Road to Transalpine Run: Training

Markus Mingo in einem seiner Lieblingstrainingsgelände: Dem Goldsteig im Lamer Winkel © Info

Eine Alpenüberquerung zu Fuß ist kein „Ding der Unmöglichkeit“, nichts „Unmenschliches“, nicht nur etwas für „Ausnahmesportler“ und erst Recht keine Frage des Talentes. 700 Läufer beweisen Jahr für Jahr beim Transalpine Run, dass solche Leistungen mit Disziplin und Trainingsfleiß durchaus möglich sind. Die gute Nachricht ist: Man kann alles trainieren. Die Schlechte: Sieben Tage am Stück, täglich ein Marathon in den Bergen, sind kein Pappenstiel – egal welches Tempo man sich dabei vorgenommen hat. Man sollte also neben alpiner Erfahrung auch bereits an einigen Wettkämpfen im Trailrunning mit Distanzen zwischen 30 und 60 Kilometer teilgenommen haben, um zu wissen wie sich diese Belastung am nächsten Tag anfühlt. Oberste Priorität ist dabei, den Körper langsam an solche Ziele heranzuführen und nicht aus einer Laune oder Stammtischwette heraus mal eben 250 Kilometer und 15000 Höhenmeter über die Alpen zu laufen.

„Train hard – win easy“

„Train hard – win easy“ lautet ein kenianisches Sprichwort, das genau auf den Punkt bringt, was nicht nur im Sport gilt: Wer sich gut vorbereitet, dem fällt es bedeutend leichter seine Ziele zu erreichen.

Tipps zur Trainingsstrukturierung, zur Trainingsmethodik und Trainingspläne für Einsteiger und Fortgeschrittene findet ihr bereits auf www.xc-run.de und eine Wiederholung würde hier den Rahmen sprengen.

Deshalb kurz und knapp nochmal einige Grundsätze nach denen ich trainiere und die es mir bisher erlaubten, mich seit mittlerweile 8 Jahren einigermaßen flott und weitgehend verletzungsfrei über die Trails dieser Welt zu bewegen.

Trainingsprinzipien

Neben den obligatorischen Kraft, Koordinations- und Dehnübungen (siehe 10-Minutes-a-day) versuche ich das Lauftraining so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten und dabei den richtigen Rhythmus zwischen Belastung und Entlastung zu finden. Es gibt für die Leistungsentwicklung nichts Schlimmeres als jeden Tag dieselbe Strecke im selben Tempo zu laufen. Im klassischen Marathontraining haben sich über Jahrzehnte hinweg drei Schlüsseleinheiten pro Woche bewährt (1 x Tempolauf, 1 x Intervalle, 1 x langer Lauf) die ich prinzipiell genauso praktiziere – nur auf Trailrunning angepasst.

  • 1 x Tempolauf: Flotter Lauf über 10 – 20km, gerne auch im Gelände
  • 1 x Intervalle: Schnelle, intensive Einheiten (3 – 12 Wiederholungen) von kurzer Dauer
  • 1 x langer Lauf: Grundlagenlauf von 2h und länger, bevorzugt mit viel Spaß auf Trails

So absolviere ich im Optimalfall einmal die Woche einen flotten Berglauf, einen langen Lauf von zwei bis drei Stunden (oft mit Rucksack und Stöcken) und ein Intervalltraining, dass ich meist abwechslungsreich und fernab jeder Tartanbahn gestalte.

Eine meiner Lieblingstrainingseinheiten sind Bergintervalle an meinem Hausberg. Es führen unzählige (Single)Trails über ca. 200 Höhenmeter von meiner Terrasse in Richtung Gipfel. Ich laufe also 3-4 mal (8 – 12 Minuten) auf unterschiedlichen Wegen im flotten Tempo zum Gipfel und erhole mich indem ich einen Waldweg auf der anderen Seite locker runterlaufe. Nach 90 Minuten habe ich gut, effektiv und sehr abwechslungsreich trainiert und dabei knapp 800 Höhenmeter und 20 Kilometer in den Beinen – perfekt!

Mehr geht eigentlich auch für einen ambitionierten Läufer nicht. In eine intensive Einheit (Tempolauf, Intervalle) sollte man ausgeruht gehen und benötigt danach etwa zwei Tage zur Erholung. Das heißt alles was zwischen diesen drei (harten) Schlüsseleinheiten liegt ist Fleißaufgabe und spielt sich im lockeren Tempo ab.

Eine typische Trainingswoche könnte bei mir folgendermaßen aussehen:

Montag 45min langsamer Lauf oder Radtour + ausgiebig Dehnen
Dienstag 75 min locker Laufen im Gelände
Mittwoch Tempolauf: 3k ein – 8k flott bergauf – Auslaufen
Donnerstag Ruhetag: Dehnen + Stabilisationsübungen
Freitag Bergintervalle: 20min Einlaufen – 4 x 10min flott bergauf – 20min Auslaufen
Samstag 60min locker Laufen oder Radfahren
Sonntag 2,5 – 3h langsamer, langer Lauf im Gelände

 

Das ergibt im Schnitt ca. acht bis zwölf Stunden Training und etwa 100 Laufkilometer pro Woche. In den Hochphasen vor den Saisonhighlights kann sich das Ganze auf bis zu 15 Stunden mit 150 Kilometern und ca. 5000 Höhenmetern „hochschaukeln“. Das Training richtet sich in der Regel stark auf die gesetzten Saisonhighlights aus. Prinzipiell gilt: Je näher der Wettkampf rückt, umso spezifischer sollte man trainieren.

Die Wochen vor dem Transalpine Run

Zusätzlich zu den „normalen“ Trainingswochen gilt es nun die Fähigkeit zu trainieren, ein Etappenrennen durchzuhalten. Das entscheidende am TAR ist ja, dass man nicht am ersten Tag völlig platt ins Ziel stolpert um anschließend zwei Wochen alle Viere gerade sein zu lassen, sondern auch am zweiten, dritten, vierten…. Tag noch einigermaßen rund laufen sollte. Das heißt ab Juli sollte man genau diese spezifische Belastung trainieren: Lange Läufe von 20 bis 35 Kilometer im Grundlagentempo an aufeinanderfolgenden Tagen. Am besten natürlich zusammen mit dem Teampartner und auf Strecken, die vom Streckenprofil her denen des TAR ähneln. Anschließend sollte man dem Körper unbedingt die nötige Erholung gönnen! Wer im Training diese Blöcke ohne Probleme übersteht, sollte auch für die siebentägige Alpenüberquerung gewappnet sein.

Lange, langsame Läufe bieten zudem die Möglichkeit die gemeinsame Woche durchzusprechen, die Strategie zu planen und sich zusammen auf das bevorstehende Erlebnis zu freuen. Hannes und ich haben bisher noch keine Zeit für einen gemeinsamen Trainingslauf gefunden, werden dies aber am Wochenende vor dem TAR nachholen.

Das wichtigste beim Training: Locker bleiben! Es gibt bedeutendere Dinge im Leben als die Einhaltung von Trainingsplänen. Hört auf euren Körper – und wenn der nach einer Pause schreit – gebt sie ihm! Genauso könnt ihr eine vorher locker geplante Einheit mal Gas geben wenn ihr euch gut und spritzig fühlt. Dann wird die Pause eben am nächsten Tag nachgeholt. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Training! Und trainieren sollte man – denn 250 km und 15.000 Hm laufen sich nicht von alleine….