganz besonderer Tag

Es sind nicht nur 54 Kilometer und 2.700 Höhenmeter, die beim U.TLW 2025 an mir vorbeiziehen – es sind zehn Jahre meines Lebens. 2015, beim allerersten U.TLW, war meine Frau Veronika mit unserem ältesten Sohn Paul schwanger. Heute steht eben dieser Paul mit seinem kleinen Bruder Emil an der Strecke, unterstützt von Omas, Opa und Freunden – und macht meinen Support.

Wer das Zielfoto genau betrachtet, sieht meine beiden Buben ganz vorne mit Luftballons – sie laufen die letzten Meter gemeinsam mit mir ein. Dieser Moment, eingerahmt von so vielen Freunden, Unterstützern, Wegbegleitern und einem Publikum, das Gänsehaut erzeugt, macht den Lauf für mich unvergesslich.


Der Druck des Heimrennens

U.TLW 2025 Expo © Marco Felgenhauer / woidlife photography

Denn dieser Sieg beim U.TLW – dem wichtigsten Trailevent meiner Heimat – war nicht selbstverständlich. Die Chance auf einen Start und somit dem Heimsieg ergibt sich als Mitglied des Orga-Teams nur einmal in zehn Jahren. Und ich wusste: Das wird meine zweite und letzte Gelegenheit.

Die Form stimmte. Siege beim Dolomiti Extreme Trail und dem Mittenwald Trail im Rahmen des ZUT hatten mir Selbstvertrauen gegeben – und mein gutes Gefühl bestätigt. Und doch waren da Zweifel: Zu viele Rennen? Zu wenig Regeneration?

Die Woche vor dem U.TLW war aus leistungssportlicher Sicht alles andere als optimal: stundenlanges Streckenmarkieren in der Hitze, zu wenig Schlaf, Arbeitsalltag bis Freitagmittag – und direkt weiter zur Startnummernausgabe, zur Expo, zu Podiumsdiskussionen. Obwohl ich vor Wettkämpfen mittlerweile eine gewisse Abgebrühtheit und Nervenstärke entwickelt habe, war ich am Vortag des U.TLW ungewöhnlich nervös.


Routine trifft Emotion

Markus Mingo beim U.TLW 2025 © Marco Felgenhauer / woidlife photography

Am Samstagmorgen hilft die Routine aus unzähligen Wettkämpfen: Frühstücken, Rucksack packen, Verpflegung vorbereiten, Wettkampfkleidung anziehen – all die kleinen Handgriffe laufen wie von selbst. Ich bin ruhig. Fokussiert. Dankbar.

8 Uhr, Marktplatz Lam: Der Startschuss fällt, die Blaskapelle spielt, unzählige Menschen im Startbereich – Gänsehaut pur. Ich finde rasch mein Tempo und lasse mich nicht verleiten, zu überziehen. Am VP Eck bin ich Dritter, mit zwei Minuten Rückstand – bestens verpflegt von Veronika, Paul und Emil. Heute achte ich besonders auf Pacing und die Ernährung: kein Risiko.


Der Moment, in dem alles fließt

U.TLW 2025 Race-Day © Marco Felgenhauer / woidlife photography

Am Goldsteig zum Großen Arber läuft es wie von selbst. Ich genieße die flowigen Trails, laufe dennoch im flotten Tempo und hole auf. Im Anstieg zum Kleinen Arber ziehe ich an Adam Korecký vorbei und übernehme ab der Bergstation Großer Arber vor Norman Kadner die Führung.

Ab da beginnt mein Rennen. Ich laufe frei, leicht, kontrolliert. An jeder Verpflegungsstelle erwarten mich Freunde, bekannte Gesichter – und manchmal meine Kinder. Ich spüre: Falls mich jemand einholt, könnte ich jederzeit zulegen. Ich wäre heute mental und körperlich bereit, ganz tief zu graben, wenn es nötig wäre. Im Rückblick erkenne ich diese Leichtigkeit und Siegessicherheit auch auf den unzähligen Fotos: Ich lache auf jedem Bild.


Magie am Osser

Das Zwercheck komme ich gut und flott hoch, setze mich weiter ab. Dann der Ossergipfel – die Stimmung ist magisch. Als mich Wolfgang am Abschnitt „Tromsø“ ein paar Meter begleitet, um mich mit der GoPro zu filmen, fühlt es sich fast an wie bei unseren unzähligen Trainingsläufen. Wobei: Im Downhill führt normalerweise er.

„Zehn Minuten Vorsprung – genieß es!“,

ruft er mir zum Abschied zu – und genau das tue ich. Auf den letzten Kilometern fällt der Rest der Anspannung ab. Ich beginne zu feiern.


Ein Ziel, das mehr bedeutet

Markus Mingo beim U.TLW 2025 © Marco Felgenhauer / woidlife photography

Im Ziel dann der Moment, auf den ich so lange gewartet habe: Paul und Emil laufen mit mir ein. Menschen klatschen, jubeln, empfangen mich in Lam. Das Schönste daran? Ich habe das Gefühl, dass mir der komplette Lamer Winkel, die Trail-Community und sogar die Konkurrenten diesen Sieg gönnen – und großen Respekt vor dieser Leistung zeigen. Vermutlich etwas, das man sich über Jahre verdienen muss. Und etwas, das mich in diesem Moment unglaublich stolz und glücklich macht.


War’s das jetzt?

15 Jahre Leistungssport liegen hinter mir. Ich war bei Weltmeisterschaften, wurde zweimal Deutscher Meister, war dreimal in Chamonix beim UTMB und stand auf unzähligen nationalen und internationalen Podien. Jetzt habe ich auch die „Big 4“ im Bayerischen Wald gewonnen: Arberland Ultratrail, Kaitersberg Trail, 3Kings3Hills – und nun den U.TLW.

Meine sportlichen Ziele sind damit eigentlich erreicht. Aber aufhören? Warum? Mir tut nichts weh. Ich liebe das Laufen. Ich liebe das Training. Ich liebe die Atmosphäre bei Wettkämpfen.

Nur der Druck ist weg. Ich muss nichts mehr gewinnen. Darf mal ein Glas Wein mehr trinken oder ein Stück Kuchen extra essen. Das Training etwas weniger strukturiert angehen. Einfach ein bisschen mehr Leben, ein bisschen weniger Fokus.

Und ja – schwer zu schlagen bleibe ich wohl trotzdem noch eine Weile … 😉

Ein Erlebnisbericht von Markus Mingo