Auerhahntrail 2017: Lauffreude pur

23.09.2017: Arberland Ultra Trail, Tag 2 - © Marco Felgenhauer / Woidlife Photography © Marco Felgenhauer / woidlife photography

Ich habe es meiner Familie versprochen und auch eingehalten: Sechs Wochen Babypause über die Sommermonate. Meine Läufe beschränkten sich auf lebenserhaltende Maßnahmen wie 45min Joggen vorm Frühstück und Wettkämpfe wurden bis auf zwei lokale Läufe komplett gestrichen. Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich habe jede Sekunde mit meiner Frau und meinen (mittlerweile) beiden Söhnen genossen aber ein bisschen weh tat es meiner Trailrunnerseele schon, Events wie den Pitztal Trail, den Matterhorn Ultraks oder den Transalpine Run nur aus der Ferne zu verfolgen.

Heimspiel beim Auerhahntrail

Zum Saisonausklang stand nun der mit nur 30 Minuten Fahrzeit verbundene Arberland Ultratrail in Bodenmais an, den ich als Saisonausklang noch einmal mitnehmen wollte. Wegen mangelnder Laufkilometer hielt ich es für an Selbstverstümmelung grenzender Unverantwortlichkeit, mich an meiner Titelverteidigung über die 60k zu versuchen und entschied mich für die „Kurzdistanz“ mit 35k und 1600 Höhenmeter: Dem Auerhahntrail.

Knapp 300 Starter über die 35k

Plaudernd und voller Vorfreude stehe ich mit zahlreichen Freunden und Bekannten an der Startlinie – 6,5,4 – häh, geht das schon los? Leise und unspektakulär startet das Feld vom Marktplatz in Bodenmais: Keine Musik, kein wirklicher Countdown, kein Schnickschnack. Waidlerstyle!

Gewohnt flott geht es auf die ersten Kilometer über die Andreas Schober und Konrad Kufner das Tempo bestimmen. „Viel Spaß“ steht am Boden, als es nach zwei Kilometer auf den ersten Trail geht und den sollte ich haben. Nach sechswöchiger Babypause mit wenigen Laufkilometern und weitest gehender Wettkampfabstinenz fühle ich mich wie ein junger Hund, der endlich von der Leine gelassen wurde und einfach nur Laufen und Spielen möchte. Bei herrlichstem Wetter genieße ich jeden Zentimeter Trail, setze mich an die Spitze des Feldes und laufe einfach mein Tempo, mein Rennen – hab ich mir verdient 🙂

Landschaftlich stark und grandios zu laufen

Nach sieben Kilometern über den Hochfall geht es auf den Goldsteig: Heimspiel! Ach wie schön, wie flowig ist dieser Streckenabschnitt bis zum kleinen Arber – viel zu selten war ich dieses Jahr hier oben auf meiner Lieblingstrainingsstrecke. Die Veranstalter haben auf den ersten 20 Kilometern kein Highlight ausgelassen: Hochfall, Goldsteig, Himmelsleiter zum Gipfel des Großen Arber, Arbersee und Mittagsplatzl – landschaftlich beeindruckend, technisch fordernd und vor allem bei Kaiserwetter grandios zu laufen. Der Rest zieht sich etwas: Ellenlange Forststraßen zurück zur VP5, nicht enden wollender Forst- und Waldweg bis zum Rißloch. Abwechslung bieten die zahlreichen Verpflegungsstationen (ich habe allein über die 35k sieben Stück gezählt)  und das nimmermüde xc-run.de TAR-Team Tobi und Martin, die gefühlt an jeder zweiten Ecke der Strecke stehen und gut gelaunt anfeuern (danke!).

Zegama? Leider nur Bodenmais

Seit Kilometer zwei führe ich das Feld an, doch wie immer ereilt mich die Krux eines in Führung liegenden Trailrunners: Wie weit bin ich vorne? Wo ist die Konkurrenz? Egal, ich fühle mich heute bärenstark und beschleunige noch einmal. Die letzten vier Kilometer ballere ich mit einem 3:15er Kilometerschnitt und einem Grinsen im Gesicht nach Bodenmais.

Hier etwas Ernüchterung. Die Straßen in Richtung Ziel sind wie leergefegt: Keine Anfeuerung, keine Zuschauer, keine Begeisterung. Schade eigentlich bei diesem ansonsten so gut organisierten, schönen und familiären Event.  Aber Begeisterung in der Bevölkerung kann man wohl nicht erzwingen und schon gar nicht kaufen.

Top deluxe dafür die anschließende Massage der Physiotherapieschule Cham und die vielen netten Menschen auf der abendlichen Siegerehrung. Schee wars!

Persönliches Fazit

Faszinierend für mich wie Lauffreude und ein frischer, ausgeruhter Körper die fehlende Form kompensieren können. Goldrichtig auch die Entscheidung über die „Kurzdistanz“ von 35k anzutreten. Drei Stunden im Wettkampfmodus laufen war genau die Dosis Trail die ich zu diesem Jahreszeitpunkt gebraucht habe. Ich kann mich nur Moritz auf der Heides „Plädoyer für die Kurzdistanz“ anschließen. Toll wenn man das am Saisonende sagen kann: Lauffreude und Motivation sind so hoch wie selten zuvor, nichts, aber auch gar nichts tut weh und ich brenne jetzt schon auf die Saison 2018.

Fazit zum Arberland Ultratrail

Grandios beim Arberland ist die Verpflegung, sowohl am Vorabend, als auch auf der Strecke und im Zielbereich. Die familiäre Atmosphäre und die mit viel Herzblut durchgeführte Organisation zieht genau das Klientel an, mit dem es Spaß macht ein Wochenende zu verbringen: Nette, entspannte Menschen mit einer gemeinsamen Leidenschaft – dem Laufen im Gelände. Toll auch die Streckenauswahl mit zahlreichen Highlights des Bayerischen Waldes und einer guten Mischung aus technischen Trails und gut laufbaren Abschnitten. Auch die bestens markierten Strecken mit einer Länge von 60k und 35k halte ich für goldrichtige gewählte Distanzen. Die sehr faire Startgebühr und die vielen kleinen Details (z. B. die kostenlose Massage im Zielbereich, das qualitativ sehr hochwertige Startergeschenk oder die individuell gefertigten Pokale und Holzmedaillen) runden den Event ab.

Verbesserungswürdig ist wie im letzten Jahr der etwas fade Zieleinlauf, ergänzt mit einem Moderator, der vom Trailrunning in etwa so viel Ahnung hatte wie Christiano Ronaldo von Steuererklärungen. Schade auch die, trotz Kaiserwetter, fehlenden (jubelnden) Zuschauer auf der Strecke und im Zielbereich. Hier ist der Funke auf die Ortschaft Bodenmais und die Menschen in der Region leider noch nicht übergesprungen.

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