MountainMan Wintertrail 2022: Auf Schnee und Eis durch die Chiemgauer Alpen

Zieleinlauf beim Mountainman Winter Trail 2022: Markus Mingo und Tobias Gerber © mountainman.de

Ein bisschen nervös war ich ja schon: Start soll um 7:30 sein und laut Wetterbericht werden es nachts bis zu -12 Grad. Doch nach den ersten 600hm Aufstieg ist auf dem Hochplateau schnell alles Frieren vergessen. Die Sonne leuchtet eine Traumkulisse aus, die im Fernsehen ein Garant für Kitsch galore wäre. Ganz schön schön hier oben, mitten in den Chiemgauer Alpen.

Zum Glück sind es beim Start des 2. MountainMan Wintertrail dann auch doch nur -7 Grad. Trotzdem ist es ein seltsames Bild, wenn knapp 150 Startende im dünnen Laufdress vor sich hin bibbern, während kurz die 3 Alphornbläser für andächtige Stimmung sorgen. Die am Abend nochmal großzügig präparierten Wege waren im Langlaufstadion Reit im Winkl, unserem Start, leider noch flüssig und sind nachts gleich wieder zugefroren. Wir starten also auf einer blanken Eisfläche. Im Stundentakt werden nach uns Trailrunner auf die 4 Distanzen geschickt – gefolgt von denen mit Hundebegleitung je 5 Minuten später. Es ist das Alleinstellungsmerkmal des MountainMan, dass hier gelaufen, hundegestaffelt und gewandert werden kann. In der Winter-Edition dann halt ausschließlich auf Schnee. Und auf Schneematsch. Und auf Eis. Einfach kann ja jeder.

Gar nicht so hart – oder?

Auf dem Papier klingt das alles ganz wunderhübsch und vergleichsweise easy. 42km mit 1.100hm und tollen Ausblicken. Check. Zu sehen gibt es auch wirklich viel. Man könnte die Hälfte der Zeit mit Fotografieren verbringen. Das Laufen allerdings, das ist anstrengend, wenn man Schnee nicht gewohnt ist. Einsinken, wegrutschen, komplett auf Eis rumschliddern – die interne Tanknadel dreht erschreckend schnell nach links.

Auf der Oberen Hemmersuppen-Alm in 1.200 Metern lullt dafür die Zuckerwattelandschaft umso mehr ein. Der folgende Downhill flowt auf breitem Forstweg vor sich, wir biegen an ein paar Hütten rechts ab, der Weg wird steiler – und ist komplett vereist. Alles klar, Träumen ist vorbei. Nach einem matschig-hässlichen Parkplatz am Ende des Abstiegs geht es wieder bergauf in Richtung Winklmoosalm. Wir teilen uns die Strecke mit diversen Langlaufenden und Tourengehenden. Beim MountainMan sind wir dafür jetzt unter uns. Diese Schleife macht nur die XL-Strecke.

Extrarunde am Skisport Hotspot

Die Beine sind schon lecker mitgenommen, aber Bergaufstapfen geht immer. Und Skimenschen zu überholen gibt fast das Gefühl, schon wieder Tempo aufzunehmen. Bis dann plötzlich 2 Läufer meinen Anstieg runterballern: XC-RUN.de-Team-Kapitän Markus Mingo und Benedikt Nußbaum sind schon wieder auf dem Rückweg. Unfassbar! Und sie schenken sich mal gar nichts. Schulter an Schulter wird den Berg runtergeballert, als könnte es im Leben keine vereiste Stelle geben – und Klaus Estermaier ist nur eine knappe Minute dahinter. Sollte ich auch in die Berge ziehen, um dort zu trainieren? Vielleicht schaue ich erstmal etwas genauer in unsere Trainingspläne

Anyway, hilft ja nichts, also ab auf die Alm, von wo aus diverse Skilifte abgehen und die beste VP der Route wartet. Rück dann wie hin, bergab Gas geben, vorbei an Hochlaufenden die hoffentlich genauso neidisch schauen wie ich bei Markus und Benedikt. Über den matschigen Parkplatz und rein in den mentalen Abfluss: rund 4km Schneematsch neben der Alpenstraße Richtung Reit im Winkl. Fast nur gerade, ab und an eine Welle – das zehrt. Hier hat Markus Benedikt abhängen können und auf Platz Eins gefinisht, wie ich später erfahre. Abstruse Vorstellung, hier nochmal Körner zum Ballern zu finden.

Zieleinlauf aus der Trailrunning-Fibel

Blauer Himmel, warme Sonne, Fahnen, Anmoderation, Ende vor Winteridylle – was ein herrlicher Abschluss für einen schönen Lauf. Trail-technisch war es zwar kaum spektakulär, aber auf Schnee wäre alles außer den gelaufen Forstwirtschaftswegen kaum möglich gewesen. Und ein solches Rennen während der heftigsten Corona-Fallzahlen bis dahin überhaupt auf die Beine zu stellen, erfordert ebenfalls höchsten Respekt. Was in der nächsten Ausgabe aber unbedingt angepasst werden sollte, ist eine Liste der Teilnehmenden vor dem Rennen. Zu sehen, wen man kennt oder wer eventuell als Konkurrenz am Start ist, hilft allen weiter.

Im Ziel bleiben viele noch deutlich länger als bis zur Siegerehrung um 14h. Musik, Getränke, Liegestühle und Sonne, während um uns herum der Schnee schmilzt und den Frühling auch in den Chiemgauer Alpen ankündigt. Final werden es 115 Männer und 20 Frauen, die den XL-Track finishen. Aus den 42km wurden 43km und aus den 1.100hm wurden 1350hm.

Am nächsten Morgen stehe ich wieder vor dem Langlaufstadion und warte auf den Bus. Es ist kalt. Hat hart gefroren in der Nacht. In der schon wieder warmen Sonne ziehen verstreut Langläufer über den noch gefrorenen Boden.

Tobias Gerber

Was den Reiz von Winter Races ausmacht und was die Organisierenden bewegt, könnt ihr auch in unserem Special „Winterwettkämpfe: Wo ihr in der Off Season starten könnt“ nachlesen.

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